Theodosius II. (408 bis 450), Markianos (450 bis 457) und Leo (457 bis 474) ans Tages-
licht kamen, während es mir unlängst gelang1), eine Reihe von indischen Gupta-
münzen, Goldstücken der Hunnoi Kidaritai~) aus dem Pamir und solchen der
sasanidisch-türkischen Herrschaft aus Bada%san aus ungarländischen Funden zu
agnoszieren. Alle diese Tatsachen deuteten schon auf einen bis nun ganz un-
geahnt regen Verkehr zwischen Europa und Indien. Wenn auch auf diesen Münzen
ein eigentlich buddhistischer Einfluß nicht zu vermerken war —- das Gemeinsame
ihrer Reversseiten ist immer die Darstellung der zentralasiatischen Mutter-Erde:
bald in der antikisierenden Form der Demeter mit dem Füllhorne, bald als die
Laksmi, bald als die türkisch-iranische Ardokso —, so ließen sich hinwieder auf
dem, durch die Inschriften nunmehr als alttürkisch charakterisierten Funde von
Nagyszentmiklos (im ungarischen Komitate Torontäl)'), ganz deutlich die Spuren
des Buddhismus verfolgen. Wir haben es hier bekanntlich (Abb. 10) mit der Dar-
stellung der Garuda-Vogels zu tun, der eine Nägi in den Krallen hält4), wie sie in
den Legenden der buddhistischen Literatur recht häufig ist und sich auch monu-
mental in der Gandhärakunst belegen läßt. Ich bringe hierzu zwei Reliefs aus dem
Kloster von Sanghao bei (Abb. 1 1 und 12)5), dessen Gründer der türkische (turuska)6)
Fürst Kaniska, eine der hervorragendsten Gestalten und der dritte Begründer des
Buddhismus, im J. 78 nach Chr. war.
Bei dem engen Verhältnisse, das das Alttürkentum mit dem Buddhismus ver-
band, ist es gar nicht zu verwundern, wenn die gegen Westen vordringenden Vor-
stöße dieses ethnischen Komplexes, die hier unter den verschiedenen clan-Benen-
nungen von Hunnen, Awaren, Bolgaren und Magyaren erscheinen, zugleich auch
Elemente jener Religion mit sich brachten, deren Oberherren und Behüter
Jahrhunderte hindurch rings um die Pamirgegend herum sie waren. In einer
binnen kurzem zu erscheinenden Arbeit, worin ich an die ethnische und künstle-
rische Fixierung des Schatzes von Nagyszentmiklos auf das Alttürkentum des
Gandhäragebietes herangehe, werde ich — zugleich mit der Herleitung des alt-
türkischen Alphabetes aus der monumentalen Brahmi der nach-Afokaschen Zeit —
mich des näheren auf jene vielfachen kulturellen Beziehungen einzulassen haben,
die das Alttürkentum im indoiranischen Gebiete vom Süden her umwoben. Dies-
mal möchte ich nur eine, allerdings ganz wichtige Flaggenfrage berühren: die Frage
nach dem ^amanentum der zentralasiatischen Völker. Es ist eine der sogenannten
repräsentativen Fragen, da durch ihre richtige Lösung wir zugleich den weitesten
Einblick in das Seelenleben dieser Völker und in die Beeinflussung dieses Seelen-
lebens gewinnen. Es muß nun vorausgesetzt werden, daß eben diese Frage bis
nun im großen und ganzen unrichtig angefaßt wurde. Diese xar ^o„jv-Erschei-
nung der alttürkischen Völker wurde als etwas, diesen Völkern autochton Inne-
liegendes aufgefaßt, ja die meisten der Werke, die über diese Frage handelten,
taten nicht einmal den Versuch, den Anfängen des Samanentums nachzugehen ').
(x) Archaeologiai Ertesitö 1915, deutscher Auszug, S. 33—44, Taf. 35.
(2) Priskos Rhetor in der Müllerschen Ausgabe: 103, 25; 105, 31; 106, 33; 109, 41.
(3) Vgl. Monatshefte für Kunstwissenschaft 19x5, S. 13—24, Taf. 6, 7.
(4) Vgl. Grünwedel, Buddhistische Kunst, Berlin 1900, S. 103. Hiergegen aber Karabacek, in dem
Anzeiger Nr. in der Kais. Akad. d. W. in Wien, vom 19. Januar 1916.
(5) Smith, History, Fig. 70 und 70a.
(6) Für die Identifizierung von türk und turuska vgl. Franke, Beiträge aus chines. Quellen zur Kenntnis
der Türkvölker usw. Berlin 1904, S. 42, 45, 60 ff.; dann Kern, Der Buddhismus II, S. 448.
(?) Vgl. z. B. Sebestyen, A regösök (die Sänger), Budapest 1902, S. 466 ff., sowie die dort S. 470 f.
angegebene Literatur.
