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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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Monatshefte für Kunstwissenschaft


Abb. 10. Vertiefte Felder als Außendeko-
ration

Münster i. Grb.

zu sein, die Öffnungen sind in den unteren Stockwerken spärlich und bestehen nur
aus Schlitzen, wie in der Militärarchitektur. Erst vom dritten Boden an finden wir
Fenster, gekuppelt und umrahmt von den
vertieften, oben mit Böglein abschließenden
Feldern. Eine genauere Erforschung der-
jenigen Türme dieses Typs, die in Gegenden
stehen, die nicht durch Erdbeben heimgesucht
worden sind, wird zweifellos manchen dieser
Bauten das Prädikat vorromanisch eintragen;
wir denken hierbei z. B. an Mals in Vinschgau
und S. Satiro in Mailand.
Weitere Außendekorationen des Früh-
mittelalters bestanden in Inkrustationen; Italien,
Frankreich und Deutschland besitzen noch alte
Proben dieser Technik, die stellenweise bis tief
in die romanische Epoche, ja in noch späteren
Zeiten erhalten blieb. Wenn man in Disentis
die quadratischen, dreieckigen, runden und
anders geformten dunkeln und hellen Guß-

platten besieht, denkt man unwillkürlich an die karolingische Außendekoration von
Lorsch, an die auvergnatisch-romanischen Kirchen von Le Puy (Kathedrale, S. Michel
und die Polygonkapelle des sog. temple de Diane), in Issoire, Clermont und Firminy.
Eine chemische Untersuchung ergab, daß
die frühmittelalterlichen Platten von Disentis
auf keinen Fall als Bodenbelag gedient
haben, wie schon behauptet worden ist.
Die Innendekoration frühmittelalter-
licher Gotteshäuser bestand aus Mosaik,
Malerei und Stuccozierden.
Bedeutende Reste eines Mosaik-
bodens der Martinskirche von Disentis sind
erhalten; er bestand aus einem Feld von
grünlichen Steinwürfeln (Talgserpentin), in
welches Figuren und Inschriften mit weißen
marmorartigen Steinwürfeln (zuckerför-
migem Dolomit) eingesetzt waren. (Abb. 11.)
Außerdem waren noch kreisförmige Stein-
scheiben, konzentrisch umlagert von zwei
Reihen verschieden-großer Keilsteine und


umrahmt von weißen Würfeln in das Pa- Abb. 11. Vom Mosaik der Martinskirche Disentis
viment eingelassen. Drei Exemplare sind
beinahe komplett vom Verfasser wieder zusammengestellt worden. Über die Malerei
in den frühmittelalterlichen Kirchen kann nur das wiederholt werden, was Zemp über
 
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