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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Drittes Heft (März 1906)
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Lichtenberg, Reinhold von: [Rezension von: Adrien de Mortillet, Les Monuments Mégalithiques de la Lozère]
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Michel, Hermann: [Rezension von: Julius Ziehen, Kunstgeschichtliches Anschauungsmaterial zu Lessings Laokoon]
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Sachs, Curt: [Rezension von: Julius Vogel, Aus Goethes Römischen Tagen]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0062
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54

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

März-Heft.

Departements in dieser Weise aufgenommen und
auch, in anderen Ländern, wo sich praehistorische
Stätten befinden, solche Verzeichnisse herausge-
geben würden, so dass wir dann auch für die
Praehistorie ein Werk nach Art unserer deutschen
Inventarisationswerke besässen; was umso wichtiger
wäre, da diese steinzeitlichen Denkmäler sowohl
durch die Wirkung der Zeit, als durch die Tätigkeit
des Menschen leider immer mehr verschwinden
Reinhold Freiherr v. Lichtenberg
Aesthetik.
Julius Ziehen. Kunstgeschichtliches An-
schauungsmaterial zu Lessings Laokoon.
Zweite Auflage. Bielefeld und Leipzig,
Velhagen und Klasing. 1905. VIII, 64 S. gr. 8°.
Mk. 1,60.
„Ueberhaupt scheint mir der Laokoon als
Ganzes kein Gegenstand der Schullektüre.“ So
Erich Schmidt in seinem „Lessing“ l2, S. 709.
Wenn ich an meine eigene Schulzeit denke, bin
ich geneigt, diesem Satz zuzustimmen. Ich las den
Laokoon bei einem ausgezeichneten Philologen, der
aber von bildender Kunst herzlich wenig verstand
und das auch wohl wusste. Infolgedessen legte er
den Hauptnachdruck auf die Teile des Werks,
welche von der Poesie handeln, und liess die
übrigen in den Hintergrund treten. Nun glaube
ich allerdings — im Gegensatz zu dem Verf. des
vorliegenden Buchs —, dass es Lessing in erster
Reihe auf die Poesie ankam und nicht auf die
Malerei. Aber — und darin bin ich mit dem Verf.
einig — dei’ Laokoon enthält doch soviel Bedeut-
sames auch über die bildende Kunst, dass man
daran nicht gut vorübergehen kann: weder mit
kühler Verbeugung noch mit ironischem Achsel-
zucken. Wird der Laokoon in der Schule gelesen,
dann müssen auch die Probleme, die sich an die
bildende Kunst knüpfen, eingehend besprochen
werden. Dazu will der Verf. dieses erfreulicher-
weise bereits in zweiter Auflage erschienenen
Buchs den Lehrern das Material liefern. Er hat
etwa sechzig Bilder ausgewählt, an denen man
Lessings Anschauungen bequem demonstrieren
kann. Die Reihenfolge dei’ Bildei' entspricht dem
Gedankengange des Laokoon. Für eine etwaige
dritte Auflage würde ich empfehlen, Raphael,
Dürer, Velasquez, Feuerbach nicht ganz zu ver-
nachlässigen, Thorwaldsen und Canova weniger
häufig heranzuziehen und vor allem Michelangelo
mehr zu berücksichtigen, an dessen Hauptwerken,
wie mich dünkt, Lessiugs Lehre vom fruchtbaren
Moment gut erläutert werden kann. Der Text

bietet keine weitschweifige Wiederholung dessen,
was Lessing gesagt hat, sondern sucht nur kurz
und schlicht die Richtigkeit der Lessingischen
Ausführungen an der Hand dieses Materials dar-
zutun. Der Verfasser folgt Lessing nicht durch
dick und dünn, im wesentlichen aber hält er dessen
Standpunkt fest. Es ist in der Tat nicht genug
zu bewundern, wie treffend dieser unvergleichliche
Mann auch über bildende Kunst geurteilt hat.
Jeder Commis voyageur, der nur die Augen auf-
sperrt, kann heut in einer Woche, ja an einem
Tage, mehr Bilder und Statuen sehen, als Lessing
bis zu der Zeit, da er den Laokoon schrieb. Das
Quantum macht’s eben nicht. Es ist auch, ganz
gleichgültig, dass sich viele Beispiele finden lassen,
die mit Lessings Grundsätzen nicht zusammen-
stimmen. Denn wo fände sich eine ästhetische
Theorie, die alle künstlerischen Erscheinungen
gleichmässig umfasste? Und wenn sie sich fände:
würde sie nicht so verwaschen sein, dass sie über-
haupt keinen erkennbaren Wert mehr hätte?
Anderseits ist der Laokoon gewiss kein kanonisches
Buch, dessen Lehrsätze man als Dogmen in stiller
Ergebenheit gläubig hinnehmen müsste. Das wäre
auch garnicht im Sinne Lessings, der die Dogmen
nicht liebte und dem das Streben nach der Wahr-
heit wertvoller war als die Wahrheit selber. Auch
der Laokoon hat seine Mängel, kleine wie grosse.
Bedenklich ist mir insbesondere immer das
Schwanken zwischen deskriptiver und impera-
tivischer Aesthetik erschienen, wie wir es im
Laokoon finden. Es musste erst der Mann des
kategorischen Imperativs kommen, der so wenig
tiefere Beziehungen zur Kunst hatte und doch klug
genug war, zu erkennen, dass die Kirnst oder viel-
mehr der Künstler in ästhetischer Hinsicht keinen
kategorischen Imperativ verträgt, sondern dass das
Genie der Kunst selbst die Regel gibt (Kritik der
Urteilskraft § 46). Hermann Michel

Verschiedenes.
Julius Vogel, Aus Goethes Römischen
Tagen. 330 S.S. 8°. 1 Or.-Radier. 32 Tafeln
| in Kupferautotypien. Leipzig 1905. E. A.
Seemann. Preis Mk. 8.—.
Auch die Literarhistoriker werden dem Ver-
fasser, obwohl er Kunsthistoriker ist, die Berech-
tigung zugestehen müssen, über das von ihm ge-
wählte Thema zu arbeiten. Verdanken wir ihm
doch einerseits eine schöne Arbeit über Goethes
i Studienjahre in Leipzig und andrerseits die Be-
i sorgrmg der zweiten Auflage von Justi’s Win ekel-
 
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