innert uns lebhaft auf jene konventionelle Art der Behandlung, wie wir sie in Ost-
asien bis heute noch stets wiederfinden. Bezeichnend ist hierfür die typisierende
Abrundung der Brustmuskeln und der Schulterblätter. Am auffallendsten ist aber
die hieratische — trotz der Unbeholfenheit ganz charakteristische — Stellung der
Füße, mit den Sohlen nach aufwärts, ein Motiv, das sich sonst eben nur [in der
buddhistischen Kunst nachweisen läßt. Ein Zufall ist hier — bei der Mehrzahl
der Stücke aus gallischem Boden — ganz ausgeschlossen. Als Beispiel ziehe ich
ein Stück aus dem J. 129 der Gupta-Periode (448 n. Chr.) heran (Abb. 9)1), also
einem Stücke, das um nicht vieles später als die Statuette von Bouray entstanden
sein mag. Wir stehen hier also einem Falle gegenüber, wo eine höchst wahr-
scheinlich aus Asien importierte Buddha-Statuette — aus irgendeiner Ursache —
enthauptet und mit einem fremden römisch-provinzialen Kopfe versehen wurde,
der ganz offensichtlich nicht im Verhältnisse des buddhistischen Torso, vielleicht
sogar früher schon fertig war. Dieses Vorgehen stünde in spätantiker Zeit nicht
vereinzelt da: wir haben ja sogar historische Dokumente dafür, daß im J. 324, bei
Gründung von Neu-Rom, der Kopf einer aus Ilion hergeführten Helios-Statue ab-
gebrochen und mit dem Konstantinshaupte ersetzt wurde. Bei derselben Gelegen-
heit wurden auch die Arme einer aus Kyzikos geraubten uralten Kybele-Statue
gegen Himmel gedreht 2), und die sie addossierenden beiden Löwen wurden eben-
falls abgebrochen.
Der Weg, den diese weitverschlagenen Denkmäler des Buddhismus nach Europa
nahmen, konnte von zweierlei Arten sein. Es ist einmal der Wasserweg anzu-
nehmen, derselbe, den — Rohdes Untersuchungen über den griechischen Roman
folgend -— Irans Märchen nach Massilien einschlugen, oder über den die Syrier,
mit Umgehung Roms, das asiatische Christentum einführten. Der zwischen den
Jahren 70 und 75 n. Chr. geschriebene Periplous des erythräischen Meeres kennt
Indiens westliche Ufer aufs pünktlichste. Auch war dieser Seeweg im allgemeinen
schneller und sicherer geworden, seitdem Hippalos sich aufs offene Meer getraute
und mit Ausnützung der bekannten Monsun-Winde des Indischen Ozeans vom
Golf von Aden geradeaus nach Indien steuerte. Ist also die Möglichkeit des See-
weges auch im entferntesten nicht auszuschließen, so mehren sich doch von Tag
zu Tag jene Merkmale, die auf einen intensiven Gebrauch jenes Landweges deuten,
der über die Erde des heutigen Ungarns, sowie über die eurasiatische Steppen-
gegend bis zum Altai und bis zum nordwestlichen Indien führte und dem Aus-
tausche der Kulturgüter Vorschub leistete"). Der makedonische Großhändler Maes
Titianos sandte — dem zwischen den Jahren 140 bis 150 n. Chr. geschriebenen
Nachrichten des Marinus von Tyras (heute Akjerman in Südrußland) folgend —
seine Reisenden aus dem Stützpunkte von Samarkand ausgehend bis in die alte
Hauptstadt des chinesischen Reiches, Singanfu; wir kennen die Reihe von römi-
schen Münzen, die hier zum Vorschein kamen. Auch kennen wir die Folge von
römisch-kaiserlichen Goldstücken, die man an der Oxuslinie (dem heutigen Amu-
darja) fand. Wir wissen, daß an der Tricennalfeier des Kaisers Konstantinos vom
J. 335 „eine Abordnung brauner Indier teilnahm, die samt ihren fremdartigen Tieren
aufzogen"4). Wir wissen, daß in der Stupa Nr. 10 von Hidda bei Nägara (heute
Dsalalabäd) neben indischen Münzen auch Goldstücke der byzantinischen Kaiser
(1) Smith, History, Fig. 119.
(2) Zosym. II. 31.
(3) Hierzu vgl. jetzt: Strzygowski, Altai-Iran und Völkerwanderung, Leipzig 1,17.
