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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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bald einen andern Vogel, für welchen die Naturgeschichte noch keinen Geschlechts-
namen erfunden hat — bald einen Menschen, wie hier der bärtige Jude. Nun
kommt ein Pfau (es ist pavo cristatus Linn.), welcher sich stolz auf diesen Ästen
wiegt, ihm folgt eine Eule (dies scheint eine neue Spezies zu sein), und endlich
ein altes Mütterchen, welches der aufgehobene Arm zur Wahrsagerin des Glückes
des neuen Jahres macht, verkündet uns den Drucker des Kalenders. Ich habe es,
wenn ich nicht irre, schon eben so alt einmal in einem Werkchen des berühmten
Buchdruckers zu Speier, Peter Drach angetroffen. Übrigens ist es der Druck selbst,
der Charakter und Form der Typen, welcher uns diesen Drucker am deutlichsten
verrät."
„Der Kalender selbst hebt mit den Worten an: In de, name des herre Eyn
verkudug der alten wysen vnd wolgelerte herfarnen meyster der hochgelobten
Kunst Astronomia: die vnß offeborh etlich heimlicheyt der edeln kust .
Davon wirt hye ein wenig geseyt In der gemeyn von dem wetter vß der natuer
vnd eygenschafft der vor gemelten constellatz vff dyß Jar Als man schribet noch
Christus gebürt .M. cccc. Ixxxiij. Jar. usw."
„Jetzt folgen Witterungsanzeigen in wenigen Worten und Erklärungen der im
Kalender selbst vorkommenden Buchstaben. Am Anfänge und Ende oder vorn und
hinten sind die Zahlen der Tage angegeben, dann folgen die Namen der Monate,
hintereinander; nach den Tagen findet man mit den Buchstaben drft die Witterung
bemerkt. „Daz d bedut drocken. r bedut rege, f bedut fuchtikeyt. t bedut tem-
perirt."
Schließlich gibt Fischer noch eine Probe von der Anordnung des ganzen Kalen-
ders, die ich hier weglasse.
In der 6. Lieferung (Nürnberg 1804) S. 35 erfahren wir, daß Fischer diesen von
ihm aufgefundenen „Almanach vom Jahre 1483 (zu Speier von Peter Drach
gedruckt)" nicht mehr besitzt. Fischer bemerkt: „Er ist, glaube ich, durch Herrn
Payne nach England in eine Privatsammlung gekommen." Wir können zwar nicht
mit Sicherheit sagen, aber wohl vermuten, welches diese Privatsammlung gewesen
ist: die des Lord Spencer. Denn in der „Vorerinnerung" zu der 4. Lieferung seiner
„Beschreibung" (Nürnberg 1803) äußert sich Fischer folgendermaßen: „Unter allen
Beförderern wissenschaftlicher Kenntnisse hat vielleicht keiner mit so großer Auf-
opferung Druckdenkmale zu sammeln gesucht und wirklich zusammengebracht, als
der berühmte Lord Spencer in London. Vor dem Kriege reiste Herr Payne
auf seine Kosten, um für seine schöne Bibliothek die Reihe der Druckdenkmale des
XV. Jahrhunderts zu vervollständigen."
Ist nun dieser Almanach wirklich damals mit in die Bibliothek des Lord Spencer
gekommen, so muß er sich noch jetzt in Althorp oder in London befinden.
Unter dieser Voraussetzung habe ich fast alles, was Gotthelf Fischer, der frühere
Besitzer, darüber sagt, hier mitgeteilt, in der Hoffnung, daß es den englischen
Forschern gelingen wird, den Almanach wieder ans Licht zu ziehen und in einer
getreuen Reproduktion, worauf sich ja unsere englischen Fachgenossen besonders
gut verstehen, auch der deutschen Forschung zugänglich zu machen. Denn er
scheint mir von der allergrößten Bedeutung zu sein für die Weiterentwicklung der
in dem vorliegenden Aufsätze angeschnittenen Fragen. Ich entnehme Fischers
Beschreibung, obwohl sie in diesem Punkte nicht ganz deutlich ist, daß der Alma-
nach nicht bloß durch die Typen, sondern durch einen besondern Hinweis als Er-
zeugnis Peter Drachs beglaubigt ist, und denke dabei an die Worte: „ein altes
Mütterchen, welches der aufgehobene Arm zur Wahrsagerin des Glücks des neuen

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