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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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EINE GRUPPE ILLUSTRIERTER ARMENI-
SCHER EVANGELIENBÜCHER DES XVII.
und XVIII. JAHRHUNDERTS IN JERUSALEM
Mit dreiundzwanzig Abbildungen auf fünf Tafeln Von ANTON BAUMSTARK

Ein, wie sich immer mehr zeigen wird, hervorragend wichtiger Zweig christlich-
orientalischen Kunstschaffens ist an der armenischen Buchmalerei, speziell am
Buchschmuck armenischer Evangelienhandschriften noch verhältnismäßig sehr un-
zulänglich bekannt. Nur drei, allerdings durch ihr Alter sich auszeichnende, ein-
schlägige Monumente sind bislang der kunstwissenschaftlichen Forschung in zu-
reichender Publikation erschlossen worden, und gerade diese sind an figürlichem
Schmucke auffallend arm. Im Gegensatz zu den beigebundenen altsyrischen Minia-
turenblättern weist das durch Strzygowski1) jetzt schon vor zwei Jahrzehnten be-
kannt gemachte Evangelienbuch vom Jahre 989 zu Etschmiadzin selbst neben
reicherer Ornamentik nur die zwei bildlichen Darstellungen des Ganges der Frauen
zum Grabe und der Magieranbetung auf. Das fast genau ein Jahrhundert ältere
Evangelienbuch der Königin Mlke, ein im Kloster Waran bei Wan hergestelltes
Denkmal großarmenischer Kunst, dessen Publikation wir der Bibliotheksverwaltung
der Mechitharisten von San Lazzaro bei Venedig verdanken2), enthält außer den
vier Evangelistenbildern eine Miniatur der Himmelfahrt. Sogar nur noch drei
Evangelistenbilder sind endlich neben der Fülle sie auszeichnenden ornamentalen
Stoffes in der zu Drasark in Kleinarmenien im Jahre 1113 nach einer Vorlage von
893 gefertigten armenischen Evangelienhandschrift Ma XIII 1 der Universitäts-
bibliothek in Tübingen erhalten geblieben, mit deren Bearbeitung Strzygowski3)
neuerdings zum Gebiete der armenischen Kunst zurückgekehrt ist.
Ein an Bildlichem unvergleichlich reicheres Material habe ich in der armenischen
Jakobuskathedrale zu Jerusalem und dem armenischen Kloster bei der Geburtskirche
in Bethlehem durchgearbeitet und in einem „vorläufigen Bericht" über meine in
Palästina gemachten Studien4) sowie bei Besprechung der Strzygowskischen Publi-
kation der Tübinger Handschrift in den Spalten der „Monatshefte"5) kurz signalisiert.
Zugegeben muß nun freilich werden, daß dieses Material auch ein entschieden
recht viel jüngeres ist. Das älteste Stück gehört nämlich bereits der zweiten
Hälfte des XIII. und die Masse der Handschriften sogar erst der Zeit nach Mitte
des XVII. Jahrhunderts an. Doch verschlägt diese Altersfrage wenig. Denn nach-
weislich haben sich auf dem armenischen Boden sehr alte Formen des Evan-
gelienbuchschmucks bis in eine überraschend späte Zeit erhalten. Ich verweise
auf ein im Jahre 1691 geschriebenes Vierevangelienbuch in der Bibliothek der

(1) Byzantinische Denkmäler I. Das Etschmiadzin-Evangeliar. Beiträge zur Geschichte der armenischen,
ravennatischen und syro-ägyptischen Kunst. Wien 1891.

(2) Vgl. über dieselbe Strzygowski in der Byzantin. Zeitschrift XIV.

(3) Kleinarmenische Miniaturmalerei. Die Miniaturen des Tübinger Evangeliars MA XIII 1 vom
Jahre 1113 bzw. 893 n. Chr. (= K. Universitätsbibliothek zu Tübingen. Veröffentlichungen I. Atlas
zum Katalog der armenischen Handschriften. Tübingen 1907. S. 17—43.)

(4) „Palaestinensia. Ein vorläufiger Bericht" in der Röm. Quartalschrift für christl. Altertumskunde
und für Kirchengeschichte XX (1906) S. 123—149. x57 —188. Über die armenischen Handschriften
speziell S. 180—185.

(5) I (1908) S. 223—227.
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Monatshefte für Kunstwissenschaft, IV. Jahrg. 19x1, Heft 6.
 
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