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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 10.1917

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Singer, Hans Wolfgang: Der Vierfarbendruck in der Gefolgschaft Jacob Christoffel Le Blons
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https://doi.org/10.11588/diglit.73982#0191

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führliche Subskriptionsbedingungen für die zweite Auflage der „Anatomie" in
46 Tafeln.
Im Jahr 1759, sagt Gautier9), habe er endlich die Hydra, — Streit mit Leblon,
mit dessen Erben, mit den Linien-Kupferstechern und mit den Maler-Kopisten —
bezwungen, und die Ruhe erlaubt ihm, ein Supplement zu seiner Anatomie an-
zubieten. Er hat hierzu jahrelang über einer „Legion von Gegenständen", als Mo-
dellen, gearbeitet, bis er das Werk zustande brachte. Darüber war seine Gesund-
heit draufgegangen, so daß er Paris verlassen und die Heimatluft aufsuchen mußte,
um Kraft zu gewinnen, die neue Folge von Zeichnungen stechen und drucken zu
können.
Aus der Adresse auf der „Wachtstube" scheint hervorzugehen, daß J. Gautier
„et ses fils" sich im Jahr 1764 in Nizza befanden. Ein Brevet vom 18. Nov. 1764
aus Versailles gewährt J. Gautier eine königliche Pension von jährlich 600 livres
bis an sein Lebensende, wegen des „Cours d'Anatomie"3). Pensionnaire du Roy
heißt es übrigens schon 1749 auf dem Titel der „Chroagenesie".
Am 18. März 1767 wurde sein Farbendruck-Privileg auf anatomische und Pflanzen-
tafeln um sechs Jahre verlängert8). Jetzt wohnte er an der Place du Quai de
l'Ecole. Seine „Collection des plantes usuelles . . ." widmet er von dort aus
dem König.
Im Jahr 1779 stellte er, wie Bellier und Auvray mitteilen, das überhaupt einzige
Mal im Salon aus und zwar ein Bildnis der Königin Marie Antoinette, „esquisse
d'apres nature". Vielleicht verwechseln die Lexikographen ihn aber mit dem Sohn
Jean Fabien?
Nach Larousse und anderen ist er 1785 in Paris (oder Marseille) gestorben;
manche sagen, aus Verdruß darüber, daß ihn die Akademie von Dijon infolge von
Streitigkeiten aus ihrer Mitgliederliste strich.
Jacques Gautier war auch in London. Schon 1749 im Brief an Herrn Boze1)
berichtet er, er habe bei Herrn Mortimer in London die sogenannten Schenk-
Teylerschen Farbdrucke (er schreibt sie Lastmann zu) gesehen. Im VI. Band der
„Observations" (1755, i6e partie) auf S. 31 spricht er davon, wie man in London
wohl mehr verdiene, aber im Verhältnis noch mehr ausgeben müsse als in Paris.
Eine Presse habe ihn hier 200 livres, in London aber 20 Louis gekostet usw. Im
Jahr 1767 war er nochmals in England. Im „Annual Register" dieses Jahres (Bd. X,
p. 149) steht unterm 16. November10) „A coloured print of the French King, en-
graved on copper, was worked off, in his Majesty's presence by M. Gautier, assisted
by one of his sons. The work was compleated in six minutes, and the picture
came out finished with all its colours." Der nicht genannte Ort kann eigentlich
nur London gewesen sein, der König war Georg III., das Bildnis wahrscheinlich
der Henri IV. (Nr. 243) oder der Louis XV. (Nr. 244). Einen Farbendruck in sechs
Minuten herzustellen, war schon eine Leistung.
In der Nouvelle Biographie generale, Tome 19 (Paris 1857), werden alle natur-
wissenschaftlichen Theorien und Systeme Gautiers kurz erläutert, aber insgesamt
für lächerlich oder unhaltbar erklärt. Daß seine (und Goethes) Farbentheorie, im
Gegensatz zu Newtons, heute wieder begeisterte Fürsprecher hat, sei nicht ver-
schwiegen. Jedenfalls sind die Vielseitigkeit von Gautiers wissenschaftlichen Inter-
essen und der Eifer seiner Studien bemerkenswert.
Seine Leistungen im Farbendruck reichen kaum an die Leblons heran, — auch
wo dieser nicht „miniaturisiert" — geschweige denn, daß sie ihn schlagen. Wenn
das früher anders erschienen ist, so müssen sich seine Drucke mit der Zeit stark

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