(4) Eusebios, V. C. IV. 49.
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asien bis heute noch stets wiederfinden. Bezeichnend ist hierfür die typisierende
Abrundung der Brustmuskeln und der Schulterblätter. Am auffallendsten ist aber
die hieratische — trotz der Unbeholfenheit ganz charakteristische — Stellung der
Füße, mit den Sohlen nach aufwärts, ein Motiv, das sich sonst eben nur [in der
buddhistischen Kunst nachweisen läßt. Ein Zufall ist hier — bei der Mehrzahl
der Stücke aus gallischem Boden — ganz ausgeschlossen. Als Beispiel ziehe ich
ein Stück aus dem J. 129 der Gupta-Periode (448 n. Chr.) heran (Abb. 9)1), also
einem Stücke, das um nicht vieles später als die Statuette von Bouray entstanden
sein mag. Wir stehen hier also einem Falle gegenüber, wo eine höchst wahr-
scheinlich aus Asien importierte Buddha-Statuette — aus irgendeiner Ursache —
enthauptet und mit einem fremden römisch-provinzialen Kopfe versehen wurde,
der ganz offensichtlich nicht im Verhältnisse des buddhistischen Torso, vielleicht
sogar früher schon fertig war. Dieses Vorgehen stünde in spätantiker Zeit nicht
vereinzelt da: wir haben ja sogar historische Dokumente dafür, daß im J. 324, bei
Gründung von Neu-Rom, der Kopf einer aus Ilion hergeführten Helios-Statue ab-
gebrochen und mit dem Konstantinshaupte ersetzt wurde. Bei derselben Gelegen-
heit wurden auch die Arme einer aus Kyzikos geraubten uralten Kybele-Statue
gegen Himmel gedreht 2), und die sie addossierenden beiden Löwen wurden eben-
falls abgebrochen.
Der Weg, den diese weitverschlagenen Denkmäler des Buddhismus nach Europa
nahmen, konnte von zweierlei Arten sein. Es ist einmal der Wasserweg anzu-
nehmen, derselbe, den — Rohdes Untersuchungen über den griechischen Roman
folgend -— Irans Märchen nach Massilien einschlugen, oder über den die Syrier,
mit Umgehung Roms, das asiatische Christentum einführten. Der zwischen den
Jahren 70 und 75 n. Chr. geschriebene Periplous des erythräischen Meeres kennt
Indiens westliche Ufer aufs pünktlichste. Auch war dieser Seeweg im allgemeinen
schneller und sicherer geworden, seitdem Hippalos sich aufs offene Meer getraute
und mit Ausnützung der bekannten Monsun-Winde des Indischen Ozeans vom
Golf von Aden geradeaus nach Indien steuerte. Ist also die Möglichkeit des See-
weges auch im entferntesten nicht auszuschließen, so mehren sich doch von Tag
zu Tag jene Merkmale, die auf einen intensiven Gebrauch jenes Landweges deuten,
der über die Erde des heutigen Ungarns, sowie über die eurasiatische Steppen-
gegend bis zum Altai und bis zum nordwestlichen Indien führte und dem Aus-
tausche der Kulturgüter Vorschub leistete"). Der makedonische Großhändler Maes
Titianos sandte — dem zwischen den Jahren 140 bis 150 n. Chr. geschriebenen
Nachrichten des Marinus von Tyras (heute Akjerman in Südrußland) folgend —
seine Reisenden aus dem Stützpunkte von Samarkand ausgehend bis in die alte
Hauptstadt des chinesischen Reiches, Singanfu; wir kennen die Reihe von römi-
schen Münzen, die hier zum Vorschein kamen. Auch kennen wir die Folge von
römisch-kaiserlichen Goldstücken, die man an der Oxuslinie (dem heutigen Amu-
darja) fand. Wir wissen, daß an der Tricennalfeier des Kaisers Konstantinos vom
J. 335 „eine Abordnung brauner Indier teilnahm, die samt ihren fremdartigen Tieren
aufzogen"4). Wir wissen, daß in der Stupa Nr. 10 von Hidda bei Nägara (heute
Dsalalabäd) neben indischen Münzen auch Goldstücke der byzantinischen Kaiser
(1) Smith, History, Fig. 119.
(2) Zosym. II. 31.
(3) Hierzu vgl. jetzt: Strzygowski, Altai-Iran und Völkerwanderung, Leipzig 1,17.
(4) Eusebios, V. C. IV. 49.
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