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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Drittes Heft (März 1906)
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Schmitt, Franz Jacob: [Rezension von: Eugen Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten. Beiträge zur Baugeschichte und Topographie der Stadt]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0053

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MONATSHEFTE

OER KUNSTWISSENSCHAFTLICHEN LITERATUR

unter Mitwirkung vieler Kunstgelehrten herausgegeben von

Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sachs.

□Oüß

Drittes Heft. □ März $906.

WC
ein

Deutsche Kunst.
Eugen Kranzbühler, Verschwundene Wormser
Bauten. Beiträge zur Baugeschichte und
Topographie der Stadt. Worms 1905, Kom-
missions-Verlag der H. Krautersch en
Buchhandlung. VIII u. 217 Seiten Gross-
Quart mit 58 Abbildungen, darunter 4
Farbendrucke und 6 weitere T afein. Preis
geb. 15 Mark.
Neben Mainz und Speyer ragt unter den
Städten des Mittelrheins Worms hervor, nicht nur
durch seine frühe Entstehung, sondern auch die
auf uns gekommenen Kunstdenkmäler. Leider
wurde aber weniger durch den Zahn der Zeit als
die Menschenhände viel Wertvolles zerstört, und
darum müssen die von Dr. jur. Kranzbühler er-
schienenen Beiträge zur Wormser Baugeschichte
mit den Abbildungen verschwundener Monumente
dankbar begrüsst werden. Bischof Burkhards I.
(1000—1025) Zehnecks-Basilika St. Johannes des
Täufers empfing eine Reihe von bisher unbe-
kannten alten Zeichnungen, welche bestimmte
Schlüsse ermöglichen. Aus den Abbildungen geht
hervor, dass St. Johannes der Täufer wohl eine
gewölbte Krypta, nicht aber auch eine Empore
hatte, wie San Giovanni in Fonte zu Pisa, hier
liegt die dahin führende Steintieppe inmitten des
Mauerwerkes der äusseren Umfassungen, in Worms
erfolgte der Aufgang zu den Zwerggalerien durch
eine im Innern des Umganges vortretende Wendel-
treppe mit voller Steinspindel. — Der unter
Figur 18 gegebene Längenschnitt ist leider falsch,
er entstand nicht auf Grund einer fachmännischen
Aufnahme des 1807 abgerissenen Bauwerkes. Nach
ihm hätte der Fussboden der Krypta 10 Meter
unter dem der Oberkirche gelegen, wäre das Fun-
dament der Apside nur 1 Meter unter dem
Strassen-Terrain hergestellt gewesen, eine tech-
nische Unmöglichkeit; die Gewölbefelder des Um-
ganges bilden Trapeze,

wölbe-Konstruktion ergibt, wofür der Zeichner
aber kein Verständnis besass. —
Aus den Abbildungen geht hervor, dass
St. Johannes der Täufer zwei Bauzeiten hatte,
eine romanische und eine des Uebergangs-Stiles;
an den Aussen- wie Innenseiten des 10eckigen
Umganges waren je 2 Rundbogen-Fenster, einge-
schlossen von Lisenen und oberhalb durch Rund-
bogen-Friese verbunden. Sicher war die Unter-
kirche von Anbeginn mit Steingewölben feuer-
sicher überdeckt; die inneren Lisenen lassen aber
bei der Oberkirche auf eine horizontale Holzbalken-
Decke, wie in der 1812 zerstörten Bonner Tauf-
kapelle St. Martin, schliessen. Um das Jahr 1200
kam es zur Einwölbung der Oberkirche, dabei
wurden die Umfassungs-Mauern belassen, entfernt
aber der obere Teil der Mittel-Lisenen und zur
Lichtvermehrung Rosenfenster ausgebrochen,
welche die rundbogigen Schildflächen zweckent-
sprechend ausfüllten. Der gleiche Vorgang fand
beim St. Vigiliusdome des Fürstbischofs von Trient
statt, auch da ragen an den Umfassungs-Mauern
noch heute äussere Lisenen auf ansehnliche Höhe
empor, sie entsprechen dem inneren Bausystem
der flachgedeckten 3schaffigen Basilika; nachmals
erfolgte die noch heute vorhandene Einwölbung,
und diese bedingte die Herstellung neuer Rund-
bogen- und Rosenfenster, sowie den Fortfall der
oberen Lisenenteile. —
Die unter Figur 17 gegebene innere perspek-
tivische Ansicht gehört St. Johannes dem Täufer
an, und wenn sie auch von einem ungeschulten
Zeichner herrührt, so lässt sich doch das Bau-
system erkennen; es steht im innigsten Zusammen-
hänge mit den gleichzeitigen Dom-Ausführungen
am St. Laurentius-Westchore zu Worms und am
St. Martinus-Westchore zu Mainz. Alle drei
Monumente hatten auf Quaderstein-Rippen
Kappengewölbe erhalten und keine Klostergewölbe,
wie der Längenschnitt von Figur 18 unrichtig an-
Auch das steile Ring-Satteldach ist nicht

was eine komplizierte Ge- | gibt.
 
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