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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Drittes Heft (März 1906)
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Frey, Karl: [Rezension von: Klassiker der Kunst in Gesamtausgaben, Bd. VII: Michelangelo]
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Meier-Graefe, Julius: [Rezension von: Oscar Münsterberg, Japanische Kunstgeschichte II]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0060

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52

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

März-Heft.

dieses Buches die überwiegende Mehrzahl sein, denn
dem Fachmanne wird darin nichts Neues geboten.
Das Papier ferner, das zur Verwendung gelangt ist,
hat einen unangenehm fettigen Glanz und beein-
trächtigt die künstlerische Wirkung der Bilder
erheblich — kurz, auf diesem Gebiete hätte man
etwas Vollendeteres als nur eine verbesserte und
vollständigere Publikation ä la Knackfuss erwarten
können, zumal in unserer inbezug auf die photo-
mechanischen Vervielfältigungsverfahren so hoch
entwickelten Zeit und namentlich im Hinblick auf
die Kreise, an die sich die Veranstaltung in erster
Linie wendet Denn gibt es wohl eine schönere
Aufgabe, als die sich Herausgeber und Verleger
gestellt haben? nämlich die Heroen, die Haupt-
meister der Kunst aller Völker und Zeiten durch
möglichste Verbreitung zum Gemeingute weitester
Kreise zu machen? Für solche populären Zwecke
ist aber gerade das Beste gut genug; und fehlten
dazu die geeigneten Vorlagen, so hätten sich un-
schwer neue beschaffen lassen, zumal in diesem
Falle, bei dem umfangreichen Absätze, der Preis
des Buches — 6 Mark — das kaufmännische
Interesse mit den idealen Zielen sehr wohl vereinte.
Auswahl und Anordnung des Bildmateriales
zeigen die Hand des kundigen Forschers, der sich
in Michelagniolos Kunst einzuleben verstanden hat.
Dasselbe ist im grossen und ganzen auch vom i
Begleittexte zu sagen. In bilderreicher, pointierter
Sprache, die aber entlegene Vergleiche liebt, und
doch in grossen Zügen, verbreitet sich Knapp über
Leben, Wesen und Werke Michelagniolos. Nur
scheint er mir bei all seiner Begeisterung bis-
weilen die Realien aus den Augen verloren zu
haben. Daher kommt es, dass eine grosse Anzahl
von Ausführungen und Behauptungen Wider-
spruch erregen, dass man vielfach eine Begründung
überraschender Bemerkungen vermisst. Der Ver-
fasser erweckt da mehr das Interesse des
Forschers, der sich gern mit ihm ausein-
andersetzen möchte. Doch will ich mit ihm,
dessen Kollege an derselben Bildungsstätte zu sein
ich die Ehre habe, nicht rechten, — schliesslich
heisst es hier: minima non curat praetor. Ob
freilich damit dem populären Zwecke der Publi-
kation gerade gedient wird, ist eine andere Frage.
Von Werken wie das vorhegende erwartet man
rückhaltlose Darlegung des Tatsächlichen, ohne
Nebendinge. Die schönsten stilkritischen und
ästhetischen Leckerbissen bleiben ungenossen von
einem Publikum, das doch überhaupt erst dei’
künstlerischen Erziehung, der Belehrung-, der Ein-
führung bedarf. Und was gibt es schöneres als
gerade hier zu belehren, ungekannte oder noch
unverstandene Welten aufzuschliessen und Liebe

zur ewig gültigen Kunst und zu den grossen
Künstlerpersönlichkeiten zu wecken! Gerade ich,
der ich öfters in der Beziehung Gelegenheit habe,
vor dem grossen Publikum zu sprechen, weiss,
wie dankbar es seinem Führer, der ihm schlicht
die Dinge erklärt, ist, wie dann die Augen
leuchten und die Herzen bewegt werden, sicher-
lich die schönste Genugtuung für einen Gelehrten,
der die Früchte seiner Mühen vielfältigst reifen
sieht. Ich meine, eine einfache, wohl abgerundete
Beschreibung der Werke, eine klare Darlegung
der künstlerischen Ziele und Absichten, eine
diskrete Behandlung des jeweiligen Stoffes, die
immer nur auf das Wesentliche eingeht und doch
erschöpfend ist, bei der Person und Neigungen
des Verfassers ganz zurücktreten, wie der epische
Sänger hinter sein Gedicht, dürfte am besten und
am dankenswertesten sein. Und dies: eine klare,
durchsichtige, grosszügige Beschreibung wird in
diesem Falle auch zu einer Kunstleistung für sich,
verlangt einen ganzen Mann, der sein Gebiet voll-
ständig beherrscht. Knapp vermag dies. — Gerade
sein Text zu Michelagniolo zeigt es, trotz allem,
was beanstandet werden muss. Möchte das Buch
viele Freunde finden und in einer neuen Auflage
die Mängel, die ihm anhaften, beseitigt werden.
Karl Frey
Asiatische Kunst.
Oscar Münsterberg. Japanische Kunstge-
schichte II. 263 SS. 4°. 212 Abb. im Text und
23Taf. Braunschweig o. J. George Wester-
mann. Mk. 15,—.
Der zweite Teil der japanischen Kunst-
geschichte Münsterbergs ist eine würdige Fort-
setzung des ersten. Vielleicht hat der Liebhaber
erwartet, dass die im ersten Band behandelten
wichtigsten Gebiete der Kunst Nippons, zumal
die Malerei, deren Behandlung manche Fragen
offen liess, hier noch einmal vorgenommen würden,
um den Zusammenhang der mehr kunstgewerb-
lichen Dinge mit ihnen zu zeigen. Münsterberg
ist es offenbar weniger darauf angekommen, ein
organisches Kulturbild Japans in dem Leser zu
erzeugen, als ihm die Elemente nebeneinander auf-
zustellen, die der Leser dann in selbständiger
Synthese zu verbinden hat. Freilich verleitet die
japanische Kunst zu dieser Behandlung, und was
bei der Betrachtung einer europäischen Entwicklung
Nonsens wäre, wird hier natürlich. Man mag die
Japaner noch so hoch stellen, man kommt nicht
über den Eindruck hinweg, es hier mit einer spezi-
fisch kunstgewerblichen Darbietung zu tun zu haben,
 
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