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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Zweites Heft (Februar 1906)
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Kisa, Anton Carel: [Rezension von: August Prokop, Die Markgrafschaft Mähren in kunstgeschichtlicher Beziehung. Grundzüge einer Kunstgeschichte dieses Landes mit besonderer Berücksichtigung der Baukunst]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0025

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MONATSHEFTE
DER KUNSTWISSENSCHAFTLICHEN LITERATUR

unter Mitwirkung vieler Kunstgelehrten herausgegeben von
Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sachs.


Zweites Heft. □ Februar 1906.


Deutsche Kunst.
August Prokop. Die Markgrafschaft Mähren
in kunstgeschichtlicher Beziehung. Grund-
züge einer Kunstgeschichte dieses Landes
mit besonderer Berücksichtigung der Bau-
kunst. Eine Studie. 4 Bände gr. 4° mit
1 Karte, ca. 1660 Text- und Vollillustra-
tionen, genealogischen Tabellen, chrono-
logischen Baudaten etc. Wien. Druck und
Kommissionsverlag von R. Spies & Co. M. 175,— .
Es fällt auf, dass in dem schwerfälligen Titel
ein vier bündiges Werk eine Studie genannt ist,
aber bei näherer Kenntnis muss man zugeben,
dass trotz der Ueberhäufung mit Einzelheiten kein
abgeschlossenes Ganzes vorliegt, welches die Be-
zeichnung als Kunstgeschichte oder auch nur als
Architekturgeschichte Mährens rechtfertigen würde.
An Stelle einer systematischen Darlegung der
Entwickelung nach ihren Höhepunkten hin, einer
Hervorhebung des Bedeutenden und Schule-
machenden und einer Zurückdrängung der unbe-
deutenden Begleiterscheinungen tritt eine beinahe
lückenlose, zugleich aber auch kritiklose Auf-
zählung aller Baudenkmäler des Landes nach den
Daten ihrer Entstehung. Ihr liegen zahlreiche, mit
grossem Eleisse angelegte oder gesammelte Auf-
nahmen zu Grunde, welchen das Werk seinen
stattlichen Umfang und sicher auch seinen blei-
benden Wert als Grundlage für weitere systema-
tische Studien verdankt. Der Text steht nicht auf
gleicher Höhe mit dem reichen und vortrefflichen
Bildermaterial. Er geht oft bei Selbstverständ-
lichem, durch frühere Arbeiten Eestgelegtem in die
Breite, berücksichtigt allgemeine, historische und
genealogische Fragen, die hier garnicht am Platze
sind, bei welchen ein kurzer Hinweis auf die
Quellen genügt hätte, und schafft so eine Menge
unnützen Ballastes, während wichtige Spezial-
fragen ganz unerledigt bleiben oder mit einigen
Redensarten abgetan werden. Man merkt bald,
dass kunstgeschichtliche Forschungen nicht Sache
des Autors sind, dass der praktische Architekt und
nicht der Mann der Wissenschaft hier das Wort

führt. Die kunstgeschichtliche Literatur ist ihm
so gut wie ganz verschlossen, seine Quellen be-
schränken sich auf die Mitteilungen der k. k. Zen-
tralkommission für Bau- und historische Denk-
mäler, die Schriften von Heideloff, Otte, Grueber
und die Lokalliteratur. Manchmal kommen Ilg
und Neuwirth zur Geltung. Das ist so ziemlich
alles. Man frägt sich, ob es nicht unter solchen
Umständen besser gewesen wäre, wenn sich der
Autor damit begnügt hätte, eine Sammlung von
Aufnahmen mit kurzen Erläuterungen herauszu-
geben und an Stelle des Versuches einer konti-
nuierlichen Schilderung die bewährte Form der
Topographie mit alphabetischer Anordnung gewählt
hätte. So wären die zahlreichen, den Umfang un-
nötig vergrössernden Wiederholungen vermieden
und anstatt einer „Studie“ ein abgeschlossenes
grundlegendes und praktisches Nachschlagewerk
entstanden. Bei der vorliegenden verunglückten
Form ist die Orientierung nicht leicht. Will man
z. B. näheres über einen Schlossbau erfahren, muss
man erstlich in verschiedenen Bänden je nach der
Stilform die allgemeine Anlage, die Stifter nebst
ihrer ganzen Genealogie studieren, dann in ge-
sonderten Kapiteln die Form der Höfe, Fenster-
und Portalbildungen, Treppenanlagen, den pla-
stischen Schmuck, die Innenausstattung u. s. w.
mühsam zusammensuchen. Und dabei bekommt
man in jedem Kapital Wiederholungen aus früheren
in Kauf. Oft verwechselt der Verfasser das Wissen-
schaftliche mit dem Schulbuchmässigen, bringt
in den geschichtlichen Einleitungen Sachen vor,
die in jedem Handbuche weit besser zu finden
sind, schleppt mächtige Stammbäume der Przemis-
liden, Babenberger, Luxemburger. Habsburger,
genealogische und Zeittafeln herbei und erlässt
uns keinen Ast und Zweig in der Deszendenz der
mährischen Adelsfamilien, von welchen er manche
dankenswerte Förderung in seiner Arbeit erfahren
haben mag. Es hätte aber doch wohl genügt, deren
Namen in die lange Liste der Gönner und För-
derer aufzunehmen, die das Werk einleitet. Wenig
Wissenschaftlichkeit verrät auch die Berufung auf
Leute wie Ranzoni und Vincenti, die auf eine
 
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