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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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Ich gehe nun auf einzelne Punkte näher ein. Da ist zunächst die Nummerierung der Darstellungen.
Man vergleiche hierzu mein Verzeichnis der sämtlichen Holzschnitte des Originals. Bei den letzten
27 Nummern ist vom Herausgeber (Hans Naumann?) mit einer Nachlässigkeit verfahren worden, die
nicht scharf genug gerügt werden kann. Bis 230 ist so ziemlich alles in Ordnung, aber von da
springt die Nummerierung plötzlich auf 240 über. Der Benützer denkt natürlich, die Holzschnitte
231—239 sind ausgefallen, weil sie wahrscheinlich vorher schon einmal vorgekommen sind. Nicht
im geringsten! Denn Nr. 240 — 231, 256 = 247 des Verzeichnisses. Dann folgt auf 256, ohne daß
man weiß weshalb, 258 (— 248 des Verzeichnisses). Man muß also bei Nr. 240 —256 immer 9, bei
Nr. 258—266 immer 10 abziehen, um die richtige Nummer zu erhalten. Die letzte Nr., 267, ist 269
und 116 des Verzeichnisses. Wer, außer dem Eingeweihten, soll sich in dieser Nummerierung zurecht
finden? Und wie ist es möglich, nach einer so liederlichen Ausgabe die letzten 27 Holzschnitte zu
zitieren? — Der Gekreuzigte mit Maria und Johannes, Nr. 267, hat selbstverständlich am Schluß nichts
zu suchen, er hätte die Nr. 116 bekommen müssen, und dem Holzschnitt, der in der Nachbildung
diese Nr. hat, gebührt die Nr. 122, die ganz ausgelassen ist. Ebenso waren Nr. 86 und 90, die im
Original aus Versehen vertauscht sind, in der Nachbildung an der richtigen Stelle einzusetzen, was
nicht geschehen ist. Ich verweise hierzu auf die Ausführungen in meiner Abhandlung.
Nun die Nachbildungen selbst. Wir sind ja mit Recht verwöhnt durch die Holzschnitt-Reproduktionen,
die z. B. die Internationale Chalkographische Gesellschaft und ihre Nachfolgerin, die Graphische Gesell-
schaft, die Reichsdruckerei in Berlin und die Hof- und Staatsdruckerei in Wien veröffentlicht haben.
Aber auch wenn man an die vorliegende Heitzsche Ausgabe nicht denselben Maßstab anlegt, wie an
jene, muß man sagen, daß sie sogar bei den viel geringeren Mitteln, die aufgewandt worden sind,
viel besser sein könnte, als sie in Wirklichkeit ist. Die Sorgfalt, die bei solchen Unternehmungen
von Anfang bis zu Ende unerläßlich ist, hat leider vielfach gemangelt. Hier die Beweise.
Es ist doch eigentlich selbstverständlich, daß man, wenn man eine derartige Ausgabe veranstaltet, nur
das beste Exemplar als Vorlage benützt. Nun gibt es aber kein einziges Exemplar des Drachschen
Heilsspiegels, dessen Holzschnitte alle miteinander zur Nachbildung geeignet wären. Eine getreue und
tadellose Nachbildung sämtlicher Holzschnitte läßt sich nur durch eine Kombination der drei besten
Exemplare des Buches erreichen. Wo diese sich befinden, habe ich Herrn Heitz 1907 mitgeteilt.
Trotzdem hat er, wie sich nachweisen läßt, nur ein einziges Exemplar benutzt. Es wird nirgends im
Text gesagt, welches dies ist, aber da ich mir genaue Notizen über den Erhaltungszustand eines
jeden Holzschnitts in jenen 3 besten Drucken gemacht habe, kann ich feststellen, daß das Exemplar
der Münchener Hof- und Staatsbibliothek zur Vorlage gedient hat.
In diesem Exemplar hat einer der frühesten Benutzer seiner Freude an roter Tinte überall Ausdruck
verliehen. Er hat dabei auch die Holzschnitte nicht verschont und mit Vorliebe vielfach den Mund
durch einen zinnoberroten Strich hervorgehoben. In diesem Falle ist in der Heitzschen Ausgabe
natürlich nicht die (nicht mehr sichtbare) schwarze Linie des Holzschnitts, sondern der darauf gesetzte
rote Federstrich nachgebildet worden, der meistens die ursprüngliche Form des Mundes arg entstellt
hat. Dies gilt von folgenden Nummern: 21, 22, 23, 37, 38, 39, 40, 63, 67, 68, 72, 74, 76, 80, 85,
106, 113, 154, 156, 159, 163, 165, 167, 190. Auch die Blutstropfen auf Christi Körper Nr. 98 sind
erst später mit roter Tinte gemacht. Und die Zungen der Löwen auf Nr. 136, die weiß sein müssen,
sind in der Nachbildung schwarz, weil sie im Münchener Exemplar rot angemalt sind.
Mit nachgebildet sind ferner alle zufälligen Beschädigungen durch Wurmfraß, wodurch bisweilen
Einzelheiten, z. B. die Füße, in der Form ganz unverständlich geworden sind. Ich nenne hier die
Nummern 2, 3, 4, 5, 9, 12, 13, 15, 17, 27, 28, 30.
Das alles möchte noch gehen. Nicht entschuldbar aber sind Verkürzungen von Teilen der Vorlage
infolge mangelnder Sorgfalt bei der photographischen Aufnahme. Es handelt sich um Holzschnitte,
die sich im Original auf der Rückseite eines Blattes in der 2. Kolumne nahe dem inneren Rande be-
finden. Bei der Aufnahme hat der untere Teil des quergestellten Blattes nicht senkrecht, sondern
gekrümmt dem Objektiv gegenübergestanden, so daß auf dem Negativ die rechte Hälfte der Dar-
stellung (als Teil eines Zylindermantels) mehr oder weniger zusammengezogen, verkürzt erschienen
ist. Die Nachbildungen, die auf diese Weise zustande gekommen sind, sind der Mehrzahl nach als
gröbliche Entstellungen der Originale zu bezeichnen und deshalb unbrauchbar. Es sind folgende:
48, 83, 106, 107, 149, 153, 154, 167, 170, 176, 179, 183, 187, 191, 198, 202, 225, 226, 244, 246, 258,
260, 263.

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