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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Achtes/Neuntes Heft (August/September 1906)
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Haupt, Albrecht: [Rezension von: S. Hausmann - E. Polaczek, Denkmäler der Baukunst im Elsass]
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Jaffé, Ernst: [Rezension von: David Koch, Peter Cornelius ein deutscher Maler - Christian Eckert, Peter Cornelius]Ernst Jaffé
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0159

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Aug./Sept.-Heft. Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

Frühwerken, seit dem 10. Jahrhundert beginnt
und mit dem Ende des 18. Jahrhunderts ab-
schliesst, und dass innerhalb dieser Reihenfolge
kein hervorragendes, kaum ein wirklich weit volles
Bauwerk des Landes in der Bilderreihe fehlt,
natürlich die Profanwerke der letzten drei Jahr-
hunderte ausgenommen, aus denen uns eine
übrigens hinreichende Auswahl gegeben werden
konnte. Die Anordnung des Stoffes ist derart ge-
troffen, dass zuerst die kirchlichen, sodann die
profanen Bauwerke, bei letzteren die Burgen (die
ja im Elsass so wichtig sind), Schlösser, Be-
festigungen der Städte, die öffentlichen Bauten
und die Wohnhäuser der Zeit nach vorgeführt
sind. Ueber ihren Wert und ihre Bedeutung in
der Geschichte der Baukunst, insbesondere der
deutschen, zu sprechen erscheint überflüssig; doch
drängt die vorzügliche Uebersicht, die sich hier
bietet, von neuem die auch im Texte hervorge-
hobene Bemerkung ungemein deutlich auf, wie
sehr die Elsässer Baukunst eine urdeutsche ist,
schon in der romanischen Frühzeit, wie im
späteren Mittelalter, — und das nur das kurze
Münster-Intermezzo in der Mitte des 13. Jahr-
hunderts und dann das 18. uns eine französische
Kunst im deutschen Lande zeigen.
Ein paar kleine Bemerkungen seien gestattet.
Der „Neue Bau“ in Strassburg ist so gewiss ein
Werk Schochs, als es der Friedrichsbau in Heidel-
berg ist, was die völlige Uebereinstimmung der
Details ganz schlagend erweist, auch wenn nicht
die Tätigkeit Schochs an diesem Bau urkundlich
bezeugt wäre. Die ursprüngliche Absicht auf
mehrfachen Giebelschmuck ist als sicher anzu-
nehmen. Gerade die anderen Werke Schochs
und seiner Schule (wie Heidelberg, Gottesau,
Aschaffenburg, Mainz) zeigen die konsequenteste
Anwendung der Pilaster- und Gesims-Ver-
kröpfungen zur Stütze von Giebeln; und die
Brandmauer mit ihren Obelisken bestätigt das.
Trotzdem sind die reizvollen Dachfenster ursprüng-
lich; man hat also nach Erreichung des Haupt-
gesimses auf die Giebel verzichtet, was sich bei
der Kostbarkeit des ausgeführten Baukörpers
wohl erklärt.
Wendel Dietterlein und seiner prachtvollen
Phantasie-Architektur tut Polaczek, wie viele,
Unrecht. Er vergisst völlig oder machte sich
nicht folgerichtig klar, dass Dietterlein nicht Bau-
meister, sondern Fassadenmaler war, und dass
sein ganzes Werk nichts weiter enthält, als Vor-
lagen für solche Malereien. Dass gemalte Formen
viel stärker und wilder, phantastischer und thea-
tralischer nicht nur sein dürfen, sondern wirklich
müssen, wenn sie überhaupt wirken sollen, liegt

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auf der Hand. Aber Dietterlein ist, Gott sei’s ge-
klagt, bis heute stets „ernst“, d. h. als Lehrer für
strenge Architekturformen genommen, anstatt dass
man sein herrlich-glänzendes Werk nur als den
Vorschlag einer prächtigen Dekoration ansieht,
die er über nüchterne, glatt geputzte Fassaden zur
Belebung der sonst öden Strassen ausgegossen zu
sehen wünschte. Und dieser einzige Meister seiner
Art hat sich auch stets nur als Maler bezeichnet;
und um ihn darf uns jede Nation beneiden. Aber
richtig auf gefasst will er sein.
Das Johanniter-Haus zu Colmar ist kaum,
wie Polaczek glaubt, eine Erinnerung an Venedig,
sondern gewiss eine Reminiszenz an den Palazzo
Lercari zu Genua, dem es völlig gleicht, nur
unter Wiederholung der Loggia im Oberstock. —
Die Tafeln des Werkes sind im allgemeinen
als geschickt aufgenommen und das Wesentliche
gut und vollständig gebend zu bezeichnen; nur
sind manche ein "wenig grau und schattenhaft;
bessere Beleuchtung hätte hie und da gut getan,
so beim Strassburger Münsterturm. Doch sind
dafür die meisten Aufnahmen, insbesondere die
schwierigen inneren, von vortrefflicher Deut-
lichkeit. —
Wenn ich einen besonderen Wunsch äussern
dürfte, so wäre es der, ein Supplement vielleicht
von 50 Tafeln mit Details noch folgen zu sehen.
Dinge wie die Einzelheiten des romanischen
Hauses zu Rosheim, der Kirche daselbst, der
Weissenburger Kirche, der reizvollen Renaissance-
bauten im Lande, sowie Innenansichten profaner
Räume des späteren Mittelalters, an denen es dort
durchaus nicht fehlt, würden das Bild der
elsässischen Architektur erst vollständig machen.
Aber auch so schon wird das Werk wohl als
das wichtigste — vielleicht einzige — zusammen-
fassende übei' jenen Gegenstand zu bezeichnen
und zu schätzen sein.
Albrecht Haupt
David Koch: Peter Cornelius ein deutscher
Maler. 203 SS. Lex. 8°. 1 Titelb. 125 Abb. 3 Doppel-
tafeln. Stuttgart 1905. J. F. Steinkopf. 4,50 M.
Christian Eckert: Peter Cornelius. 130 SS.
Lex. 8°. 1 Portr. 130 Abb. Bielefeld und Leipzig
1906. Velhagen und Klasing. 4 M.
Wenn auch die grossen Kartons des Meisters
in der Nationalgallerie seit langer Zeit den Augen
der Besucher entzogen sind und vielleicht auch
noch lange Zeit entzogen bleiben werden, so scheint
sich jetzt doch wieder ein lebhafteres Interesse für
den Mann geltend zu machen, der viele Jahre als
der berufene Führer der deutschen Künstlerschaft
gegolten hat. Wenigstens scheinen die beiden
 
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