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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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E. A. Stückelberg. Germanische Frühkunst

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und Südmauern befinden sich spärliche
Öffnungen in beträchtlicher Höhe. Es
sind Fenster von hochrechteckiger Form,
oben im Halbkreisbogen geschlossen.
Den Typus dieser Fenster zeigt noch
ein Bild (Abb. 1) der abgebrochenen
Abteikirche von Montier Granval im
Jura (Bistum Basel); denselben Typ
(Abb. 2) sehen wir noch an einer mittel-
alterlichen Kirche bei Disentis (S. Gada)?)
Zu dem bescheidenen Maßstab solcher
Fenster passen die Stuccodekorationen
(Abb. 3—5), die wir als Rahmen oder
Bekrönungen solcher Öffnungen im
Kircheninnern ansehen; auch die kleine
Zahl der ausgegrabenen Rahmen stimmt
zur nachweisbaren Spärlichkeit dieser


Abb. 2. Drei kleine Langhausfenster
□ S. Gada bei Disentis


Abb. 3—5. Fensterdekorationen aus Stucco
□ Ehern. Martinskirche zu Disentis

frühmittelalterlichen Fenster. Den Verschluß
dieser Öffnungen haben wir uns so zu
denken, wie er sich in der Krypta von
Lenno — um das der Schweiz zunächst
gelegene Denkmal zu zitieren — erhalten
hat: ziemlich unregelmäßig durchbrochene
Steinplatten. Die Apsiden scheinen im
Frühmittelalter keine Öffnungen gehabt zu
haben2); wie klein sie noch in der romani-
schen Zeit an altertümlichen Bauwerken
sind, zeigt das Beispiel von Prugiasco,,
einem Kirchlein nah an der Heerstraße von
Disentis nach Biasca-Bellinzona (Abb. 6).
Das Baumaterial der Mauern bestand in

, Wir haben auf der Photographie die leider
zugemauerten, ursprünglichen Fenster einge-
zeichnet; das Langhaus der Klosterkirche Münster
besaß nur 4 Fenster.

2) Vgl. die erhaltenen Apsiden der Mutter-
gottes-Kirche zu Disentis.
, Ein Relief mit einem Pfau von früh-
mittelalterlichem Schema ist außen neben diesem
Fensterchen eingemauert; wir wagen keine Da-
tierung dieser Arbeit, glauben aber, daß es sich
um eine Spolie von einem Bau handelt, der
älter als der heutige romanische ist.
 
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