H. Popp. Zu Francesco Furini
317
Deutsche, Spanier. Das machte sie in den
Augen und dem Urteil der Nachwelt besonders
groß, so daß man bei der Seicentokunst mehr
an sie denkt wie an die italienischen Elektiker.
Das XVIII. Jahrh. mit seiner Vorliebe für
sinnliche Grazie dachte noch anders. Ihm gal-
ten die feinen, weichen, süß ~ sentimentalen
Florentiner mit ihren geistig wohl weniger be-
deutenden, dafür körperlich reizvolleren, voll-
saftigeren Gestalten, den delikaten Linien und
Lichtwirkungen, als die bevorzugtesten Meister.
Ihre Werke waren am besten bezahlt, in Stich-
und Schabkunst weit verbreitet. Das XIX. Jahrh.
das eine außerordentliche Wertschätzung des
Selbständigen, Individuellen charakterisiert, be-
handelte diese Meister, wie die italienischen
Seicentisten überhaupt, geradezu verächtlich.
Wohl weniger aus tiefgründiger Kunstauffassung
heraus, als der Mode wegen. Gleichviel, selbst
die Kunstgeschichtsschreibung hat der histo-
rischen Unbefangenheit ermangelt. Außer Burck-
hardt, der den Italienern dieser Epoche eine
kaum mehr als summarische Würdigung zu Teil
werden läßt, kommt im Grunde nur Woermann
in Frage, der denn auch die Basis für die Be-
handlung dieser Zeit in den „Kunstgeschichten"
bildet. Umso dankenswerter, daß L. v. Buerkel
in einer vornehmen Publikation (Francesco Fu-
rini. Mit 12 Tafeln und 38 Textabbildgn. Jahrb.
d. Allerh. Kaiserhauses, Bd. 27, Heft 2. Wien.),
die Aufmerksamkeit auf einen der liebenswür-
digsten und delikatesten jener in Vergessenheit
geratenen Meister gerichtet und damit den ersten
energischen Anstoß zu erneuter Beschäftigung
mit der Seicentokunst gegeben hat.
Ein Vergleich der Liste, die Baldinucci, der
Biograph Furinis, von dessen ouevre gibt, mit dem
was Buerkel emsig erforscht und in eingehender
Analyse vorgeführt hat, läßt bedeutende Lücken
zu Tage treten. Vieles scheint wirklich ver-
loren gegangen zu sein. Sicherlich ist aber
Manches in englischen Privatsammlungen ge-
borgen oder vielmehr verborgen. England
zeigte ja für Furini stets das lebhafteste Inter-
esse. Reynolds besaß Bilder von ihm, auch
Gainsborough. Mit Recht weist Buerkel darauf
hin, daß ein weiteres Eindringen in diese Kunst-
periode erkennen lassen wird, „welch wichtige
Anregungen die französischen und englischen
Maler der folgenden Zeit von Furini empfangen
haben."
Als verloren bezeichnet Buerkel jenes nach
Baldinucci hochberühmte Bild „Hylas von Nym-
phen geraubt", dessen letzte Spur er 1780 im
Hause des Conte Galli-Tassi in Florenz findet
und leider nur nach Eredis Stich reproduziert.
Unsere Abbildung stellt das Bild (2,60x2 m)
dar, das aus dem Hause Tassi in den Besitz
des Baron Paolo Zezza kam und erst 1889 bei
der Auktion im Palazzo Gattai-Budini in Flo-
renz von einem Engländer Mc. Auslin erworben
wurde. Es befindet sich jetzt in Schottland.
Die letzten zwanzig Jahre sahen überhaupt
eine stattliche Reihe von Werken Furinis auf
dem Markt: 1875 eine Caritas in Rom, 1879
der Kopf einer Andromeda (Sammlg. Capponi
Florenz), 1886 eine büßende Magdalena (Kollek-
tion Artaria Wien), 1887 eine heilige Veronika
(Kollektion Penthe Wien), im gleichen Jahre eine
Sofonisbe (Galerie Scalambrini Rom), 1894 eine
heilige Katharina (Sammlung Marchese Mansi
Lucca), 1895 eine büßende Magdalena (Samm-
lung Wymetal Köln), 1902 eine ruhende Venus
(Galerie Panciaticchi Florenz). H. Popp.
REDAKTIONEN DER MONATSHEFTE FÜR KUNSTWISSENSCHAFT
Herausgeber: Dr. GEORG BIERMANN. Verantwortlich für die Redaktion: Dr. HERMANN
UHDE-BERNAYS. Beide in Leipzig, Liebigstraße 2.
Zweigredaktionen:
Für Berlin: Dr. HERM. VOSS, Berlin, W. 15, Uhlandstraße 44.
Für München: Dr. W. WORRINGER, München, Georgenstraße 99.
Für Wien: Dr. WILHELM SUIDA, Mödling bei Wien, Kaiser Jubiläumsstr. 16.
Für London: FRANK E. WASHBURN-FREUND, The Cottage / Harrow on Hill
bei London, Lyon Road.
Für Paris: Dr. R. MEYER-RIEFSTAHL, Paris 45 rue d'Ulm.
Verlag von KLINKHARDT & BIERMANN, Leipzig, Liebigstr. 2. — Agent exclusif pour
la France: FREDERIC GITTLER, editeur, Paris, 2 rue Bonaparte.
