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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 2.1909

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Monatshefte für Kunstwissenschaft

Firmenich-Richartz schreibt in dem Katalog
der Düsseldorfer Ausstellung 1904 über das
Linzer Bild: „In der Anbetung der Magier sind
Motive derselben Darstellung, Nürnberg, Ger-
manisches Museum benutzt." Dieses Nürnberger
Bild des Meisters des Marienlebens (nach
Escherich, „Die Schule von Köln", übrigens ein
spätes Werk des Meisters) ist nun weiter nichts
als eine ziemlich genaue Kopie des jetzt in
München befindlichen Rogerschen Bildes mit der-
selben Darstellung. Dieses Bild Rogers ist be-
stimmt nach 1450 entstanden, da Roger bis dahin
in Rom war; also vielleicht 1452. Andererseits
ist der Linzer Altar vor 1461 gemalt, da in
diesem Jahr der Stifter starb. Ist es da anzu-
nehmen, daß der Meister des Marienlebens zu-
erst das Rogersche Bild benutzt hat und von
diesem dann der „Lyversberger"? Ich denke
eher umgekehrt. Es scheint mir sicher, daß der
„Lyversberger" bei Roger gelernt hat. Es finden
sich nämlich auf dem Linzer Bild neben dem
Hauptmotive auch die Motive der Rogerschen
Flügelbilder Verkündigung und Darstellung im
Tempel wieder, ferner die Geburt Christi fast
genau nach dem Middelburger Altar, der ja
auch Anfang der fünfziger Jahre entstanden ist.
Sollte nun nicht anzunehmen sein, daß der
„Lyversberger" den Rogerschen Altar, der dann
eben noch nicht in Columba, Cöln, war, ebenso
wie den Middelburger, in Flandern gesehen und
danach seinen Linzer Altar zusammengestellt
hat?
Später hat er dann das Motiv für sein großes
jetzt in München befindliches Bild benutzt, dessen
Flügel eben die Lyversberger Passion darstellen.
Wenn ich noch einer Vermutung Raum geben
darf, so möchte ich sagen, daß der Meister
der Lyversberger Passion eben jener
Meister Christophorus ist, der nach einer
alten Chronik der Cölner Karthause für diese
im Jahre 1471 ein Bild malte. Daß die Lyvers-
berger Passion aus der Karthause stammt, ist
ja bekannt.
4. Die Heimsuchung aus der Sammlung Crom-
bez, Paris.
Das Bild ist eine recht genaue Wiederholung
der von der Weydenschen Komposition, die
jetzt in Turin befindlich ist. Der Typus der
Maria ist durchaus der gleiche wie der auf dem
Linzer Altar. Maria hat, wie auch auf dem
wohl gleichzeitig entstandenen Crucifixus strah-
lenförmigen Nimbus. Das Bild ist daher wohl
als ein Werk zu betrachten, das er gleich im
Anschluß an seinen Brüsseler Aufenthalt etwa
Mitte der fünfziger Jahre vollendet hat; es kann
schon deshalb nicht dem Meister des Marien-
lebens zugeschrieben werden, weil es doch aus-

geschlossen erscheinen muß, daß ein Maler, der
als Schüler Rogers eine recht gute Wiedergabe
seiner Heimsuchung gibt, bald darauf eine in
mancher Beziehung minderwertige Leistung wie
die im Münchner Marienleben sollte fertig ge-
bracht haben. Ist schon der Schritt von Rogers
Köpfen mit den derben Zügen zu den nach
Kölner Art verfeinerten auf dem Bilde bei Crom-
bez sehr groß, so ist der von diesem zu dem
im Marienleben mindestens noch einmal so groß.
Die auf der Rückseite befindliche Madonna mit
Heiligen gehört wohl auch demselben Meister
an, wenn sich auch nicht leugnen läßt, daß z. B.
der Typus der Catharina mit den geschlitzten
Augen und der kurzen Oberlippe an den Meister
des Marienlebens erinnert.
Wir haben nach Obigem im Meister der
Lyversberger Passion also wohl denjenigen
Maler zu sehen, der in erster Linie nieder-
ländische Auffassungs- und Malweise in Köln
eingeführt hat. Als sein Schüler hat wohl nicht
nur der Meister des Marienlebens sondern auch
der des Georgs- und Hyppolytaltars zu gelten.
Vor allem die Flügel dieses Altargemäldes haben
große Ähnlichkeit einerseits im Figürlichen mit
der Lyversberger Passion, andrerseits im Land-
schaftlichen mit dem Crucifixus Nr. 131 im Kölner
Museum.
Eine sehr ähnliche Darstellung der Hippolyt-
legende — also von der „Taufe" des Kölner
Bildes an — findet sich übrigens im Brügger
Stadtmuseum. Die Kompositionen sind den
Kölnern sehr ähnlich aber primitiver, vor allem
in der Landschaft.
Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß
der Meister die jetzt in Berlin befindlichen Tafeln
eines Triptychons des Petrus Cristus gekannt
hat. Wenigstens findet sich in der Landschaft
seiner großen Anbetung der Könige große Über-
einstimmung mit der in der Geburt Christi des
Petrus Cristus.
Da unser Meister seine Bezeichnung nun ein-
mal nach der Passion trägt, wäre es auch
wünschenswert, zu wissen, wieviel wohl von
dem, was jetzt auf den Bildern zu sehen ist,
auf ihn und seine Kunst zurückzuführen ist.
Natürlich ist es ja ganz ausgeschlossen, die guten
Übermalungen abzukratzen, da man ja nur
Ruinen übrig behalten würde, analog dem Claren-
altar. Vielleicht würde aber hier die Röntgen-
röhre helfend eingreifen können.
Idi habe in Gemeinschaft mit Herrn B. Jost
hier, der in liebenswürdigster Weise seine Rönt-
genapparate und sein schönes Radiumpräparat
(% Gramm chemisch reines Radiumbromid!) zur
Verfügung stellte, einige Versuche auf einer
 
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