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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 9.1916

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Bombe, Walter: Die Bornholmer Festungskirchen und ihr Freskenschmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.69938#0110
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Sockel und Gesims aus unbehauenem Granit trägt die Decke. Im übrigen ist die
bauliche Konstruktion dieselbe wie bei den anderen Rundkirchen Bornholms.
Wie weit auch die übrigen alten Bornholmer Kirchen, die nicht Rundbauten
sind, zu Verteidigungszwecken gedient haben, läßt sich nicht mehr feststellen.
Von einer, der Aakirkeby-Kirche, früher S. Johannis-Kirche, ist es sehr wahr-
scheinlich. Die heute etwa 1200 Einwohner zählende kleine Stadt Aakirkeby liegt
im Süden der Insel an der Eisenbahnlinie Rönne-Nexö. Zur Zeit der Erzbischöfe
von Lund die wichtigste Stadt auf Bornholm und der Sitz des geistlichen Regi-
ments, hat Aakirkeby seit dem Aufblühen der Küstenstädte mehr und mehr an
Bedeutung verloren. Nur der stolze Kirchenbau zeugt von einstiger Größe. Noch
heute führt die Stadt den Evangelisten Johannes, dem die Kirche früher geweiht
war, mit seinem Attribut, dem Adler, im Wappen. Der interessanteste Teil
der Anlage dieser dreischiffigen Kirche ist der vierstöckige Turm. Im untersten
Stockwerk des Turmes stehen vier niedrige Pfeiler im Viereck, mit Rundbogen
und drei Tonnengewölben in Richtung West-Ost. Die westliche Tür wurde später
durch die Mauer gebrochen. Zwei moderne Holztreppen, von denen die südliche
vermauert ist, führten zum zweiten Geschoß. Hier haben die beiden westlichen
Pfeiler Bogen und zwei Tonnenwölbungen in Richtung West-Ost. Von den beiden
östlichen mit Bogen nach Nord-Süd spannt sich ein Tonnengewölbe zur östlichen
Mauer. Im dritten Geschoß haben wir dieselbe Ordnung, nur daß hier die beiden
östlichen Pfeiler durch eine Mauer mit Türöffnung in der Mitte abgelöst sind.
Letztere konnte verrammelt und dadurch der Zugang zum obersten Stockwerk ver-
sperrt werden. In der westlichen Abteilung ist der Fußboden höher als in dem
Raume, der nach der Kirche zu liegt. Hier ist auch der Eingang zu dem Boden-
raum über dem Langhaus. Das vierte Geschoß ist Träger des geteilten, zwei-
giebeligen Daches und besaß früher zwei Pfeiler, deren Reste noch erkennbar sind.
An ihrer Stelle sind jetzt die Glocken aufgehängt. Die Mauern haben oben einen
Absatz und an jeder Seite zwei kleine, früher zugemauerte Fenster, ehemals Schieß-
scharten. Von hier bietet sich eine weite Aussicht nach dem Meere im Süden
und nach dem Staatswalde Almindingen im Norden. Das Baumaterial ist Zement-
stein mit Granit dazwischen. Sandstein ist nur an der Chorrundung und den
Bogengesimsen verwandt.
Von interessanten Einzelheiten im Inneren ist das Altarbild von Anton Laurids
Dorph (geb. 1831), den segnenden Christus darstellend, und die mit Schnitzwerk
reich verzierte hölzerne Kanzel von 1623 zu nennen (s. Abb. 6), vor allem aber
das aus Gotländer Sandstein gemeißelte uralte Taufbecken Der Fuß des
Beckens ist mit vier Löwen oder Schlangen mit Löwen- und Widderköpfen ge-
schmückt. Die Ornamentik ist in dem Stile der letzten Jahre des 13. Jahrhunderts
gehalten. Der obere Teil, der eigentliche Körper des Taufsteins, stellt auf elf
durch je eine Säule von verschiedener Form abgeteilten Feldern die Hauptmomente
der Lebens- und Leidensgeschichte Christi dar. Über jeder dieser Abteilungen
sind drei zusammengefügte Bogen angebracht, in welche die Erklärung zu den
einzelnen bildlichen Darstellungen in Runenzeichen eingeritzt ist. Die einzelnen
Felder stellen dar: I. Die Verkündigung, II. Marias Besuch bei Elisabeth, III. Die
Geburt Christi, IV. und V. stehen in Verbindung miteinander; sie zeigen die Heiligen
drei Könige mit Reichsäpfeln in den Händen. VI., VII. und VIII. gehören wieder
hinsichtlich der Darstellung zusammen. Die Heiligen drei Könige sind hier zu Pferde
mit Palmen in den Händen abgebildet. IX. zeigt Christus, der, an einen Pfahl ge-
bunden, von zwei Bütteln gegeißelt wird. X. Christus wird in Fesseln von zwei

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