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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Steinmann, Ernst: Raffael im Musée Napoléon
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0033

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dieser Gelegenheit verursachte Beschädigungen zu, meint aber, das Bild sei ein im
wesentlichen noch gut erhaltenes Gemälde. Restauriert wurde die Madonna
dell'Impannata im Luxembourg von Lebrun und zwar so schlecht, daß er in den
Augen der Pariser seine Künstlerehre mit diesem mißglückten Versuch befleckte1).
Restauriert wurden nachweislich auch das Porträt Leos X.2) und vor allem der
Karton von Mailand, der halbzerstört in Paris angelangt war. Die Restauration des
Kartons war im Jahre 1802 durch Moreau und Bouillon vollendet3). „Künstler und
Kunstfreunde werden die Sorgfalt anerkennen, mit dem dieser Karton aus dem
schlechten Zustande befreit ist, in dem er hier anlangte", heißt es im Ausstellungs-
katalog von 1804, „und sie werden der Museumsverwaltung dankbar sein für ihre
pietätvollen Vorsichtsmaßregeln, der Nachwelt den ersten Entwurf der schönsten
Komposition des größten Malers der Erde zu erhalten4).
Die Nachwelt hat es ziemlich gleichmütig hingenommen.
Es ist heute nicht leicht über Wert und Unwert der damals in Paris ausgeführten
Restaurationsarbeiten ein gerechtes Urteil zu fällen, denn wir wissen nicht, in
welchem Zustande die Gemälde Italien verlassen haben. Daß die Franzosen an
Raffaels Meisterwerken wiederherzustellen versuchten, was sie mehr oder weniger
selbst zerstört hatten, gebot schon die Rücksicht auf das Publikum, dem man keine
Ruinen vorführen konnte. Daß die Arbeiten mit allmählich sich steigendem Verant-
wortungsgefühl, nicht ohne Vorsicht und Geschick ausgeführt wurden, wird man
zugeben müssen. Daß das Resultat der Absicht entsprochen hätte, daß auch nur
einigermaßen wieder gut gemacht worden wäre, was der Transport allein an den
Bildern zerstört hatte, wird niemand behaupten wollen. Schon im Jahre 1793
war in Paris über die Restauration von Bildern alter Meister ein mit großer
Leidenschaftlichkeit geführter Streit entbrannt5). Hacquin, dem später die Wieder-
herstellung von Raffaels Kirchengemälden zufallen sollte, wurde von einem seiner
Kollegen, Picault, beschuldigt, eine Reihe von alten Bildern — einst königliches
Eigentum, jetzt der Republik gehörig — durch seine Restaurationen arg beschädigt
zu haben. In der Vossischen Zeitung las man im Jahre 1798 einen Bericht aus
Paris datiert vom 19. März: „Die Aufseher des Museums waren heftig darüber an-
gegriffen worden, daß sie sich unterfingen, die Italienischen Kunstwerke renoviren
zu lassen. Nun will die Museumsleitung zwei Gemälde — eine Auferstehung von

(1) Die Notiz im Morgenblatt für gebildete Stände 1817, Nr. 143, S. 570, kann nur auf die Madonna
dell Impannata bezogen werden, weil der Luxembourg keinen anderen Raffael besaß: „Bonnemaison
der damals gerade die Spanischen Bilder wieder herstellte — ist in der glücklichen Herstellung
verdorbener Gemälde ein Schüler von Lebrun, dem verstorbenen Mann der berühmten Bildnismalerin,
der aber, wie man sagt, den Flecken auf seinem Künstlernamen hat, einst ein schönes Gemälde
Raphaels im Palast Luxembourg, das etwas gelitten hatte, durch seine Restauration ganz verdorben
zu haben."

(2) Passavant III, 332: „Gereinigt, teilweise auch verwaschen."

(3) 0n expose (l'an X) dans la galerie d'Apollon le precieux carton de l'ecole d'Athenes, rapporte de
Milan avec les chefs-d'oeuvre de peinture et que d'habiles artistes, Moreau jeune et Bouillon, viennent
de rendre ä la vie par une merveilleuse restauration. Vgl. Lemaitre, Le Louvre in den memoires de la
societe francaise de numismatique et d'archeologie. Paris 1878, S. 291. Lanzag de Laborie VIII, S. 255.

(4) Notice des dessins originaux etc. exposes au Musee Napoleon dans la Galerie d'Apollon. Paris
an XII de la republique (1804). Kotzebue blieb ziemlich kühl: die Skizze — die seltene Krone dieses
Kabinetts — hat nur einen geringen Eindruck auf mich gemacht, ungefähr so wie die skizzierten
Schauspiele in Lessings nachgelassenen Schriften. Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804, S. 223.

(5) Vgl. Revue universelle des arts IX (185g), S. 504—524. X (185g), S. 33—48. XVIII (1863),
S. 156—162.

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