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Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

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Habich, Georg: Beiträge zu Hans Daucher
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https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0073
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Beiträge zu Hans Daucher.
Von Dr. Georg Habich.

Seit der grundlegenden Studie über Hans
Daucher, die Bode 1887 im Jahrbuch der preussi-
schen Kunstsammlungen VIII veröffentlichte und
die er selbst durch eine reiche Nachlese vervoll-
ständigen konnte, ist unsere Kenntnis von dem
fruchtbarsten und vielgewandtesten der Augsburger
Kleinplastiker nicht wesentlich vermehrt worden.
Äusser dem Nachweis des Steinoriginals des auf
Schloss Neuenstein in Schwaben befindlichen Reliefs
der „Drei guten Christen“, den Dr. Gradmann
(Württemberg’sche Vierteljahrshefte 1893, S. 383) gab
und der einleuchtenden Interpretation, die in Er-
gänzung von Gradmanns Ausführungen Georg
Hager (Monatsschrift des historischen Vereins
von Oberbayern V 1886, S. 61) von diesem
„Denkmal des pfalzbayerischen Herrscherhauses“
bot, ist weder zum Werk noch zum Leben des
Künstlers etwas neues hinzugekommen.
Indes lässt sich die Reihe seiner Arbeiten um
eine nicht unbeträchtliche Anzahl unbekannter ver-
mehren, andererseits bedürfen einige schon be-
kannte einer erneuten Erklärung.
Bodes Beweis für die Identität des Meisters mit
I—I dem Augsburger Bildhauer Hans Daucher gründet
sich auf die stilistische Gleichheit des kleinen
bemalten Holz- resp. Stuckaltärchens im Besitz des
Fürsten Fugger1) und des steinernen Madonnen-
reliefs aus Lissabon. Hätte Bodes Aufstellung noch
eines Beweises bedurft, so würde ihn die Renaissance-
Ausstellung der Münchener Secession (1901) geliefert
haben, wo beide Reliefs, neben einander aufgehängt,
eine bequeme Vergleichung ermöglichten.
Das reizende Lissaboner Relief, jetzt im Besitz
des Fürsten Hohenzollern - Sigmaringen, das hier
in Abbildg. 1 erscheint, war in mehr als einer Hin-
sicht aufschlussreich.
In nächster Beziehung dazu möchte ich den
Grabstein des Wolfgang Peisser in der Garni-
sonskirche zu Ingolstadt setzen (Abbildg. 2). Nach
Angabe der Kunstdenkmäler des Königreiches Bayern,
wo von dem hervorragenden Stück auf Tafel XII eine
kleine Abbildung gegeben ist, wäre der Ingolstädter
Gelehrte, der unter dem Stein begraben liegt, 1526
gestorben. Darnach dürfte sich der andere Zeit-
ansatz 1550, der im „Klassischen Skulpturenschatz“
(No. 390) angegeben ist, rektifizieren. Zweifellos
handelt es sich um ein ausgesprochenes Früh-
renaissance-Werk.

1) Neuerdings abgeb. im Formenschatz 1902. Taf. 17.

Was mich dazu führt, Dauchers Hand darin
zu erblicken, ist zunächst die Architektur mit
der perspektivisch verkürzten Bogenhalle, der
doppelten Pilasterstellung, den Kasettenfeldern
im Bogen und der Lünette im Hintergrund, die von
zwei schildhaltenden Putten eingenommen wird: ein
bekanntes Daucher’sches Motiv. Zwar ist der Aufbau

Abbildg. 1.
Hans Daucher, Madonna mit Kind und Engeln.
Relief aus Solenhofer Stein.
Im Besitze des Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen.


dem architektonischen Zweck des Ganzen ent-
sprechend vereinfacht; dagegen ist die Ornamentik
nicht weniger reich, und die beiden Medaillons in
den Zwickeln seitlich des Bogens mit je einem
Portrait eines antiken Gelehrten von reizvoll skizzen-
hafter Ausführung geschmückt. Die ganze Freude
an der neugewonnenen Weiträumigkeit des Dar-
stellungsfeldes leuchtet aus diesen schönen, von
 
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