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Monatshefte für Kunstwissenschaft
und für sich ziemlich belanglos, da wir in diesem Drucke offenbar nur einen mit unzu-
reichenden Mitteln unternommenen Versuch zu erblicken haben, der nicht den gewünschten
Erfolg hatte und deshalb auch gleich wieder aufgegeben wurde. Womit sich Bernhard dann
beschäftigt hat, ist nicht bekannt. Jedenfalls war er noch 1483 in Venedig ansässig,
was die oben erwähnte Urkunde1) beweist. Nicht wahrscheinlich ist es, daß er weiter
für Ratdolt gearbeitet hat. Denn, da er eine Konkurrenzdruckerei errichtet hatte, so
kann man daraus schließen, daß er sich nicht freundschaftlich von seinem früheren
Kompagnon getrennt habe. Auch hat, wie wir oben nachgewiesen haben, in diesen
Jahren die Ratdoltsche Offizin nichts hervorgebracht, was auf der künstlerischen Höhe
von Bernhards beglaubigten Arbeiten steht. Aus diesem Grunde möchten wir ihm
auch nicht, wie Passavant2) vermutet, die Holzschnitte des 1482 bei Ratdolt erschienenen
Hygius") zuweisen. Die in dieses Buch eingedruckten Darstellungen von Sternbildern
sind nur rohe Kopien nach älteren Planetenbüchern4), mit denen wir Bernhards
Werk nicht belasten dürfen. Ebensowenig können wir Nagler beipflichten, der5) in
Bernhard den mysteriösen Meister b der Mallermi-Bibel und des Poliphilo vermutet.
Davon hält uns schon die Überzeugung ab, daß der Meister b bloß ein Formschneider
war, der nach den Entwürfen verschiedener Künstler gearbeitet hat. Dagegen müssen
wir Bernhard in erster Linie als Zeichner ansehen. Ob er seine Entwürfe auch selbst
auf den Holzstock übertragen hat, ist zum mindesten zweifelhaft, übrigens für die Be-
urteilung seiner künstlerischen Fähigkeiten nicht von Belang. Noch unbegründeter er-
scheint uns Naglers6) Vermutung, daß unser Meister der bekannte venezianische Buch-
drucker Bernardinus de Vianis von Vercelli gewesen sei, der erst von 1495 an in
Venedig nachweisbar ist. Die Hypothesen, ihn mit einem Bernardinus Pictoricus aus
Perugia zu identifizieren7) oder ihm einen „b" bezeichneten Augsburger Holzschnitt
mit der „Dornenkrönung" zu geben8), weist Nagler selbst als unhaltbar zurück. Wichtiger
und interessanter ist folgende Notiz Naglers9): „Wir haben von einem sehr schönen
Holzschnitte mit der Madonna und dem Kinde Kunde, auf dem der Name des Meisters
stehen soll. In der Auffassung und Zeichnung erinnert das Blatt an die paduanisch-
venezianische Schule, und nach der Sicherheit der technischen Ausführung zu urteilen,
kann dieß nicht das einzige Blatt des Künstlers sein." Ein voll bezeichneter, figür-
licher Holzschnitt unseres Meisters wäre freilich für die Kenntnis seiner Kunst von der
a. a. 0., S. 10) Behauptung über Butschs Charakteristik der Druckausstattung dieses Buches beruht
auf einem Mißverständisse des deutschen Textes.
9 Vgl. S. 2, Anm. 1.
2) Peintre-graveur I, 135.
°) Hain 9062.
4) Zum Teil sind sie offenbar von einer in Kupfer gestochenen Planetenfolge kopiert
worden, die Lippmann in den Veröffentlichungen der „Internationalen Chalkographischen Gesell-
schaft" 1893, Tafel Blff. herausgegeben hat.
5) Nagler, Monogrammisten I, 714.
6) Nagler, Monogrammisten I, 714.
7) Monogrammisten I, Nr. 1804.
8) Monogrammisten I, 719, Nr. 1614.
9) Monogrammisten, I, 714.
