ihm anzuvertrauen. Man müßte sie also einpacken und in Rom lassen. Aber
auch dieser Weg hat seine Nachteile. Ich würde dankbar sein, diesbezügliche
Anweisungen zu erhalten."
Wenige Tage vorher, am 23. Juni, war in Bologna der Waffenstillstandsvertrag
zwischen Frankreich und dem Papst abgeschlossen worden, der einen für die
Kunstschätze Roms sehr verhängnisvollen Paragraphen enthielt:
Art. 8.
Der Papst wird der Französischen Republik hundert Gemälde, Büsten, Vasen
oder Statuen ausliefern, nach Auswahl der Commissäre, die nach Rom gesandt
werden. Unter diesen Gegenständen werden sich vor allem die Bronzebüste des
Junius Brutus und die Marmorbüste des Marcus Brutus vom Capitol befinden und
außerdem noch 500 Manuscripte nach Auswahl genannter Commissäre.1)
Am 19. Februar 1797 im Friedensvertrag von Tolentino wurde der Artikel 8
des Vertrages von Bologna bestätigt, und damit hatte der Raub in Rom sozu-
sagen seine rechtliche Grundlage erhalten 2).
Wenn auch Bonaparte die Kunst nur als Machtmittel benutzte und zu Kunst-
werken nicht das mindeste Verhältnis besaß8), so ließ er sich doch die Beraubung
Italiens persönlich sehr angelegen sein. Immer wieder finden sich in seinen Be-
richten nach Paris Bemerkungen über die verhängnisvolle Tätigkeit seiner Ab-
gesandten. „Die Commission der Gelehrten," schrieb er am 19. Februar 1797 aus
dem Hauptquartier bei Tolentino4), „hat in Ravenna, Rimini, Pesaro, Ancona, Lo-
retto und Perugia eine gute Ernte gemacht. Alles wird sofort nach Paris gesandt
werden." „Berthollet und Appiani," heißt es aus Mombello am 21. Mai5), „sind
in Verona und Venedig, wo sie die verschiedensten Kunstobjekte sammeln." Und
noch im Herbst desselben Jahres 1797 konnte er dem Direktorium melden, daß
die Tätigkeit der Kunstkommissare beendet sei6). Charakteristisch für die Art,
wie Bonaparte die dunkelsten Taten mit einer Glorie von Unschuld und Herrlich-
keit zu umgeben verstand, ist das Lob, das er bei dieser Gelegenheit den Kunst-
räubern Italiens erteilt: „Diese Männer, ausgezeichnet durch ihre Talente, haben
der Republik mit einem Eifer, einer Umsicht, einer Bescheidenheit und einer Un-
eigennützigkeit ohnegleichen gedient. Ausschließlich mit ihrer Mission beschäftigt,
haben sie sich die Achtung der ganzen Armee erworben. In Erfüllung ihrer
heiklen Mission haben sie aber auch Italien ein Beispiel jener Tugenden gegeben,
die fast immer das Talent begleiten."
(1) Correspondance de Napoleon, Bd. I, Nr. 676, S. 529.
(2) Ebendort, Bd. II, 446, Nr. 1511.
(3) Ruhig abwägende und darum sehr beachtenswerte Aufschlüsse über Bonapartes Verhältnis zur
Kunst gibt Chaptal, Mes souvenirs sur Napoleon, Paris 1893, S. 269—273. Ein vernichtendes Urteil
über Bonapartes Habsucht fällt einer seiner temperamentvollsten Generäle, Landrieux, Memoires de
l'adjutant-general Jean Landrieux ed. Leon Grasilier, Paris 1893, I, 20: II joignait dans l'ensemble
de son caractere et au supreme degre la hardiesse du mensonge le plus effronte avec l'avidite ex-
treme des richesses et du pouvoir etc. John Scott in seinem viel gelesenen Buch A visit to Paris in
1814, S. IX urteilt nicht minder scharf: He has patronised the arts which being interpreted means he
has plundered their seats. Which of his artists or savants joins sensibility with skill? They will
talk in raptures of an ancient statue of Brutus and then remove it from its ordained place, where it
has rested for ages. Siehe auch unten das Urteil von Sir Walter Scott.
(4) Correspondance II, 441, Nr. 1509.
(5) Correspondance III, 80, Nr. 1819.