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licht kamen, während es mir unlängst gelang1), eine Reihe von indischen Gupta-
münzen, Goldstücken der Hunnoi Kidaritai~) aus dem Pamir und solchen der
sasanidisch-türkischen Herrschaft aus Bada%san aus ungarländischen Funden zu
agnoszieren. Alle diese Tatsachen deuteten schon auf einen bis nun ganz un-
geahnt regen Verkehr zwischen Europa und Indien. Wenn auch auf diesen Münzen
ein eigentlich buddhistischer Einfluß nicht zu vermerken war —- das Gemeinsame
ihrer Reversseiten ist immer die Darstellung der zentralasiatischen Mutter-Erde:
bald in der antikisierenden Form der Demeter mit dem Füllhorne, bald als die
Laksmi, bald als die türkisch-iranische Ardokso —, so ließen sich hinwieder auf
dem, durch die Inschriften nunmehr als alttürkisch charakterisierten Funde von
Nagyszentmiklos (im ungarischen Komitate Torontäl)'), ganz deutlich die Spuren
des Buddhismus verfolgen. Wir haben es hier bekanntlich (Abb. 10) mit der Dar-
stellung der Garuda-Vogels zu tun, der eine Nägi in den Krallen hält4), wie sie in
den Legenden der buddhistischen Literatur recht häufig ist und sich auch monu-
mental in der Gandhärakunst belegen läßt. Ich bringe hierzu zwei Reliefs aus dem
Kloster von Sanghao bei (Abb. 1 1 und 12)5), dessen Gründer der türkische (turuska)6)
Fürst Kaniska, eine der hervorragendsten Gestalten und der dritte Begründer des
Buddhismus, im J. 78 nach Chr. war.
Bei dem engen Verhältnisse, das das Alttürkentum mit dem Buddhismus ver-
band, ist es gar nicht zu verwundern, wenn die gegen Westen vordringenden Vor-
stöße dieses ethnischen Komplexes, die hier unter den verschiedenen clan-Benen-
nungen von Hunnen, Awaren, Bolgaren und Magyaren erscheinen, zugleich auch
Elemente jener Religion mit sich brachten, deren Oberherren und Behüter
Jahrhunderte hindurch rings um die Pamirgegend herum sie waren. In einer
binnen kurzem zu erscheinenden Arbeit, worin ich an die ethnische und künstle-
rische Fixierung des Schatzes von Nagyszentmiklos auf das Alttürkentum des
Gandhäragebietes herangehe, werde ich — zugleich mit der Herleitung des alt-
türkischen Alphabetes aus der monumentalen Brahmi der nach-Afokaschen Zeit —
mich des näheren auf jene vielfachen kulturellen Beziehungen einzulassen haben,
die das Alttürkentum im indoiranischen Gebiete vom Süden her umwoben. Dies-
mal möchte ich nur eine, allerdings ganz wichtige Flaggenfrage berühren: die Frage
nach dem ^amanentum der zentralasiatischen Völker. Es ist eine der sogenannten
repräsentativen Fragen, da durch ihre richtige Lösung wir zugleich den weitesten
Einblick in das Seelenleben dieser Völker und in die Beeinflussung dieses Seelen-
lebens gewinnen. Es muß nun vorausgesetzt werden, daß eben diese Frage bis
nun im großen und ganzen unrichtig angefaßt wurde. Diese xar ^o„jv-Erschei-
nung der alttürkischen Völker wurde als etwas, diesen Völkern autochton Inne-
liegendes aufgefaßt, ja die meisten der Werke, die über diese Frage handelten,
taten nicht einmal den Versuch, den Anfängen des Samanentums nachzugehen ').
(x) Archaeologiai Ertesitö 1915, deutscher Auszug, S. 33—44, Taf. 35.
(2) Priskos Rhetor in der Müllerschen Ausgabe: 103, 25; 105, 31; 106, 33; 109, 41.
(3) Vgl. Monatshefte für Kunstwissenschaft 19x5, S. 13—24, Taf. 6, 7.
(4) Vgl. Grünwedel, Buddhistische Kunst, Berlin 1900, S. 103. Hiergegen aber Karabacek, in dem
Anzeiger Nr. in der Kais. Akad. d. W. in Wien, vom 19. Januar 1916.
(5) Smith, History, Fig. 70 und 70a.
(6) Für die Identifizierung von türk und turuska vgl. Franke, Beiträge aus chines. Quellen zur Kenntnis
der Türkvölker usw. Berlin 1904, S. 42, 45, 60 ff.; dann Kern, Der Buddhismus II, S. 448.
(?) Vgl. z. B. Sebestyen, A regösök (die Sänger), Budapest 1902, S. 466 ff., sowie die dort S. 470 f.
angegebene Literatur.
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