Monatshefte für Kunstwissenschaft
und für sich ziemlich belanglos, da wir in diesem Drucke offenbar nur einen mit unzu-
reichenden Mitteln unternommenen Versuch zu erblicken haben, der nicht den gewünschten
Erfolg hatte und deshalb auch gleich wieder aufgegeben wurde. Womit sich Bernhard dann
beschäftigt hat, ist nicht bekannt. Jedenfalls war er noch 1483 in Venedig ansässig,
was die oben erwähnte Urkunde1) beweist. Nicht wahrscheinlich ist es, daß er weiter
für Ratdolt gearbeitet hat. Denn, da er eine Konkurrenzdruckerei errichtet hatte, so
kann man daraus schließen, daß er sich nicht freundschaftlich von seinem früheren
Kompagnon getrennt habe. Auch hat, wie wir oben nachgewiesen haben, in diesen
Jahren die Ratdoltsche Offizin nichts hervorgebracht, was auf der künstlerischen Höhe
von Bernhards beglaubigten Arbeiten steht. Aus diesem Grunde möchten wir ihm
auch nicht, wie Passavant2) vermutet, die Holzschnitte des 1482 bei Ratdolt erschienenen
Hygius") zuweisen. Die in dieses Buch eingedruckten Darstellungen von Sternbildern
sind nur rohe Kopien nach älteren Planetenbüchern4), mit denen wir Bernhards
Werk nicht belasten dürfen. Ebensowenig können wir Nagler beipflichten, der5) in
Bernhard den mysteriösen Meister b der Mallermi-Bibel und des Poliphilo vermutet.
Davon hält uns schon die Überzeugung ab, daß der Meister b bloß ein Formschneider
war, der nach den Entwürfen verschiedener Künstler gearbeitet hat. Dagegen müssen
wir Bernhard in erster Linie als Zeichner ansehen. Ob er seine Entwürfe auch selbst
auf den Holzstock übertragen hat, ist zum mindesten zweifelhaft, übrigens für die Be-
urteilung seiner künstlerischen Fähigkeiten nicht von Belang. Noch unbegründeter er-
scheint uns Naglers6) Vermutung, daß unser Meister der bekannte venezianische Buch-
drucker Bernardinus de Vianis von Vercelli gewesen sei, der erst von 1495 an in
Venedig nachweisbar ist. Die Hypothesen, ihn mit einem Bernardinus Pictoricus aus
Perugia zu identifizieren7) oder ihm einen „b" bezeichneten Augsburger Holzschnitt
mit der „Dornenkrönung" zu geben8), weist Nagler selbst als unhaltbar zurück. Wichtiger
und interessanter ist folgende Notiz Naglers9): „Wir haben von einem sehr schönen
Holzschnitte mit der Madonna und dem Kinde Kunde, auf dem der Name des Meisters
stehen soll. In der Auffassung und Zeichnung erinnert das Blatt an die paduanisch-
venezianische Schule, und nach der Sicherheit der technischen Ausführung zu urteilen,
kann dieß nicht das einzige Blatt des Künstlers sein." Ein voll bezeichneter, figür-
licher Holzschnitt unseres Meisters wäre freilich für die Kenntnis seiner Kunst von der
a. a. 0., S. 10) Behauptung über Butschs Charakteristik der Druckausstattung dieses Buches beruht
auf einem Mißverständisse des deutschen Textes.
9 Vgl. S. 2, Anm. 1.
2) Peintre-graveur I, 135.
°) Hain 9062.
4) Zum Teil sind sie offenbar von einer in Kupfer gestochenen Planetenfolge kopiert
worden, die Lippmann in den Veröffentlichungen der „Internationalen Chalkographischen Gesell-
schaft" 1893, Tafel Blff. herausgegeben hat.
5) Nagler, Monogrammisten I, 714.
6) Nagler, Monogrammisten I, 714.
7) Monogrammisten I, Nr. 1804.
8) Monogrammisten I, 719, Nr. 1614.
9) Monogrammisten, I, 714.