gruppen sagt, kann nur mit einem gewissen Vorbehalt als zutreffend angenommen
werden. Die Großgmainer Bilder sind so stark restauriert, daß wir ein wirkliches
Urteil über ihre koloristische Erscheinung nicht mehr haben können. Bei
solchen restaurierten Bildern müssen wir bezüglich ihrer Farbenwirkung manches
auf Treu und Glauben hinnehmen. Im Ganzen wird ja der Restaurator sich be-
müht haben, ungefähr die erste Erscheinung der Farben wieder herzustellen, so
daß der allgemeine Eindruck der Tafeln wohl dem ursprünglichen ähnlich sein
kann, irgend welche Schlußfolgerungen lassen sich aber nur mit äußerster Vor-
sicht aus der Malerei und dem farbigen Eindruck ziehen. Wie willkürlich bei
Restaurierungen oft verfahren wurde, wissen wir ja zur Genüge. Von der unter dem
Domkapitular Marchner vorgenommenen Restaurierung sagte schon Petzolt, daß sie
„leider unerfahrenen, gefühllosen Händen anvertraut" gewesen sei. Wie grob die
Übermalung stellenweise vorgenommen wurde, zeigt der Goldbrokatbehang des
Lesezimmers beim Tod Mariae, die sogar in der Abbildung als moderne Zutat kennt-
lich ist (Abb. 4). Die Salvatorgestalt (Abb. 9) ist so verändert, daß aus einem bärtigen
Christus ein unbärtiger geworden ist. Im Ganzen scheint aber der Restaurator
ziemlich sorgfältig der ursprünglichen Zeichnung gefolgt zu sein. Alles was
ich jedoch hier über Farbe und Malweise sage, geschieht mit dem Vorbehalt, daß
es sich auf den jetzigen Zustand der Bilder bezieht.
Die vier Gemälde auf Goldgrund (Abb. 1—4), welche vermutlich Teile der
Innenflügel des Altares waren, haben jene feine dekorative Wirkung, welche ein
Charakteristikum aller spätgotischen Malerei ist. Diese Wirkung wird natürlich
nicht zum mindesten durch den Goldgrund bedingt, dessen warmes Leuchten den
frischen Und hellen Farben der Malerei Kraft Und Tiefe leiht. Dr. H. Modern hat
schon : die Beobachtung gemacht, daß für das Granatapfelmuster dieses Gold-
grundes das gleiche Model verwendet worden ist, wie für den Goldgrund der
Wiener Tafeln. Einen Beweis für die Identität der Maler kann ich jedoch hierin
nicht sehen. Dasselbe Model kann mehrfach vorhanden gewesen sein. Die
„frische Leuchtkraft", welche Stiaßny an den Großgmainer Tafeln erwähnt, ist
leider zum großen Teil auf ihre gründliche Renovierung zurückzuführen.
Die Darbringung im Tempel (Abb. 1) ist von einer Frische, die das Bild fast
neu erscheinen läßt. Bei dieser ersten Tafel der Serie, welche auch die Jahres-
zahl 1499 trägt, fiel mir das Kreidige der Fleischfarben sowie des Weißen am
Altartuch, den Kopftüchern usw. auf. Gerade dieses erste Bild ist aber sowohl
koloristisch wie kompositionell sehr interessant. Der Maler des Werkes muß
die Bilder zeitgenössischer, oberitalienischer Maler gekannt haben, die Kompo-
sition wie die Farbengebung weist hie und da ganz bestimmt auf venezianische
Bilder hin. Die Abbildung wird hier vielleicht deutlicher sprechen, als der Ver-
such, künstlerische, ästhetische Und technische Imponderabilien in Worte zu
fassen. Es ist ganz eigenartig, wie typisch deutsches Schulgut sich mit italie-
nischen Motiven vermengt, ein Zug, den ja die deutsche Malerei häufig und
noch bis ins 19. Jahrhundert aufwies. Etwas vom klassischen Formenadel Ita-
liens ist über dieses Bild gebreitet, zugleich mit der halb demütigen, halb trocken
nüchternen Wiedergabe bescheidenster Wirklichkeit. Unbeholfen in der Gebärde,
eng in der Auffassung kniet Joseph am Altar, sein ganzer hausväterlicher Sinn
ist auf die zwei Tauben gerichtet, der einzigen Opfergabe, die in seinen be-
schränkten Lebensverhältnissen lag. Kümmerlich und ohne Anmut sind die
Frauen hinter ihm, aber der hohe Priester ihm gegenüber und der junge, hoch-
mütig blickende Diakon stammen aus einer anderen Welt. Hier ist nichts von
