L. Baer. Bernhard, Maler von Augsburg, und die Bücherornamentik 47
und Bernhard in der Druckerei gespielt haben, nicht zu unterschätzen. In welcher Weise
sich die drei Männer die gemeinsame Arbeit eingeteilt haben, geht aus dem Kolophone
einer im Jahre 1477 in ihrer Druckerei erschienenen Ausgabe von Appianus, Opera1) her-
vor. Ratdolt war der Drucker (wahrscheinlich auch der Gießer der Typen), Loeslein der
Korrektor, und Bernhard wird einfach als „Pictor" bezeichnet. Nun hat schon Passa-
vant2) die Vermutung ausgesprochen, daß Bernhard die herrlichen Initialen und Bor-
düren gezeichnet habe, die die Hauptzierde dieser Drucke bilden; auch Lippmann hat
sich gelegentlich3) in diesem Sinne geäußert. Beide nahmen jedoch irrtümlicher Weise
an, daß Bernhard ein Italiener gewesen sei, was sie hauptsächlich aus dem ausge-
sprochenen Renaissancestil der Bordüren und Initialen schließen zu dürfen glaubten.
Es ist ihnen dabei offenbar entgangen, daß sich Bernhard z. B. in Müllers Kalen-
darium von 1476 ausdrücklich als „Bernadus pictor de Augusta" bezeichnet hat. Im
Gegensätze zu Passavant und Lippmann spricht Butsch4) diesem Meister jeden Anteil
an dem Buchschmuck der Ratdolschen Drucke ab, was er damit zu begründen sucht,
daß Bernhards Ausscheiden im Jahre 1478 keinerlei Einfluß „weder in qualitativer
noch in quantitativer Beziehung auf die ferneren Erzeugnisse des großen Meisters
(Ratdolts)" gehabt hätte. Diese Ansicht teilt auch G. R. Redgrave in seiner vorzüg-
lichen Monographie über Ratdolts venezianische Druckertätigkeit.5) Er bezweifelt sogar,
daß das „Pictor" oder „Maler", das Bernhard immer seinem Vornamen beisetzt, eine
Berufsbezeichnung sei; „Maler" komme häufig in Deutschland als Nachname vor. Wir
können dieser Behauptung Redgraves nicht beistimmen. Im Gegenteil — die Berufs-
bezeichnung tritt in den deutschen Urkunden des XV. Jahrhunderts bei Künstlern und
Handwerkern öfters direkt hinter den Vornamen, ohne den Nadinamen überhaupt zu
erwähnen; man legte offenbar dem letzteren damals nur geringen Wert bei und nannte
die Künstler und Handwerker einfach nach ihrem Berufe. Was den vorliegenden Fall
betrifft, so wird Bernhard in der einzigen bekannten Urkunde, in der sein Name vor-
kommt, einem venezianischen Testamente aus dem Jahre 14836), ausdrücklich als
„Bernardus de Augusta pictor" bezeichnet, eine Wortstellung, die keine andere Deu-
tung zuläßt, als die, hier „Pictor" als Berufsbezeichnung aufzufassen. Aber auch
Butschs Einwurf läßt sich leicht wiederlegen. Wenn man die Ratdoltschen Drucke
sorgfältig auf ihren Buchschmuck hin durchgeht7), so werden einem bald wesentliche
4 Hain 1307.
2) Peintre-graveur I, 134—135.
4 Bucher, Geschichte der technischen Künste, Stuttgart 1875, I, 422f. — Lippmann hat an
anderer Stelle (Jahrbuch d. K. Preuß. Kunsts. V, llf.) den Maler Jacobo de' Barbari mit dem Rat-
doltschen Buchschmuck in Beziehung zu bringen versucht. Redgrave hat jedoch (Erhard Ratdolt,
London 1899, S. 11) diese Vermutung als unhaltbar erwiesen.
') Bücherornamentik der Renaissance, München 1878, I, S. 4—5.
5) Redgrave, Erhard Ratdolt and his work at Venise. (Illus'rated Monographes issued by
the Bibliographical Society, No. 1.) London 1899, S. lOf.
6) 1482 (1483). 3 Januarii. — T.s Ego Joannes Romung de Augusta partibus Alemanie.
. . . volo esse meos fideicommissarios . . . Bernardum de Augusta pictorem.. . (Sez. Not. Bel-
loto Francesco, B.a 377 Test.° 113). Publiziert von Ludwig im Jahrb. d. K. Preuß. Kunsts. XXIII
(1902). Beiheft, S. 57, Anm. 2.
