Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

DOI Heft:
Drittes Heft (März 1906)
DOI Artikel:
Schubring, Paul: [Rezension von: A. G. Meyer, Gesammelte Reden und Aufsätze]
DOI Artikel:
Kautzsch, Rudolf: [Rezension von: Martin Breslauer, Katalog I, enthaltend wervolle und seltene Bücher und Manuskripte jeder Art, Handzeichnungen u. s. w., vorrätig bei Martin Breslauer, Buchhändler und Antiquar in Berlin W. 64, Unter den Linden]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0064

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
56

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

März-Heft.

die Hede Geh. Kat J. Lessings am Grabe ange-
fügt wurde. Die besonderen Studien des Ver-
fassers galten der oberitalienischen. Plastik des
14—16. Jahrhunderts, d. h. einer vorwiegend
architektonisch-dekorativen Plastik, die im Gegen-
satz zu der gleichzeitigen fiorentiner Bildnerei
einen viel weniger prägnanten Charakter trägt und
daher von der Forschung lange Zeit nur lokaliter
behandelt worden ist. Namentlich der erste, der
Kunst der Campionesen gewidmete Band gelang,
zumal sich hier die Entwicklung an der Betätigung
persönlicher Potenzen verfolgen lässt. Unter den
im 15. und 16. Jahrhundert arbeitenden Lom-
barden ist die Gruppe der an der Certosa bei
Pavia tätigen Künstler die wichtigste. Die Bau-
gescbichte dieser so breit und anspruchsvoll in der
Poebene lagernden Abtei hatte Meyer in der „Bau-
kunst“ 1900 geschildert; der Wiederabdruck dieser
Abhandlung ist besonders erfreulich, weil leider
die periodisch erscheinenden Hefte dieser von Borr-
mann trefflich redigierten Publikation ein sehr
verstecktes Dasein führen. Dagegen vermissen wir
den Aufsatz über das venetianische Grab der
Frührenaissance, der in den Jahrbüchern der
preussischen Kunstsammlungen erschienen ist. Er
wäre doch wohl geeigneter zum Abdruck ge-
wesen als das Fragment über den italienischen
Putto. Die Arbeit über die Renaissance-Herme, die
1893 in einer Festschrift für Joh. Overbeck er-
schienen, wird Manchem entgangen sein, der sie
jetzt mit Förderung liest. — Die andern Aufsätze
behandeln die Kunst des 19. Jahrhunderts, der
Meyer sich immer freudiger zugewandt hatte und
deren letzter Architekturphase, der Eisenarchitektur,
eine grössere Abhandlung galt, die zu vollenden
ihm nicht mehr gegönnt war. In den kleineren
Aufsätzen werden Schinkel, Schadow, Rauch,
Klinger, Eckmann und das Ausstellungswesen
besprochen. Ueber die letzte Materie hatte Meyer
besonders viel nachgedacht, und es ist zu beklagen,
dass er diese Gedanken nicht ausführlicher formu-
liert hat. Hoffentlich bietet der Torso über die
Eisenarchitektur auch nach dieser Seite hin eine
Ergänzung. — Das vorliegende Buch ist eine
Gabe der Pietät und möchte vor allem die per-
sönliche Erinnerung beleben. Es wird aber auch
Fernerstehende von der leidenschaftlich suchenden
Art und Hingabe des Verfassers an seine Arbeit
überzeugen.
Paul Schubring
Martin Breslauer, Katalog I, enthaltend
wertvolle und seltene Bücher und Manu-
skripte jeder Art, H an dz ei chn ungen u. s. w,
vorrätigbei Martin Breslauer, Buchhändler

| und Antiquar in Berlin W. 64, Unter den
Linden 16 (Berlin 1905), Mk. 4,—.
Der hübsch gedruckte Katalog verzeichnet
720 Nummern, unter denen sich zahlreiche ausser-
ordentlich seltene Dinge finden. Uns gehen hier
nur die kunstgeschichtlich irgendwie bemerkens-
werten Stücke an. Man muss leider das Ganze
durchnehmen, um sie herauszufinden, da die An-
ordnung den Stoff in die bekannten (ebenso un-
wissenschaftlichen, wie eigentlich unzweckmässigen!
Gruppen — als Aldinen, Americana, Frankreich,
Incunabeln, Judenbücherei u. s. f. — zerlegt. Kein
Register erleichtert das Suchen. Das wissenschaft-
liche Antiquariat sollte es sich endlich zur Pflicht
machen, die Bücher einfach alphabetisch zu ver-
zeichnen nach Verfassern und Titeln (etwa nach
den Grundsätzen des Preussischen Generalkatalogs)
und im übrigen durch reichliche Sachregister jedem
Bedürfnis nach Möglichkeit Rechnung tragen.
Da ich einmal bei den grundsätzlichen Be-
merkungen bin, will ich doch gleich noch einige
Wünsche anbringen Wie in aller Welt kommt
eigentlich die babylonische Sprachverwirrung,
die in solchen Katalogen herrscht, zustande? Da
finden wir lateinische Bücher, die in Deutschland ge-
druckt sind, das eine mal mit deutschen, das
andre mal mit französischen Anmerkungen bedacht,
in Paris gedruckte mit englischen, italienische mit
i französischen. Es scheint, dass eine gewisse
Rücksicht auf die mutmasslichen Interessenten bei
der Abfassung der Erläuterungen die Wahl der
Sprache bestimmt. Aber erstlich ist meistens
keinerlei System streng befolgt, und zweitens wirkt
! das Ganze oft recht komisch (man vergleiche hier
; die Anmerkung zu Nr. 3 auf S. 2, wo die deut-
schen Aeusserungen deutscher Forscher zu einem
deutschen Buche in französicher Einkleidung zitiert
sind: „Herr Professor Häbler de la Bibliotheque
Royale de Dresde“ u. s w.!).
Ferner vermisst man wiederholt genauere An-
gaben über die Erhaltung und die Qualität des
Druckes. In dieser Beziehung könnte man sich
die Kataloge der vornehmeren Kupferstich-
auktionen etwas mehr zum Muster nehmen.
Endlich muss ich die Frage wiederholen, die
ich schon einmal an dieser Stelle aufgeworfen
habe: auf wen sind die bekannten Lobeshymnen
berechnet? Jeder, der die zeichnende Kunst des
15. Jahrhunderts kennt, wird es ergötzlich finden,
wenn er auf Seite 51 die dort glücklich erweise im Fac-
simile veranschaulichten Zeichnungen eines zurück-
gebliebenen Hluministen als Werke eines „tres bon
artiste du temps“, als Arbeiten „d’une qualite
superieure“ gerühmt sieht. Es ist die Art der Kupfer-
stecher von 1450 (um 1482!), lediglich die Tracht der
 
Annotationen