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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Zehntes Heft (Oktober 1906)
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Siebert, Karl: [Rezension von: Emil Schaeffer, Friedrich Karl Hausmann. Ein deutsches Künstlerschicksal]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0189

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MONATSHEFTE

DER KUNSTWISSENSCHAFTLICHEN LITERATUR

unter Mitwirkung vieler Kunstgelehrten herausgegeben von
Dr. Ernst Jaffe und Dr. Curt Sachs.

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Zehntes Heft. □ Oktober 1906.

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Deutsche Kunst.
Emil Schaeffer. Friedrich Karl Hausmann.
Ein deutsches Künstlerschicksal. Mit 30
Abbildungen in Tonätzung. Berlin 1907.
Verlag von Julius Bard. M. 5,—.
Einen Dank hat sich der Verfasser der vor-
liegenden Monographie dadurch erworben, dass er
einem echten, aber fast vergessenen Künstler, nach-
dem er ihn auf der Jahrhundertausstellung deutscher
Kunst zur wohlverdienten Anerkennung brachte,
auch noch ein literarisches Denkmal gesetzt hat.
Da ihm seitens der Familie des Künstlers das vor-
handene Quellenmaterial zur Verfügung gestellt
wurde, und somit sein Buch auch für spätere
Zeiten als grundlegend zu betrachten ist, so möchte
ich einige Versehen und falsche Auffassungen, die
wohl zum Teil dem raschen Entstehen des Werkes
zuzuschreiben sind, richtig stellen.
Schon der Untertitel: „Ein deutsches Künstler-
schicksal“ erweckt leicht in jedem Unbefangenen
den Gedanken, dass es sich um einen tragischen
Schlussakt handele, und doch ist dem nicht so.
Wenn es auch für die Kunst bedauerlich ist, dass
ein so hervorragend koloristisches Talent, wie
Hausmann es war, nach einem meteorartigem Auf-
stieg wieder im Dunkel verschwand, so war seine
spätere Tätigkeit als Direktor der Hanauer Zeichen-
akademie für die Kunstindustrie eine äusserst
segensreiche, und mancher kunstgewerbliche Zweig
zehrt heute noch, wenn auch vielleicht unbewusst,
von den Früchten seiner Arbeit. Ein ausgesprochen
dekorativer Sinn und ein plastisches Feingefühl
kam Hunderten von Schülern, die er im Laufe von
mehl' als 20 Jahren heranbildete, zu gute. Nach
der Ansicht seiner näheren Freunde litt Hausmann
weit weniger unter der Erinnerung an die auf-
gegebenen Jugendideale, als unter einem ungewohn-
ten Bureaukratismus und ganz besonders noch
unter dem Aerger, dem er in jahrelanger offner
und versteckter Fehde mit einem Mitgliede seines
Lehrerkollegiums ausgesetzt war. Selbst 18 Jahre
nach seinem Tode machte dieser Streit noch ein-
mal in einer unliebsamen Weise von sich reden.

Er war im Grunde eine liebenswürdige Natur und
bewahrte sich sein seelisches Gleichgewicht dadurch,
dass er in seinen Mussestunden das Ehrenamt eines
Konservators der Sammlungen des Hanauer Ge-
schichtsvereins bekleidete. Der Onkel seines
Freundes W. Lindenschm.it, der bekannte Direktor
des römisch-germanischen Zentralmuseums in Mainz,
scheint seine Bestrebungen auf diesem Gebiete ge-
fördert zu haben. Diese Nebenbeschäftigung betrieb
er mit ebenso grossem Verständnis als Eifer; Tage
lang konnte er sich oft mehrere Stunden mit einer
rührenden Geduld abmühen, germanische oder
römische Keramiken, die in unendlich viele Stücke
zerbrochen waren, wieder zusammenzusetzen.
In der Beurteilung seines Lehrers Pelissier
bin ich in vielen Punkten zu einer ganz anderen
Ansicht als Schaeffer gekommen. Als weniger
wichtig möchte ich im voraus bemerken, dass
Pelissier mit seinem Vornamen „Theodor“ und
nicht „Gustav“ hiess, wie auf Seite 11 zu lesen,
und dass sein Aufenthalt in Rom keine 20, sondern
nur 9 Jahre betrug. Ueber die Bedeutung seiner
Künstlerschaft besteht wohl kaum ein Zweifel,
er steht höchstens in seinen Landschaften auf dem
damaligen Durchschnittsniveau, und dem Urteile
Naglers aus dem Jahre 1841 (Künstlerlexikon
Bd. XI. S. 63): „In seinen Bildern herrscht frisches
Leben in Form und Farbe, und selbst wenn letztere
blendend ist, fehlt es nicht an Ruhe und Har-
monie“ möchte ich nur bedingt zustimmen. Dass
er aber eine ganz ausserordentliche Lehrbegabung
besessen haben muss, ist schon daraus zu schliessen,
dass er so hervorragende Schüler wie Cornicelius
und Hausmann bis zu ihrem 24. Jahre an sich zu
fesseln verstand, und auch sein Schüler Gustav
Spangenberg erst im Alter von 21 Jahren nach
Antwerpen übersiedelte. Mit besonderer Achtung
hörte ich öfters noch in späteren Jahren Cornice-
lius und den feinsinnigen August Schleissner von
ihm sprechen. Die Ansicht, dass er in Rom ein
eingefleischter Nazarener geworden sei, ist eine
irrige, er verkehrte zwar mit ihnen, aber weit mehr
noch mit den Landschaftern aus dem Kreise
J. A. Kochs und Reinharts. Auch mit Horace
 
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