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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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des Formschneiders Jakob Faber. Die Cloelialeiste ist auch erst spät, vom Jahr 1564
bekannt, die mit Tullia war bei Froben im Oktober 1521 in des Erasmus Apologiae
omnes verwendet worden, die Coriolanus-Leiste allein erschien frühzeitig bei Froben
im August 151g-1)
Solange ich nur die zwei anderen Leisten kannte, nahm ich für sie Sommer 1519
als Entstehungszeit an, die neue Virginia-Komposition rückt aber die Datierung der
vermutlich gleichzeitig gezeichneten und geschnittenen drei Holbeinschen Stücke
nach vorn. Wenn auch bei den zwei anderen eine nicht gar ferne Verwandtschaft
zu Metallschnitten, die erst im Jahre 1520 auftauchen, etwa zu dem Titel mit
Hektor und Caesar oder zu der Seitenleiste mit dem armen und wieder verarmten
Jüngling besteht, so zeigt die Virginia-Leiste doch die größere grundsätzliche Über-
einstimmung mit den frühesten Holzschnittiteln des Mucius Scävola und der Ent-
hauptung Johannis, die im Oktober 1516 und März 1517 erschienen und als Arbeiten
Holbeins bekanntlich vollkommen gesichert sind.2) Die zu großen Köpfe, die meist
viel zu kurzen Körper, das wenig geschmeidige Bewegen und das übertriebene
Vorrücken der Figuren, die mit ihren Sohlen auf der unteren Einfassungslinie laufen,
zeigen das deutlich. Auch ein gewisses Hinneigen zu verzettelter Anordnung, das
auch den frühen Innenmalereien des Hertensteinhauses ebenso eigen war, charak-
terisiert die große Jugendlichkeit des Zeichners, aber gegenüber den genannten
zwei Holzschnittiteln finde ich in den drei Leisten hier schon mehr Gruppierung
als bloße Reihung und die ganze Darstellung ist vielleicht temperamentvoller.
Damit scheinen sich die Leisten als Basler Arbeiten Holbeins nicht lange vor seiner
Wanderung nach Luzern zu erweisen, sind vielleicht Fragmente eines eben durch
diese Reise unterbrochenen größeren Auftrages, etwa für eine beabsichtigte Livius-
Ausgabe. Dann könnte man weiter vermuten, daß nach einem mißglückten Ver-
such des Formschneiders Faber, mit seiner „Tullia“-Leiste in die Lücke zu treten,
der ganze Plan aufgegeben worden sei und die fertigen Leisten deshalb unverwendet
liegen blieben.
Echt Holbeinisch ist die rechts in der Virginia-Komposition in die Bildtiefe ge-
richtete Gruppe nebeneinander sitzender und sich beratend zueinander kehrender
Männer, zeitlebens eine von seinen geliebtesten Bildvorstellungen; schon in der
Federzeichnung der von der Kanzel steigenden Narrheit war sie angeklungen, in
der Leaina-Gruppe der Hertensteinfassade und den frühen Basler Rathausfresken
lebt sie bald intensiver wieder auf. Schon durch dieses Leitmotiv gewänne die
kleine Zierleiste Wert über manche andere Arbeit, zugleich ist sie als früheste
Vorzeichnung Holbeins, die von Jacob Faber in Metallschnitt ausgeführt wurde,
von prinzipieller Bedeutung. Während der früheste sichere Metallschnitt Fabers
in Basel überhaupt (nicht nach Holbein) erst vom Juni 1518 bekannt war, scheint
jetzt schon eine Schnittleistung für Holbein mindestens vom Frühjahr 1517 be-
glaubigt.
4. Eine horizontale Zierleiste, worin zwei flügelarmige Männchen, die in ge-
schuppte Fischleiber übergehen, einander zugekehrt liegen, zwischen sich einen
Pokal halten und nach außen in körnergefüllte Blattkelche enden, — 0,132 m breit
und 0,012 m hoch, nur unten ein Doppelstrich als Einfassung, horizontal schraffierter

(1) Beiheft des Jahrbuches 1907 Nr. 45; Monatshefte 1910, S. 220.

(2) Abb. Heitz und Bernoulli, Basler Büchermarken Nr. 30 und Butsch, Bücherornamentik Taf. 45. —
Die Basler Büchermarken zitiere ich nach den bei Heitz und Bernoulli und in meinen Beiträgen in der
Zeitschrift für Bücherfreunde (Jahrg. XII) durchlaufenden Nummern.

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