7) Vgl. die Zusammenstellung bei Redgrave a. a. 0., S. 26 u. 27.
und Bernhard in der Druckerei gespielt haben, nicht zu unterschätzen. In welcher Weise
sich die drei Männer die gemeinsame Arbeit eingeteilt haben, geht aus dem Kolophone
einer im Jahre 1477 in ihrer Druckerei erschienenen Ausgabe von Appianus, Opera1) her-
vor. Ratdolt war der Drucker (wahrscheinlich auch der Gießer der Typen), Loeslein der
Korrektor, und Bernhard wird einfach als „Pictor" bezeichnet. Nun hat schon Passa-
vant2) die Vermutung ausgesprochen, daß Bernhard die herrlichen Initialen und Bor-
düren gezeichnet habe, die die Hauptzierde dieser Drucke bilden; auch Lippmann hat
sich gelegentlich3) in diesem Sinne geäußert. Beide nahmen jedoch irrtümlicher Weise
an, daß Bernhard ein Italiener gewesen sei, was sie hauptsächlich aus dem ausge-
sprochenen Renaissancestil der Bordüren und Initialen schließen zu dürfen glaubten.
Es ist ihnen dabei offenbar entgangen, daß sich Bernhard z. B. in Müllers Kalen-
darium von 1476 ausdrücklich als „Bernadus pictor de Augusta" bezeichnet hat. Im
Gegensätze zu Passavant und Lippmann spricht Butsch4) diesem Meister jeden Anteil
an dem Buchschmuck der Ratdolschen Drucke ab, was er damit zu begründen sucht,
daß Bernhards Ausscheiden im Jahre 1478 keinerlei Einfluß „weder in qualitativer
noch in quantitativer Beziehung auf die ferneren Erzeugnisse des großen Meisters
(Ratdolts)" gehabt hätte. Diese Ansicht teilt auch G. R. Redgrave in seiner vorzüg-
lichen Monographie über Ratdolts venezianische Druckertätigkeit.5) Er bezweifelt sogar,
daß das „Pictor" oder „Maler", das Bernhard immer seinem Vornamen beisetzt, eine
Berufsbezeichnung sei; „Maler" komme häufig in Deutschland als Nachname vor. Wir
können dieser Behauptung Redgraves nicht beistimmen. Im Gegenteil — die Berufs-
bezeichnung tritt in den deutschen Urkunden des XV. Jahrhunderts bei Künstlern und
Handwerkern öfters direkt hinter den Vornamen, ohne den Nadinamen überhaupt zu
erwähnen; man legte offenbar dem letzteren damals nur geringen Wert bei und nannte
die Künstler und Handwerker einfach nach ihrem Berufe. Was den vorliegenden Fall
betrifft, so wird Bernhard in der einzigen bekannten Urkunde, in der sein Name vor-
kommt, einem venezianischen Testamente aus dem Jahre 14836), ausdrücklich als
„Bernardus de Augusta pictor" bezeichnet, eine Wortstellung, die keine andere Deu-
tung zuläßt, als die, hier „Pictor" als Berufsbezeichnung aufzufassen. Aber auch
Butschs Einwurf läßt sich leicht wiederlegen. Wenn man die Ratdoltschen Drucke
sorgfältig auf ihren Buchschmuck hin durchgeht7), so werden einem bald wesentliche
4 Hain 1307.
2) Peintre-graveur I, 134—135.
4 Bucher, Geschichte der technischen Künste, Stuttgart 1875, I, 422f. — Lippmann hat an
anderer Stelle (Jahrbuch d. K. Preuß. Kunsts. V, llf.) den Maler Jacobo de' Barbari mit dem Rat-
doltschen Buchschmuck in Beziehung zu bringen versucht. Redgrave hat jedoch (Erhard Ratdolt,
London 1899, S. 11) diese Vermutung als unhaltbar erwiesen.
') Bücherornamentik der Renaissance, München 1878, I, S. 4—5.
5) Redgrave, Erhard Ratdolt and his work at Venise. (Illus'rated Monographes issued by
the Bibliographical Society, No. 1.) London 1899, S. lOf.
6) 1482 (1483). 3 Januarii. — T.s Ego Joannes Romung de Augusta partibus Alemanie.
. . . volo esse meos fideicommissarios . . . Bernardum de Augusta pictorem.. . (Sez. Not. Bel-
loto Francesco, B.a 377 Test.° 113). Publiziert von Ludwig im Jahrb. d. K. Preuß. Kunsts. XXIII
(1902). Beiheft, S. 57, Anm. 2.
7) Vgl. die Zusammenstellung bei Redgrave a. a. 0., S. 26 u. 27.