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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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Monatshefte für Kunstwissenschaft


Abb. 2. Schutzmantel-Madonna □
Berlin, Kaiser Friedrich-Museum

in der Ferne einen Schwarm eben Hinzu-
tretender, spreizt es die drallen Finger, den
Segen zu geben (vgl. Abb. 1, 2 und 7).
Also hier ist ein Doppeltes, die Gottes-
mutter auf der Mondsichel und das Schutz-
mantelmotiv; etwas Zwiespältiges; die zwer-
gigen Gestalten unten lenken ab, beschweren
das großzügige Altarbild mit ihren Winzig-
keiten. Andererseits wurde eben durch sie
die Schlichtheit in das Faltenwerk, die Ruhe
in die Silhouette gebracht. Denn, indem der
Mantel zu den Seiten gerade niederfiel, er-
hielt in der Mitte das Kleid mit seinen ein-
fachen Langfalten das Wort. Selbst die Mond-
sichel, unten zwischen den Gruppen, mußte,
auf der Spitze schwebend, der Senkrechten
sich anbequemen. Kam so in die unteren
Teile von selbst eine gewisse Geradlinigkeit,
so war es die feinfühlige Hand des Meisters,
die sie auch in den oberen — trotz einer ge-
wissen schönen Bewegtheit des Motives —
klingen ließ, im wagrecht Hingegossenen des
Knabenkörpers, im Lauf des langen Schleier-
tuchs.
Obwohl die Berliner Statue aus Augsburg
kommt, ist nicht bemerkt worden, daß in
Augsburg selbst, im Maximiliansmuseum, ein
Madonnenbild von gleichem Wuchs und aus-
gesprochener Ähnlichkeit bewahrt wird (Abb. 4
und 5).1) Die letztere fiele noch mehr ins
Auge, hätte die Augsburger Madonna nicht
gelitten2), und u. a. ihr Kopftuch eingebüßt.
Es zog sich, wie bei der Berliner Figur, von
der linken Schulter zur rechten, wie eine Wolke
am Kopfe hängend.
Zudem: die Augsburger Statue ist störend

d Aus dem St. Ulrichskloster; ich bin der
Museumsverwaltung zu Dank verpflichtet für die
Erlaubnis zu den Aufnahmen.

2) An der rechten Mantelseite ist der lang
herabfallende Saum in der ganzen Breite der Bor-
düre, von etwas oberhalb der Hand bis unten, wo
er sich umbiegt, abgeschnitten.
 
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