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Deutsche, Spanier. Das machte sie in den
Augen und dem Urteil der Nachwelt besonders
groß, so daß man bei der Seicentokunst mehr
an sie denkt wie an die italienischen Elektiker.
Das XVIII. Jahrh. mit seiner Vorliebe für
sinnliche Grazie dachte noch anders. Ihm gal-
ten die feinen, weichen, süß ~ sentimentalen
Florentiner mit ihren geistig wohl weniger be-
deutenden, dafür körperlich reizvolleren, voll-
saftigeren Gestalten, den delikaten Linien und
Lichtwirkungen, als die bevorzugtesten Meister.
Ihre Werke waren am besten bezahlt, in Stich-
und Schabkunst weit verbreitet. Das XIX. Jahrh.
das eine außerordentliche Wertschätzung des
Selbständigen, Individuellen charakterisiert, be-
handelte diese Meister, wie die italienischen
Seicentisten überhaupt, geradezu verächtlich.
Wohl weniger aus tiefgründiger Kunstauffassung
heraus, als der Mode wegen. Gleichviel, selbst
die Kunstgeschichtsschreibung hat der histo-
rischen Unbefangenheit ermangelt. Außer Burck-
hardt, der den Italienern dieser Epoche eine
kaum mehr als summarische Würdigung zu Teil
werden läßt, kommt im Grunde nur Woermann
in Frage, der denn auch die Basis für die Be-
handlung dieser Zeit in den „Kunstgeschichten"
bildet. Umso dankenswerter, daß L. v. Buerkel
in einer vornehmen Publikation (Francesco Fu-
rini. Mit 12 Tafeln und 38 Textabbildgn. Jahrb.
d. Allerh. Kaiserhauses, Bd. 27, Heft 2. Wien.),
die Aufmerksamkeit auf einen der liebenswür-
digsten und delikatesten jener in Vergessenheit
geratenen Meister gerichtet und damit den ersten
energischen Anstoß zu erneuter Beschäftigung
mit der Seicentokunst gegeben hat.
Ein Vergleich der Liste, die Baldinucci, der
Biograph Furinis, von dessen ouevre gibt, mit dem
was Buerkel emsig erforscht und in eingehender
Analyse vorgeführt hat, läßt bedeutende Lücken
zu Tage treten. Vieles scheint wirklich ver-
loren gegangen zu sein. Sicherlich ist aber
Manches in englischen Privatsammlungen ge-
borgen oder vielmehr verborgen. England
zeigte ja für Furini stets das lebhafteste Inter-
esse. Reynolds besaß Bilder von ihm, auch
Gainsborough. Mit Recht weist Buerkel darauf
hin, daß ein weiteres Eindringen in diese Kunst-
periode erkennen lassen wird, „welch wichtige
Anregungen die französischen und englischen
Maler der folgenden Zeit von Furini empfangen
haben."
Als verloren bezeichnet Buerkel jenes nach
Baldinucci hochberühmte Bild „Hylas von Nym-
phen geraubt", dessen letzte Spur er 1780 im
Hause des Conte Galli-Tassi in Florenz findet
und leider nur nach Eredis Stich reproduziert.
Unsere Abbildung stellt das Bild (2,60x2 m)
dar, das aus dem Hause Tassi in den Besitz
des Baron Paolo Zezza kam und erst 1889 bei
der Auktion im Palazzo Gattai-Budini in Flo-
renz von einem Engländer Mc. Auslin erworben
wurde. Es befindet sich jetzt in Schottland.
Die letzten zwanzig Jahre sahen überhaupt
eine stattliche Reihe von Werken Furinis auf
dem Markt: 1875 eine Caritas in Rom, 1879
der Kopf einer Andromeda (Sammlg. Capponi
Florenz), 1886 eine büßende Magdalena (Kollek-
tion Artaria Wien), 1887 eine heilige Veronika
(Kollektion Penthe Wien), im gleichen Jahre eine
Sofonisbe (Galerie Scalambrini Rom), 1894 eine
heilige Katharina (Sammlung Marchese Mansi
Lucca), 1895 eine büßende Magdalena (Samm-
lung Wymetal Köln), 1902 eine ruhende Venus
(Galerie Panciaticchi Florenz). H. Popp.
REDAKTIONEN DER MONATSHEFTE FÜR KUNSTWISSENSCHAFT
Herausgeber: Dr. GEORG BIERMANN. Verantwortlich für die Redaktion: Dr. HERMANN
UHDE-BERNAYS. Beide in Leipzig, Liebigstraße 2.
Zweigredaktionen:
Für Berlin: Dr. HERM. VOSS, Berlin, W. 15, Uhlandstraße 44.
Für München: Dr. W. WORRINGER, München, Georgenstraße 99.
Für Wien: Dr. WILHELM SUIDA, Mödling bei Wien, Kaiser Jubiläumsstr. 16.
Für London: FRANK E. WASHBURN-FREUND, The Cottage / Harrow on Hill
bei London, Lyon Road.
Für Paris: Dr. R. MEYER-RIEFSTAHL, Paris 45 rue d'Ulm.
Verlag von KLINKHARDT & BIERMANN, Leipzig, Liebigstr. 2. — Agent exclusif pour
la France: FREDERIC GITTLER, editeur, Paris, 2 rue Bonaparte.