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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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London1), eine weitere auf dem Bildnis des Astronomen Niklaus Kratzer (1528).
Und hier nun läßt die auf dem Blatt Papier links unten sichtbare Beischrift von
Holbeins Hand, lassen die auf den verschiedenen astronomischen Geräten verteilten
Ziffern keinen Zweifel mehr darüber aufkommen, daß Holbein selbst, und nicht
etwa Sebastian Münster oder gar der Holzschneider, es war, welcher sowohl für
die eben betrachteten als die beiden nachfolgenden Horologien als auch für das
„Instrument beider Lichter" Schrift und Ziffern nach Münsters Angaben verkehrt
auf den Holzstock zeichnete.
3. Ein „Horologium murale". Die Sonnenuhr ist an der Mauer eines Hauses
angebracht, das mit Schwalbenschwanzzinnen, wie sie Holbein des öfteren an-
wendet, bekrönt und von einer ziegelbedeckten Flachkuppel überwölbt ist. Es
scheint nicht ausgeschlossen, daß die vorgeschriebene Bezeichnung „meridiem
aspiciens" (= nach Mittag, Süden schauend) den Künstler veranlaßt hat, hier diese
im Norden unbekannten geschweiften Zinnen, die er, wie auch die Kuppel, in
Italien hatte sehen können, am Dache anzubringen.
4. Ein „Concavum". Eine Sonnenuhr in einem konkaven, runden Büchslein,
von der gleichen Hand gezeichnet, doch offenbar von einem schlechteren Holz-
schneider geschnitten.
Außer diesen Illustrationen enthält das Buch noch eine Reihe einfacher
Sonnenuhr-Entwürfe, deren einige durch die überaus gewandte Zeichnung des
als Mittelpunkt dienenden Sonnengesichts zur Genüge die holbeinische Urheber-
schaft erkennen lassen.
Das letzte Kapitel der „Compositio Horologiorum" trägt die Überschrift: „Kurze
Erklärung der größeren Figur, welche diesem Buche beigefügt ist"2), und beginnt
mit den Worten: „Wir fanden gut, diesem unserem letzten Werke eine große und
schöne Abbildung einer Mauersonnenuhr beizufügen" 3).
Also ein schöner, großer Holzschnitt einer Mauersonnenuhr als Beilage
zu dem Buche und doch jedenfalls von Holbein gezeichnet, weil er schon die
kleineren Bilder für das Buch liefern mußte. Indessen, in allen uns vorgelegenen
Ausgaben des Jahres 1531, sowie in den uns vorgelegenen Exemplaren der stark
erweiterten Neuausgabe der „Compositio Horologiorum", der „Horologographia" des
Jahres 1533 (August; Basel, Heinrich Petri) fehlte dieses größere Sonnenuhrblatt
völlig. Und doch mußte es einst beigelegen haben, denn in dem angeführten Schluß-
kapitel, das auch in der Ausgabe von 1533 wiederkehrt, geht Sebastian Münster
sodann auf die Darstellung im Einzelnen ein, erklärt die Stundenangaben und fährt
dann fort: „Wir haben auch rings um die Mitte des Zeigers einen Kreis angebracht,
welcher die Sonntagsbuchstaben vom laufenden Jahre 1531 bis zum Jahre 1558
umfaßt . .. Im Jahre 1531 ist a der Sonntagsbuchstabe ... Es ist aber a in jenem
Kreise der erste Buchstabe, welcher neben dem Zeichen des Kreuzes seinen Platz hat"4).
Warum fehlt aber nun der Holzschnitt in allen diesen Ausgaben, soweit wir sie
einsehen konnten? Die Antwort gibt Sebastian Münster selbst, wenn er im Schluß-

(1) Abgebildet bei His, Dessins d'Ornements de Hans Holbein, Taf. XLIII, Nr. 4.

(2) „Explanatio succincta figurae maioris, quae libro huic est adiecta."

(3) „Placuit ultimo huic operi nostro adiicere muralis horologii effigiem quandam magnam & venustarn.“

(4) „Descripsimus in ea quadruplices horas cum numeris suis, aequales & inaequales, Bohemicas
& Italicas .... Ordinavimus & circa centrum stili circulum, qui complectitur literas dominicales ab
anno Christi MDXXXI currente usque ad annum MDLVIII . ... Anno Christi MDXXXI litera
dominicalis est a... Est autem a in illo circulo prima littera, iuxta crucis signum suum habens
locum.“

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