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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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E. Firmenich-Richartz. Ist die Kölner Wicken-Madonna eine Fälschung? 377

Schädigung brachte, ja den Urkundenwert der geretteten Denkmäler sogar in Frage
stellte, trübte schon bei den Zeitgenossen die Verdienste der patriotischen Sammler
und erregte ernste Bedenken, die sich mitunter voll Entrüstung äußern. So schrieb
H. G. Hotho: „Den Herren (Sulpiz und Melchior Boisseree) kommt auf gelegentliche
Beschäftigung mit Glasmalerei der Einfall, die flandrischen Meister hätten der Wirkung
früherer Glastafeln nachgestrebt. Das gleiche Feuer, dieselbe Kraft seien durch Alter
und Reinigung nur verloren. Das müßte sich wieder ersetzen lassen. Gesagt, getan!
Melchior besonders macht sich ans Werk. Blaue Gewänder werden grell übergangen,
rote zur höchsten Glut gesteigert. Selbst Gesichtern und Händen bleibt eine rosige
Tünche nicht erspart. Damit können das feine Lehmgrau des Bodens, das saftige
Wiesengrün nicht mehr stimmen; Mittelgründe, Gewässer noch weniger. Sie erhalten
zu ihrer Stärkung Asphalt. Unter so grober Hülle muß jede Zartheit verschwinden.
Das jeden Meister bezeichnende Kolorit ist zerstört. Wer von anderen Tafeln her den
Farbeneinklang und Reiz belobt, steht halb als Tor halb als Lügner da." (Die Maler-
schule Huberts van Eyck 1855, 11. S. 45.)
Es bedurfte späterhin in München vielfacher Anstrengungen, einer überlegenen
Kunstfertigkeit und hingebender Sorgfalt um die Hauptstücke der Sammlung in ihren
ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen.
Die Brüder hatten anfangs in lebhafter Ungeduld und Entdeckerfreude selbst
mit Hand angelegt um die neuerworbenen Schätze „unter der Kruste hundertjährigen
Schmutzes" hervorzuholen. Ihr Faktotum Maximilian Fuchs scheint sich gelegentlich
nicht einwandfreier Putzmittel bedient zu haben. So wurde die „beschwerliche tiefe
Reinigung (des Dombildes) von seinem so dick eingefressenen Unrate von unserem
geschickten Fuchs mit jedem nur auf Öl unschädlich wirkenden Reinigungsmittel scharf
und kühn" durchgeführt. (Wallraf.) Derselbe Künstler nahm sich 1808 viel Zeit mit
der Wiederherstellung von Rogers Epiphanienaltar aus der Columbakirche (Münchener
Pinakothek Nr. 101—103).
Über die Technik der Alten wagt man noch kein Urteil, da Kenntnisse und
Erfahrungen allzu gering sind. Sulpiz meint, daß seine Sammlungsstücke ausnahmslos
„alle Eigenschaften der Ölmalerei besitzen", jedoch sei es möglich, daß man vor
van Eycks Erfindung „eine unbekannte Bereitung der Farben mit Wachs, Eiweis u. dergl.
hatte, die nach so langer Zeit nicht von der Ölmalerei unterschieden werden konnte"
(a. a. 0. I. S. 102).
In Heidelberg wurden die Gemälde zuerst dem Kopisten Epp anvertraut, später
dem ehemaligen Landschaftsmaler C. Koester. „Durch ihn wurden wir erst mit feinerer
Unterscheidung der Farben, Vorkehrungen rücksichtlich der Reinlichkeit usw. bekannt."
Sulpiz bittet Goethe „gelegentlich unseren kleinen Maler Koester als ein Gegenstück,
zu Fuchs anzuführen; er restauriert unvergleichlich besser als dieser, ist auch eigentlich
mehr Künstler — Fuchs hingegen mehr Dekorateur" (a. a. O. II. S. 71).
Mit dem Galeriedirektor Georg v. Dillis einigten sich die Boisseree in lebhafter
Aussprache (der Praktiker duldet keinen Widerspruch!), daß die Bedeutung der Alt-
niederländer wesentlich in ihren Farbenwerten, dem unerreichbaren Glanz, der Leucht-
kraft und Pracht des Kolorits, den ungebrochenen Lokalfarben und den Schillertönen
 
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