245
werden. Die Großgmainer Bilder sind so stark restauriert, daß wir ein wirkliches
Urteil über ihre koloristische Erscheinung nicht mehr haben können. Bei
solchen restaurierten Bildern müssen wir bezüglich ihrer Farbenwirkung manches
auf Treu und Glauben hinnehmen. Im Ganzen wird ja der Restaurator sich be-
müht haben, ungefähr die erste Erscheinung der Farben wieder herzustellen, so
daß der allgemeine Eindruck der Tafeln wohl dem ursprünglichen ähnlich sein
kann, irgend welche Schlußfolgerungen lassen sich aber nur mit äußerster Vor-
sicht aus der Malerei und dem farbigen Eindruck ziehen. Wie willkürlich bei
Restaurierungen oft verfahren wurde, wissen wir ja zur Genüge. Von der unter dem
Domkapitular Marchner vorgenommenen Restaurierung sagte schon Petzolt, daß sie
„leider unerfahrenen, gefühllosen Händen anvertraut" gewesen sei. Wie grob die
Übermalung stellenweise vorgenommen wurde, zeigt der Goldbrokatbehang des
Lesezimmers beim Tod Mariae, die sogar in der Abbildung als moderne Zutat kennt-
lich ist (Abb. 4). Die Salvatorgestalt (Abb. 9) ist so verändert, daß aus einem bärtigen
Christus ein unbärtiger geworden ist. Im Ganzen scheint aber der Restaurator
ziemlich sorgfältig der ursprünglichen Zeichnung gefolgt zu sein. Alles was
ich jedoch hier über Farbe und Malweise sage, geschieht mit dem Vorbehalt, daß
es sich auf den jetzigen Zustand der Bilder bezieht.
Die vier Gemälde auf Goldgrund (Abb. 1—4), welche vermutlich Teile der
Innenflügel des Altares waren, haben jene feine dekorative Wirkung, welche ein
Charakteristikum aller spätgotischen Malerei ist. Diese Wirkung wird natürlich
nicht zum mindesten durch den Goldgrund bedingt, dessen warmes Leuchten den
frischen Und hellen Farben der Malerei Kraft Und Tiefe leiht. Dr. H. Modern hat
schon : die Beobachtung gemacht, daß für das Granatapfelmuster dieses Gold-
grundes das gleiche Model verwendet worden ist, wie für den Goldgrund der
Wiener Tafeln. Einen Beweis für die Identität der Maler kann ich jedoch hierin
nicht sehen. Dasselbe Model kann mehrfach vorhanden gewesen sein. Die
„frische Leuchtkraft", welche Stiaßny an den Großgmainer Tafeln erwähnt, ist
leider zum großen Teil auf ihre gründliche Renovierung zurückzuführen.
Die Darbringung im Tempel (Abb. 1) ist von einer Frische, die das Bild fast
neu erscheinen läßt. Bei dieser ersten Tafel der Serie, welche auch die Jahres-
zahl 1499 trägt, fiel mir das Kreidige der Fleischfarben sowie des Weißen am
Altartuch, den Kopftüchern usw. auf. Gerade dieses erste Bild ist aber sowohl
koloristisch wie kompositionell sehr interessant. Der Maler des Werkes muß
die Bilder zeitgenössischer, oberitalienischer Maler gekannt haben, die Kompo-
sition wie die Farbengebung weist hie und da ganz bestimmt auf venezianische
Bilder hin. Die Abbildung wird hier vielleicht deutlicher sprechen, als der Ver-
such, künstlerische, ästhetische Und technische Imponderabilien in Worte zu
fassen. Es ist ganz eigenartig, wie typisch deutsches Schulgut sich mit italie-
nischen Motiven vermengt, ein Zug, den ja die deutsche Malerei häufig und
noch bis ins 19. Jahrhundert aufwies. Etwas vom klassischen Formenadel Ita-
liens ist über dieses Bild gebreitet, zugleich mit der halb demütigen, halb trocken
nüchternen Wiedergabe bescheidenster Wirklichkeit. Unbeholfen in der Gebärde,
eng in der Auffassung kniet Joseph am Altar, sein ganzer hausväterlicher Sinn
ist auf die zwei Tauben gerichtet, der einzigen Opfergabe, die in seinen be-
schränkten Lebensverhältnissen lag. Kümmerlich und ohne Anmut sind die
Frauen hinter ihm, aber der hohe Priester ihm gegenüber und der junge, hoch-
mütig blickende Diakon stammen aus einer anderen Welt. Hier ist nichts von
245