(6) Das Schreiben ist ohne Datum abgedruckt bei Millin, Magazin encyclopedique. Paris 1797. III, 3,
S. 416.
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auch dieser Weg hat seine Nachteile. Ich würde dankbar sein, diesbezügliche
Anweisungen zu erhalten."
Wenige Tage vorher, am 23. Juni, war in Bologna der Waffenstillstandsvertrag
zwischen Frankreich und dem Papst abgeschlossen worden, der einen für die
Kunstschätze Roms sehr verhängnisvollen Paragraphen enthielt:
Art. 8.
Der Papst wird der Französischen Republik hundert Gemälde, Büsten, Vasen
oder Statuen ausliefern, nach Auswahl der Commissäre, die nach Rom gesandt
werden. Unter diesen Gegenständen werden sich vor allem die Bronzebüste des
Junius Brutus und die Marmorbüste des Marcus Brutus vom Capitol befinden und
außerdem noch 500 Manuscripte nach Auswahl genannter Commissäre.1)
Am 19. Februar 1797 im Friedensvertrag von Tolentino wurde der Artikel 8
des Vertrages von Bologna bestätigt, und damit hatte der Raub in Rom sozu-
sagen seine rechtliche Grundlage erhalten 2).
Wenn auch Bonaparte die Kunst nur als Machtmittel benutzte und zu Kunst-
werken nicht das mindeste Verhältnis besaß8), so ließ er sich doch die Beraubung
Italiens persönlich sehr angelegen sein. Immer wieder finden sich in seinen Be-
richten nach Paris Bemerkungen über die verhängnisvolle Tätigkeit seiner Ab-
gesandten. „Die Commission der Gelehrten," schrieb er am 19. Februar 1797 aus
dem Hauptquartier bei Tolentino4), „hat in Ravenna, Rimini, Pesaro, Ancona, Lo-
retto und Perugia eine gute Ernte gemacht. Alles wird sofort nach Paris gesandt
werden." „Berthollet und Appiani," heißt es aus Mombello am 21. Mai5), „sind
in Verona und Venedig, wo sie die verschiedensten Kunstobjekte sammeln." Und
noch im Herbst desselben Jahres 1797 konnte er dem Direktorium melden, daß
die Tätigkeit der Kunstkommissare beendet sei6). Charakteristisch für die Art,
wie Bonaparte die dunkelsten Taten mit einer Glorie von Unschuld und Herrlich-
keit zu umgeben verstand, ist das Lob, das er bei dieser Gelegenheit den Kunst-
räubern Italiens erteilt: „Diese Männer, ausgezeichnet durch ihre Talente, haben
der Republik mit einem Eifer, einer Umsicht, einer Bescheidenheit und einer Un-
eigennützigkeit ohnegleichen gedient. Ausschließlich mit ihrer Mission beschäftigt,
haben sie sich die Achtung der ganzen Armee erworben. In Erfüllung ihrer
heiklen Mission haben sie aber auch Italien ein Beispiel jener Tugenden gegeben,
die fast immer das Talent begleiten."
(1) Correspondance de Napoleon, Bd. I, Nr. 676, S. 529.
(2) Ebendort, Bd. II, 446, Nr. 1511.
(3) Ruhig abwägende und darum sehr beachtenswerte Aufschlüsse über Bonapartes Verhältnis zur
Kunst gibt Chaptal, Mes souvenirs sur Napoleon, Paris 1893, S. 269—273. Ein vernichtendes Urteil
über Bonapartes Habsucht fällt einer seiner temperamentvollsten Generäle, Landrieux, Memoires de
l'adjutant-general Jean Landrieux ed. Leon Grasilier, Paris 1893, I, 20: II joignait dans l'ensemble
de son caractere et au supreme degre la hardiesse du mensonge le plus effronte avec l'avidite ex-
treme des richesses et du pouvoir etc. John Scott in seinem viel gelesenen Buch A visit to Paris in
1814, S. IX urteilt nicht minder scharf: He has patronised the arts which being interpreted means he
has plundered their seats. Which of his artists or savants joins sensibility with skill? They will
talk in raptures of an ancient statue of Brutus and then remove it from its ordained place, where it
has rested for ages. Siehe auch unten das Urteil von Sir Walter Scott.
(4) Correspondance II, 441, Nr. 1509.
(5) Correspondance III, 80, Nr. 1819.
(6) Das Schreiben ist ohne Datum abgedruckt bei Millin, Magazin encyclopedique. Paris 1797. III, 3,
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