Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

Citation link:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/monatshefte_kunstwissenschaft1911/0080
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Violine. Ein dritter weist auf die Gruppe rechts, wo einer in blau die Guitarre
ertönen läßt, begleitet von einem blonden in gelb mit gekreuzten Armen. Über
diesem sieht man einen in rot gekleideten, der die Harfe schlägt. Alle sind blond
und haben ihre blumengeschmückten Köpfe dem Beschauer zugekehrt. Ganz oben
endlich bemerkt man noch eine Rückenfigur in rot; dieser Engel hat den Kopf
gleichfalls dem Beschauer zugewandt. Er wirkt ganz correggesk lächelnd. Das
Licht trifft nur das linke Viertel seines Gesichtes.
Den einzigen Vorwurf, den man dem Gemälde machen kann, ist, daß die Kom-
position mit den verschiedenen Stockwerken nicht ganz befriedigend ist. Es würde
vollkommener sein, wenn es einfacher wäre, meint Justi. Allein man weiß heute
nicht mehr, wie weit der Künstler bestimmten Vorschriften der Auftraggeber
Rechnung tragen mußte. Die Farben sind äußerst zart, die Modellierung sehr weich,
ohne im geringsten weichlich zu werden. Die Fleischtöne sind ziemlich kühl.
Das ganze ist so von Licht und Luft durchdrungen, daß man versucht ist, den
Begriff des Murilloschen estilo vaporoso bereits auf dieses Werk anzuwenden.
Von den beiden Seitengemälden des Altares wird später die Rede sein.
Eine besondere Rolle im Oeuvre des Meisters spielen seine Concepcionsdarstellungen.
Hier zeigt es sich so recht, wie schwierig es ist, die Werke des Künsters zeitlich
genau zu bestimmen. Wohl vor 1612 und ziemlich in der gleichen Zeit wie die
„Hl. Anna mit der jungen Maria" dürfte die „Concepcion mit dem Stifter D. Fernando
de Mata" im Kaiser Friedrich-Museum zu Berlin entstanden sein (Abb. 6). Sie wurde
von Ruelas für die Grabkapelle des genannten Priesters gemalt, die sich nicht, wie der
Berliner Katalog angibt, in der Kathedrale sondern bei den Monjas de la Encarnacion
gegenüber der Tür befand. Don Fernando de Mata ist 1612 gestorben. Cean
Bermudez sah das Bild noch an seiner alten Stelle, wovon es der Marschall Soult
„entfernte". Aus der Sammlung dieses französischen Generals gelangte es 1852
in den Besitz des Berliner Museums. Verschollen ist leider das Gemälde mit dem
Erlöser und den beiden Johannes, das einst nach der Mitteilung von Bermudez
über der „Concepcion" angebracht war.
In der kühlen Gesamtstimmung zeigt sich die Verwandtschaft mit der „hl. Anna".
Die Fleischtöne bei Maria sind sehr hell und die Schatten grau. Das Inkarnat des
Stifters dagegen ist mehr gelbbräunlich. Maria in rotem Gewand, hellgrünen Ärmeln
und dunkelgrünem Mantel blickt mit leise auf die Seite geneigtem Kopf zu dem
Stifter nieder. Dieser, ein häßlicher Mensch mit grauem Stoppelbart blickt kniend
ergebungsvoll ins Weite. Sein großer, vorn sich fast über die ganze Bildbreite er-
streckender Pilgerstab, wirkt höchst ungeschickt.
Das Dunkelgrün der Landschaft des Vordergrunds hellt sich im Mittelgrund auf.
Der Kopf der Jungfrau hebt sich von einer blaugrünen Zone ab, der Unterkörper
ist gegen schmale Streifen Goldgrund gestellt. Im übrigen wird die Gestalt Marias
von einer höchst eigenartigen Mandorla, einer duftigen Engelwolke umrahmt. Wie
die Köpfchen mit ihrer zarten Karnation und den grauen Schatten bald aus der
Wolke hervortreten und bald von ihr verborgen werden, ist höchst reizvoll gemalt.
Von dem malerischen Feingefühl des Meisters zeugt auch die Art, wie er eine
Wolke teilweise die Sonne verdecken läßt. Sehr tüchtig ist die Gewandbehandlung
bei der hl. Jungfrau; höchst reizvoll auch der kleine Putto mit der grünen Schärpe
links, der sich in dem Spiegel betrachtet. Von den beiden krönenden Engeln ist
der linke in goldgelb, der andere in rosa gekleidet.
Großzügig wirkt die im übrigen wegen der allzu hohen Aufhängung schlecht zu
würdigende „Concepcion" in S. Gil zu Sevilla. Maria in rotem Gewand und blauem
66
 
Annotationen