Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatsberichte über Kunst und Kunstwissenschaft — 3.1903

DOI article:
Schmidt, Wilhelm; Mündler, Otto [Honoree]: Zum Gedächtnisse Otto Mündlers
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47725#0126
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
101

Zum Gedächtnisse Otto Mündlers.
Von Dr. Wilhelm Schmidt.

Am 14. April werden es 33 Jahre, dass Otto
Mündler in Paris verschied. Er war geboren den
3. Februar 1811 zu Kempten, jedoch schon seit
1835 in der Seinestadt ansässig, die seine zweite
Heimat wurde. Er galt als einer der ersten Gemälde-
kenner, und ich kann wohl mit gutem Gewissen
sagen, dass er in seiner Zeit der bedeutendste war.
Wie würde sich erst sein Gesichtskreis erweitert
haben, wenn er mit den modernen Hilfsmitteln hätte
arbeiten können!
Ich selbst genoss das Glück seiner persön-
lichen Bekanntschaft und möchte hier nur zwei
seiner Bildertaufen, die er nicht literarisch nieder-
gelegt hat, bekannt machen.
Wir gingen durch die Münchener Pinakothek,
und er deutete auf das männliche Bildnis, das unter
dem Namen Anthonis Moor ging (No. 661 des
Neuen Kataloges). Er sagte, das Bild kann nie
ein Moor sein, der hat nicht so weich, sondern
mehr plastisch gemalt. Einen bestimmten Namen
gab Mündler allerdings nicht an. Nun teilte mir
Konservator Voll vor einiger Zeit mit, er habe auf
der Rückseite des Bildes eine Inschrift gefunden,
die über den wahren Urheber Aufschluss gebe.
Dieselbe lautet:
Adriano Thomaso Key
ha fato questo ritratto 1576
(Hier folgt ein Zeichen, das ohne Zweifel entstellt
ist, aber trotzdem noch deutlich mit dem bei Nagler,
Monogr. I, No. 790 gegebenen Monogramm des
Künstlers übereinkommt.)

questo nome di pitore era
scrito sulla tabola
ch’era piu grande senza
far un migliore effeto.
Diese Schrift dürfte aus dem Anfänge des
19. Jahrhundert’s sein und bezeugt, dass das Bild
damals in Italien verkleinert wurde, der Besitzer
übertrug dann den weggeschnittenen Namen samt
Monogramm und Jahreszahl auf die Rückseite.
Das Bild kam in den Besitz des Staatsrates J. F.
von Kirschbaum, von diesem in den des Königs
Ludwig I. und gelangte 1868 nach dem Katalog
„tauschweise aus des Königs Privatbesitze“ in die
Pinakothek. Es ist auf Eichenholz gemalt. Als
Maler ist also Adrian Tomasz Key anzunehmen,
der im Jahre 1558 zu Antwerpen bei einem Jan
Hack in die Lehre trat, im Jahre 1568 freier Meister
der St. Lucasgilde daselbst wurde und noch 1588
Adam van Puttens als Schüler aufnahm. Wer die
beglaubigten Gemälde Adrians gesehen hat, wird
an der Richtigkeit des Namens nicht zweifeln.
Bei einer anderen Gelegenheit kamen wir auf
die Italiener zu sprechen und der gerade anwesende
Kunstsammler Rauter, der ebenfalls längst verstorben
ist, deutete auf die Madonna della Tenda (Taf. 19)
No. 1051, und bemerkte, das ist unser schönster
Rafael. Mündler bestritt jedoch dessen Urheber-
schaft aus Gründen der Zeichnung und des Kolorites
und nannte als Maler den Perino del Vaga. Nach
meiner Ansicht hat Mündler auch hier das richtige
getroffen, ich kann mich ihm nur anschliessen.
Dass Rafael’sche Motive in dem Bilde verwertet
sind, spricht selbstverständlich nicht dagegen.
 
Annotationen