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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Viertes Heft (April 1906)
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Hampe, Theodor: [Rezension von: Berthold Daun, Veit Stoss. Künstlermonographien No. 81]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0073

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MONATSHEFTE

DER KUNSTWISSENSCHAFTLICHEN LITERATUR

W)D

Viertes Heft, q April 1906.

□IQj

unter Mitwirkung vieler Kunstgelehrten herausgegeben von
Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sachs.

Deutsche Kunst.
Berthold Daun, Veit Stoss. Künstler-
mon.ograph.ien No. 81. Bielefeld und Leip-
zig, Velhagen & Klasing, 1906. Mit 100 Ab-
bildungen nach Skulpturen, Gemälden und
Kupferstichen. 94 S. 8°. Preis 3 M.
Schon 1903 hat B. Daun (bei Karl W. Hierse-
mann in Leipzig) eine Monographie über „Veit
Stoss und seine Schule in Deutschland, Polen und
Ungarn“ erscheinen lassen, die vor allem eine
Aussonderung und Beleuchtung des gesamten
„Stoss - Oeuvre“ bieten sollte, im wesentlichen
seitens der Kritik Anerkennung und Zustimmung
gefunden hat und auch von mir im 16. Heft
der „Mitteilungen des Vereins für Geschichte
der Stadt Nürnberg“ (1904) S. 283 ff. ausführlich
besprochen worden ist. Diesem ersten Bande
der „Beiträge zur Stoss - Forschung“, so war ge-
plant, sollte die eigentliche Hauptarbeit, eine auf
wissenschaftlicher Grundlage aufgebaute Biographie
des Künstlers, als weiterer Band folgen. In-
zwischen hat nun neuerdings Daun das oben ge-
nannte Buch über Stoss veröffentlicht, dessen In-
halt sich im allgemeinen mit dem des drei Jahre
zuvoi' erschienenen Werkes deckt, nur dass die
Darstellung diesmal, dem Zweck der „Künstler-
Monographien“ entsprechend, populär gewendet,
daher der wissenschaftliche Apparat hier selbst-
verständlich fortgelassen, den Lebensdaten und
Schicksalen des Meisters aber, wie auch der Schil-
derung seines Charakters ein breiterer Raum ver-
stattet worden ist. Dabei bieten nun allerdings
auch diese letzteren Abschnitte nur wenig oder
nichts, was als neue Forschung oder als scharf-
sinnige Deutung und Kombinierung der uns über-
kommenen urkundlichen Nachrichten bezeichnet
werden könnte, und so kann ich mich denn in der
Hauptsache wohl auf meine Besprechung von
Dauns früher erschienener Veit Stoss-Monographie
beziehen.
Bleiben doch auch manche der damals er-
hobenen Bedenken nicht minder für das neue
Buch zu Recht bestehen, wie sich denn der Ver-

fasser inbezug hierauf die wenig wissenschaftliche
Argumentation „nun gerade nicht!“ zur Richt-
schnur genommen zu haben scheint. So kann ich
mich nach wie vor, wenn die Autotypie Abbildung 34
mir einen Schimmer von Art und Schule des Ori-
ginals (Altar in Kirchdrauf) vermittelt — und
weshalb wäre sie sonst dem Texte beigegeben? —,
nicht zu Dauns Ansicht, dass wir es hier mit
einem Werke des Veit Stoss zu tun haben, be-
kennen; und ebenso könnten wohl noch weitere
Schnitzwerke, z. B. der andere Altar in der Mar-
tinskirche zu Kirchdrauf mit dem Tode der Maria
(Abbildung 37) oder die seit 1903 neu hinzuge-
kommene Eva im Louvre (Abbildung 68) namhaft
gemacht werden, bezüglich deren die Zuschreibung
Dauns keineswegs über jeden Zweifel erhaben sein
dürfte, wie er ja auch selbst das Epitaph des
Conrad Imhoff im Nationalmuseum zu München,
das noch 1903 unter den unumstösslich echten
Werken figurierte, neuerdings wiederum — ob mit
Recht oder mit Unrecht, mag hier unerörtert
bleiben — aus dem Stoss-Oeuvre ausgeschieden zu
haben scheint. Wenigstens finde ich es in der
vorliegenden Monographie nicht mehr erwähnt.
Bei der grossen Macht, welche die Typik über den
mittelalterlichen Künstler hatte, und der Skrupel-
losigkeit der Entlehnung kann eben, zumal bei
handwerksmässigeren oder in späterer Zeit ver-
änderten oder neugefassten Werken der Plastik,
selbst die „ernste stilkritische Betrachtung“ ge-
legentlich auch irren. Vom Kritiker aber ver-
langen, dass er entweder zu allem stillschweige
oder aber, wenn er den Mund auf tun will, sich
zuvor vermittelst einer Reise nach Kirchdrauf im
Zipser Komitat u. s. w. die nötige Autopsie ver-
schafft habe, ist doch eine etwas zu weit gehende
Forderung.
Auch die Vernachlässigung, die Nichtberück-
sichtigung mancher hervorragender und für die
Frage nach Veit Stoss, seiner Kunst und der Ab-
grenzung seiner Sphäre wichtiger Werke in Nürn-
bergs näherer oder weiterer Umgebung habe ich
bereits in meiner Besprechung der Stoss-Mono-
graphie von 1903 hervorgehoben, und der gleiche
 
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