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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Drittes Heft (März 1906)
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Meier-Graefe, Julius: [Rezension von: Oscar Münsterberg, Japanische Kunstgeschichte II]
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Lichtenberg, Reinhold von: [Rezension von: Adrien de Mortillet, Les Monuments Mégalithiques de la Lozère]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0061

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März-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

53

die im vielerlei gross ist, der aber infolgedessen die
Fähigkeit zu individuellen Conzentrationen, wie wir
sie in den Entwicklungsstufen der europäischen Kunst
bewundern, abgeht. Man kann statt kunstgewerb-
lich lyrisch sagen, um nicht den Grad seelischer
Suggestion auszuschliessen, der von den reizenden
Dingen ausgeht. Nichtsdestoweniger erschwert
dieser unüberbrückbare Unterschied dem Europäer
das Eindringen in den Geist der japanischen Kunst.
Er findet da, wo er gewohnt ist, grosse mensch-
liche Schicksale durch Künstlernamen personifiziert
zu sehen, scheinbar immer nur gewerbliche Tradi-
tionen. Die Modifikation der üeher Lieferung, wie
wir sie, abgesehen von den Modernen, in einem
Korin finden, hat nicht das dramatische Gepräge
unserer Evolutionen, — oder es fehlt uns das
Organ, das Drama zu lesen.
Münsterberg stellt in dem Band Architektur
und Lack-Industrie, Bronzen, Emails, Theater-
Masken und Stoffe zusammen. Jedes dieser Gebiete
bildet ein grosses Kapitel, das ganz getrennt von
dem vorhergehenden oder folgenden behandelt wird.
Jedes beginnt mit der Praehistorie und endet im
neunzehnten Jahrhundert. Es versteht sich fast von
selbst, dass bei einemBuch von 260Seiten solcheDar-
stellung in die Gefahr gerät, im Ethnographischen
steckenzubleiben. Doch lässt sich nicht leugnen, dass
diese Methode auch ihre Vorzüge besitzt. Einmal
vermeidet Münsterberg auf diese Art die phan-
tastischen, ästhetischen Konstruktionen, zu denen
sich manche Forscher Europas bei detaillierterem
Studium hinreissen liessen. Das Buch beschränkt
sich auf nüchterne Tatsachen, die kaum angefochten
werden können. Andererseits aber liefert es, wie
der Verfasser selbst sagt, die Elemente, ohne deren
Besitz nicht weiter gegangen werden kann. Und
trotz dieser freiwilligen Beschränkung fehlt es nicht
an wertvollen Winken für die Eingeweihten. Mar
muss Münsterberg danken, dass er beiträgt, den
Nimbus der unzähligen Unika zu zerstören, die
auf den europäischee Auktionen die Liebhaber be-
stechen. Sehr lehrreich ist seine Darlegung, dass
nur sehr wenige der mit horrenden Summen er-
worbenen Kostbarkeiten, zumal der Lacke, echte
Signaturen tragen, dass es bei dem Dunkel, das
über der Art der Beschriftung liegt, für den
Sammler nur die einzige rationelle Methode gibt,
sich an die Schönheit des Werkes zu halten und
dabei auch die Frage, aus welcher Zeit der Gegen-
stand stammt, zurückzudrängen.
Der fliessend geschriebene Text ist mit zahl-
reichen Reproduktionen geschmückt. Wie im
ersten Bande hat sich Münsterberg namentlich an
die sehr schönen japanischen Publikationen ge-
halten. Daneben findet man manches bekannte

Stück aus den Pariser Auktionen der letzten Jahre.
Viele Abbildungen sind farbig gegeben, ohne dem
Reiz der Originale nahzukommen. Wenn man
Farbentafeln nicht wie die Japaner oder mindestens
so wie Gillet drucken kann, sollte man sich mit
der einfachen Netzätzung begnügen, die für die
hier verfolgten Zwecke auch vollkommen ausreicht.
Julius Meier-Graefe
o.
Praehistorie.
Adrien de Mortillet. Les Monuments M€ga-
lithiques de la Lozfere. Avec 39 figures dans
le texte et 5 planches hors texte. Paris.
Librairie C. Reinwald. Schleicher freres,
Editeurs. 1905. 64 S.
Das Verdienst dieses kleinen Werkes aus der
Feder des bekannten französischen Praehistorikers
beruht hauptsächlich darin, dass es für eine be-
stimmte Gegend ein Verzeichnis aller noch erhaltenen
megalitischen Denkmäler, der Dolmen und Menhirs,
bringt. Dies ist umso wichtiger, weil viele dieser
steinzeitlichen Monumente der modernen Umge-
staltung des Bodens allmählich zum Opfer gefallen
sind und noch fallen, so dass wenigstens ihre
literarische Erhaltung für den Praehistoriker von
grösstem Werte ist. Demgemäss enthalten die
ersten 48 Seiten eine Aufzählung aller erhaltenen
Steinsetzungen der Lozere in alphabetischer Reihen-
folge der heutigen Ortschaften, in deren Nähe sie
sich befinden, mit genauen Massen, unterstützt durch
erläuternde Pläne, Grund- und Aufrisse. Darauf
folgt eine tabellarische Uebersicht und dann auf
nur 7 Seiten einige allgemeine Betrachtungen über
die Zahl, Verteilung, Form und Ausmessung, Alter
und die Namen dieser Denkmäler. Danach nimmt
das Departement Lozere mit seinen 213 megali-
thischen Monumenten den sechsten Rang unter den
französischen Departements ein, wenn auch die
einzelnen Denkmäler nicht die imposanten Grössen
wie in anderen Departements erreichen. — Wiewohl
in einigen auch vereinzelte Geräte aus Kupfer ge-
funden wurden, gehören sie doch alle der neoli-
thischen Zeit an, scheinen aber teilweise zu Beginn
der Bronzezeit noch in Gebrauch gewesen zu sein.
Zum Schlüsse werden einige der besterhaltenen
und wuchtigsten Steinsetzungen der öffentlichen,
dauernden Erhaltung empfohlen. Auf den 5 Tafeln
sind mehrere dieser Denkmäler in ihrem jetzigen
Zustande abgebildet. Zu bedauern ist dabei, dass
diese Bilder nach Zeichnungen statt nach photo-
graphischen Naturaufnahmen gefertigt sind.
Es wäre erfreulich, wenn auch die anderen
 
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