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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Schaefer, Karl: Der Lübecker Maler Hans Kemmer: Ein Beitrag zur Geschichte der Cranach-Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0013

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Sonderheit angesprochen werden muß, sind Tracht und Schmuck und Anordnung
von Cranachischer Art, wenn auch hier im Bildnis naturgemäß das Vorbild, die
Wirklichkeit, stärker mitspricht als die Schulgewohnheit des Malers. Das Zeichen
des Künstlers HK so verbunden, daß der zweite Grundstrich des H zugleich den
des K bildet, sieht man an dem unteren dunkelen Rande des Gemäldes. Der hell-
grüne, dekorative Hintergrund des Bildes und das Motiv der übereinandergelegten
Hände sind Cranachische Gewohnheit. Übrigens ergänzt das saftige dunkle Blau-
grün des Gewandes und das Rot des Schulterkragens den Farbeneindruck des Ge-
mäldes. Die Veranlassung, das Bildnis für Leipzig zu erwerben, war die Annahme,
es handle sich um ein Werk des Leipziger Malers Hans Krell. Daß dessen Name
durch den des Lübecker Cranachschülers Hans Kemmer zu ersetzen sei, davon hat
man sich in Leipzig auf Anregung Kurzwellys überzeugt und die Bezeichnung des
Gemäldes richtig gestellt (Abb. 5).
Wer die mit goldener Halskette und reichem Gürtel, mit Fingerringen und Hals-
schmuck als stolze Patrizierin gekennzeichnete Frau gewesen ist, deren Bildnis
Kemmer 1534 malte, läßt sich nicht mehr feststellen, da Wappen oder Inschrift
nicht vorhanden sind. So bleibt es vorläufig nicht ganz ausgeschlossen, daß Hans
Kemmer um diese Zeit außerhalb Lübecks gemalt habe. Das gilt auch von dem
schönen, klar und ruhig aufgebauten Gemälde, das im alten braunschweigischen
Besitz des Weifenmuseums in der Galerie des Provinzialmuseums zu Hannover
sich befindet: Ein Stifterpaar in Verehrung des Salvator mundi, der segnend
zwischen den beiden Knieenden steht. An der überschlanken Gestalt des Christus
mit den abfallenden Schultern und an dem Typus des Gesichts erkennt man leicht
die Cranachische Art. Für die Bildung der malerisch gut gelungenen gläsernen
Weltkugel hatte der Künstler, wenn es dessen bedurfte, ein Vorbild in dem Flügel-
bild des Antoniusaltars im Lübecker Museum, das jener Hans von Köln 1522 ge-
malt hat. Überraschend lebensvoll und stark ist das Bildnis des Mannes geraten:
ein Lutherkopf von energischer Durcharbeitung, eindringlich klarem, gütigen Auge
und fein gezeichnetem Munde. Die Frau erscheint schon durch ihre Kleidung,
aber auch in den Gesichtszügen wie eine ältere Schwester der Leipziger Dame;
der müde, unfrohe Ausdruck, der den Bildnissen der schnell gealterten Frauen
dieser Zeit so oft eigen ist, und die wenig kleidsame, bis tief auf die Augenbrauen
herabgezogene Haube, die das ganze Haar verhüllt, lassen sie ebensowenig an-
ziehend erscheinen, wie jene. Die Zeichnung der Hände, der betend gefalteten der
Stifter, wie der segnenden Christi ist sehr tüchtig. Eine einfache Landschaft, die
mit zackigen Bergfelsen endet, schaut in zwei kleinen Ausschnitten am Horizont
über die Figuren herein, die im übrigen den Rahmen möglichst ausfüllen. Am
Schemel, den die Frau unter ihre Knie geschoben hat, steht Hans Kemmers Mono-
gramm und die Jahreszahl 1537. Leider suchen wir auch hier die sonst bei einer
Votivtafel selten fehlenden Erkennungszeichen von Wappen und Inschrift vergebens ').
Zu diesen drei bezeichneten Arbeiten Kemmers aus den 30er Jahren gesellt sich
als vierte ein kürzlich erst im Berliner Handel aufgetauchtes Bildnis, das mit
Kemmers Signatur und der Jahreszahl 1534 versehen ist. Es ist ein Mann in
schwarzem, großmustrigem Sammetwams mit Pelz ohne weitere Abzeichen von
Stand und Würde. Eine Zitrone in der rechten, ein reich gearbeiteter schwerer
Ring am Zeigefinger der Linken, die Haare nach der Mode der Zeit in die Stirn
gekämmt und gerade geschnitten. Die absichtliche Sorgfalt in Kleidung, Haar
(1) Ich verdanke den Hinweis auf dieses Gemälde der Freundlichkeit W. Josephis.

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