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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Drittes Heft (März 1906)
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Schmitt, Franz Jacob: [Rezension von: Eugen Kranzbühler, Verschwundene Wormser Bauten. Beiträge zur Baugeschichte und Topographie der Stadt]
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Bruck, Robert: [Rezension von: Karl Statsmann, Zur Geschichte der deutschen Frührenaissance in Strassburg i. E.]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0055

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März-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

47

Oberrheine. Selbst die im Renaissance-Stile er-
richtete Domkirche Santa Margherita zu Monte-
fiascone ragt mit hohen Substruktionen über den
Bergabhang heraus und gab einer Unterkirche
Raum, worin im Winter die heiligen Punktionen
begangen werden; darüber erst baut sich, dem
Niveau der Strassen entsprechend, ein grosses,
apsidengeschmücktes Achteck von 25 Meter Licht-
weite auf. Das zweischiffige San Giovanni
Battista in Siena bildet die gothische Unterkirche
des Chores der St, Maria geweihten Erzbischöf-
lichen Kathedrale. — Da im Jahre 1275 in der
Wormser Krypta von St. Johannes dem Täufer
ein Altai’ St. Simon und Judas Thaddens erwähnt
wird, so kann auf einen hier stattgefundenen
regelmässigen Gottesdienst geschlossen werden;
wurde doch aus dem ursprünglichen Baptisterium
nachmals die Pfarrkirche der Domgemeinde Diese
bedurfte einen Glockenturm und gewölbte Nischen
zur Aufstellung der Altäre, was denn alles die
Rekonstruktion vom Jahre 1200 ab, unter Beibe-
haltung der Unterkirche und der äusseren Um-
fassungsmauern, zur Ausführung gebracht hat.
Der Wormser Vorgang steht nicht vereinzelt,
denn es ist bekannt, dass die heutige Domkirche
St. Bavo zu Gent in Belgien ehemals St. Johannes
dem Täufer geweiht und dabei bereits im Jahre
941 eine gewölbte Krypta vorhanden war. Der
Merseburger Dom ist St. Johannes dem Täufer
und Laurentius geweiht, auch er hatte bereits nm
die Mitte des XI. Jahrhunderts eine gewölbte
Säulen-Krypta. Als Siciliens älteste Kirche gilt
San Giovanni Battista in Syrakus, sie besitzt eine
dem Heiligen Marziano konsekrierte Krypta. —
Als im Jahre 1807 die Wormser St. Johannes-
Kirche auf Abbruch zur Versteigerung kam, war
eine der Bedingungen, dass die Fundamentmauern
binnen 8 Jahren bis auf l3/4 Meter Tiefe auszu-
brechen seien, und es ist anzunehmen, es sei dies
wirklich nur so weit geschehen; Nachgrabungen
unter fachmännischer Leitung werden daher sicher
von der ehemaligen Substanz der Unterkirche
gerade noch soviele Anhaltspunkte liefern, um
eine Wiederherstellung vom Grundrisse, sowie
aufgehenden Mauerwerke samt der Steinwölbung
zu ermöglichen. — Seite 104—108 handelt vom
grössten der ehemaligen Wormser Klöster, dem
der Benedektinerinnen zu Mariamünster, 3/4 Kilo-
meter vor dem Pfauentore in der südöstlichen
Ecke der äusseren Stadtbefestigung, dessen Grün-
dung dem von 814—840 regierenden König Lud-
wig dem Frommen zugeschrieben wird. Von ganz
besonderem Interesse ist, dass die St. Maria ge-
weihte Abteikirche unter ihrem geosteten Chore
eine gewölbte Krypta besass; auch im nahen,

westwärts von Worms gelegenen Dorfe Hochheim
hat sich eine romanische Säulen-Krypta in der
1141 bereits urkundlich erwähnten St. Peterspfarr-
kirche erhalten; das gleiche ist unter dem platt
geschlossenen Chore der Pfeiler-Basilika St. Petrus
des regulierten Augustiner-Chorherren-Stiftes
Höningen in der Bayerischen Rheinpfalz der Pall,
ebenso hat die St. Gallus-Pfarrkirche zu Laden-
burg am Neckar unter dem frühgothischen Chore
noch ihre romanische Säulen-Krypta, endlich
findet sich die gleiche Anlage bei der kreuzförmi-
gen dreischiffigen Säulen-Basilika des Erzengels
Michael der Benediktiner-Mönche auf dem oberen
Heiligenberge bei Heidelberg, somit bei fünf
Gotteshäusern des vormaligen Bistums Worms,
und schon hieraus mag geschlossen werden, es
habe die Mutterkirche der Diöcese, des Apostel-
fürsten St. Petrus Dom, gleichfalls eine gewölbte
Krypta romanischen Baustiles unter dem Ostchore
besessen.
Franz Jacob Schmitt
Statsmann, Karl: Zur Geschichte der deut-
schen Frührenaissance in Strassburg i. E. Mit
77 Textabbildgn., Tabellenverzeichnis von
Bauwerken des 15. u. 16 Jahrh. zu Strass-
burg u. m Namenregister. (88 S.) 4°. Strass-
burg, L Beust ’06. Geb. in Leinw. 7,—.
Die Arbeit ist eine jener ausführlichen Lokal-
forschungen, wie sie immer dankbar begrüsst wer-
den müssen. Insbesondere auf dem Gebiete der
Architektur ist noch viel Arbeit zu leisten. Der
Mangel hierin ist leicht erklärlich. Einerseits fehlt
den meisten Kunsthistorikern die Fertigkeit des
Zeichnens und Aufmessens der Bauten, andererseits
oft den Architekten die Kenntnis der Entwicklung
der Geschichte der Kunst in ihren Einzelheiten
und der einschlägigen Literatur, auch wird von
dieser' Seite zu wenig Wert auf das Studium in
den Archiven gelegt. Nur wo sich, wie bei dem
vorliegenden Buche, der Verfasser als Geschichts-
forscher und als denkender, zeichnender Architekt
in einer Person erweist, kann etwas wirklich Er-
spriessliches auf diesem Gebiete geleistet werden.
Statsmann hat uns mit seiner Arbeit in eingehend-
ster Weise mit dem Aufkommen und Wachsen der
Frührenaissance in Strassburg bekannt gemacht.
Es ist ein dankbares Kapitel aus einem der inter-
essantesten Ge l iefe der Kunstgeschichte, das er be-
handelt und welches er mit zahlreichen Abbildun-
gen ausschmückt, die auf Grund von eigenen und
von Aufnahmen der Schüler des Verfassers ent-
standen sind. Statsmann will in seiner Arbeit zei-
gen, dass, wenn wir unter Frührenaissance alle
 
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