Die columnae vitineae im St. Peter in Rom im
Werk eines französischen Künstlers
von Konrad Escher
Bei Anlaß seiner Studien über „die Architekturen Raffaels in seinen Fresken,
Tafelbildern und Teppichen1) wiederholt Max Ermers, was schon bekannt war, daß
Raffael im Karton mit der Heilung des Lahmen die acht gewundenen Säulen kopiert
habe, welche zur Konfession von St. Peter gehörten, und die sich heute an den
Loggien der Kuppelpfeiler befinden, weist aber auch2) darauf hin, daß ihm Jean
Fouquet darin vorangegangen sei. An dieser Stelle seien zwei Miniaturen be-
sprochen, welche zu den „Antiquites judaiques des Josephus" gehören, welche Jean
Fouquet im Jahre 1470/1 illustrierte. Diese liegen in der Prachtpublikation von Paul
Durrieu vor.3) Es handelt sich hauptsächlich um die Szenerie auf der Darstellung des
Einfalls des Pompejus in den Tempel von Jerusalem, wobei er sich weigerte, den
Tempelschatz anzutasten (Durrieu, Taf. XIV), und in zweiter Linie um diejenige beim
Einzug des Herodes (Ders., Taf. XV). Die erstgenannte Miniatur zeigt vorn das Ge-
metzel, welches die Römer unter den Juden anrichten, als Mittel- und Hintergrund die
höchst bemerkenswerte Darstellung des Tempels. Das Allerheiligste bezeichnet, von
Schranken umgeben und auf Stufen erhöht, die Altarmensa, die mit einem roten Tep-
pich und einem weißen Tuch geschmückt ist, und an deren Rückseite sich das niedrige
Retabulum erhebt. Dahinter tragen vier Säulen die goldene Arca, d. h. den Reliquien-
schrein. Auf großen blauen Säulen stehend, hält ihn zu beiden Seiten je ein goldener
sechsflügeliger Engel, die Cherubim der mosaischen Bundeslade. Chorschranken um-
geben das Allerheiligste auf allen vier Seiten, lassen aber vorn den Zugang frei.
Weiße Marmorstreifen teilen die Schranken in einzelne Rechtecke und diese wieder in
Rauten; grüne Serpentin- und rote Porphyrstücke bezeichnen die Flächen. Hinter den
zwei Fronten der Chorschranken, d. h. zu beiden Seiten des Zugangs stehen je zwei
goldene Säulen, welche vergoldete Leuchterengel tragen und durch grüne Draperien,
an Querstangen befestigt, miteinander verbunden sind.
Um diese Chorschranken bilden nun die acht gewundenen Säulen von ver-
goldetem Metall einen weiteren Bezirk, indem sie die Rückseite und die Seitenfluchten
begleiten. Alle tragen ein gemeinsames, reich profiliertes, aber unverziertes Gebälk.
Über dem Altarraum schwebt ein Kronleuchter.
Dass Fouquet wirklich die erwähnten acht früher zum Hauptaltar gehörigen
Säulen kopiert hat, beweist ein Vergleich.4) Hier wie dort gliedern Ringe den Schaft
in vier Zonen, von denen die erste und dritte schräge Kanellüren, die zweite und
vierte den zierlichen Schmuck der Weinranken mit Vögeln und Putten, die sich im
9 Straßburg 1909, p. 95.
2) p. 94 und Note 1.
^ Les antiquites judaiques et le peintre Jean Fouquet. Paris 1908.
') Enrico Mauceri. Le colonne torlili. L'Arte I, p. 578.
Werk eines französischen Künstlers
von Konrad Escher
Bei Anlaß seiner Studien über „die Architekturen Raffaels in seinen Fresken,
Tafelbildern und Teppichen1) wiederholt Max Ermers, was schon bekannt war, daß
Raffael im Karton mit der Heilung des Lahmen die acht gewundenen Säulen kopiert
habe, welche zur Konfession von St. Peter gehörten, und die sich heute an den
Loggien der Kuppelpfeiler befinden, weist aber auch2) darauf hin, daß ihm Jean
Fouquet darin vorangegangen sei. An dieser Stelle seien zwei Miniaturen be-
sprochen, welche zu den „Antiquites judaiques des Josephus" gehören, welche Jean
Fouquet im Jahre 1470/1 illustrierte. Diese liegen in der Prachtpublikation von Paul
Durrieu vor.3) Es handelt sich hauptsächlich um die Szenerie auf der Darstellung des
Einfalls des Pompejus in den Tempel von Jerusalem, wobei er sich weigerte, den
Tempelschatz anzutasten (Durrieu, Taf. XIV), und in zweiter Linie um diejenige beim
Einzug des Herodes (Ders., Taf. XV). Die erstgenannte Miniatur zeigt vorn das Ge-
metzel, welches die Römer unter den Juden anrichten, als Mittel- und Hintergrund die
höchst bemerkenswerte Darstellung des Tempels. Das Allerheiligste bezeichnet, von
Schranken umgeben und auf Stufen erhöht, die Altarmensa, die mit einem roten Tep-
pich und einem weißen Tuch geschmückt ist, und an deren Rückseite sich das niedrige
Retabulum erhebt. Dahinter tragen vier Säulen die goldene Arca, d. h. den Reliquien-
schrein. Auf großen blauen Säulen stehend, hält ihn zu beiden Seiten je ein goldener
sechsflügeliger Engel, die Cherubim der mosaischen Bundeslade. Chorschranken um-
geben das Allerheiligste auf allen vier Seiten, lassen aber vorn den Zugang frei.
Weiße Marmorstreifen teilen die Schranken in einzelne Rechtecke und diese wieder in
Rauten; grüne Serpentin- und rote Porphyrstücke bezeichnen die Flächen. Hinter den
zwei Fronten der Chorschranken, d. h. zu beiden Seiten des Zugangs stehen je zwei
goldene Säulen, welche vergoldete Leuchterengel tragen und durch grüne Draperien,
an Querstangen befestigt, miteinander verbunden sind.
Um diese Chorschranken bilden nun die acht gewundenen Säulen von ver-
goldetem Metall einen weiteren Bezirk, indem sie die Rückseite und die Seitenfluchten
begleiten. Alle tragen ein gemeinsames, reich profiliertes, aber unverziertes Gebälk.
Über dem Altarraum schwebt ein Kronleuchter.
Dass Fouquet wirklich die erwähnten acht früher zum Hauptaltar gehörigen
Säulen kopiert hat, beweist ein Vergleich.4) Hier wie dort gliedern Ringe den Schaft
in vier Zonen, von denen die erste und dritte schräge Kanellüren, die zweite und
vierte den zierlichen Schmuck der Weinranken mit Vögeln und Putten, die sich im
9 Straßburg 1909, p. 95.
2) p. 94 und Note 1.
^ Les antiquites judaiques et le peintre Jean Fouquet. Paris 1908.
') Enrico Mauceri. Le colonne torlili. L'Arte I, p. 578.