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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Zweites Heft (Februar 1906)
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Zimmeter, Kuno: [Rezension von: Ernst Jaffé, Josef Anton Koch, sein Leben und Schaffen]
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Waetzoldt, Wilhelm: [Rezension von: Henry Thode, Böcklin und Thoma. Acht Vorträge über neudeutsche Malerei, gehalten für ein Gesamtpublikum an der Universität zu Heidelberg im Sommer 1905]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0030

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22

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

Februar-Heft.

Perioden; der erste römische Aufenthalt. brachte
den Anschluss an Carstens und dessen nachhaltigen
Einfluss auf Koch, der damals noch vorwiegend
zeichnete und radierte.
Wenn sich der Künstler auch, wie das jüngst
von dei' Kunsthalle angekaufte Oelbild Kochs (bz.
1796) beweisst, schon früher ab und zu mit Oel-
malerei beschäftigt haben mag, so müssen wir
doch dem Autor zustimmen, wenn er den Beginn
der eigentlichen Tätigkeit Kochs als Oelmaler mehr
an das Ende dieser Periode (1805) verlegt.
Bei’ Wiener Aufenthalt (1812—1815) bildet
naturgemäss die 2. Schaffensperiode. Der Meister
begründet seinen Huf durch das in München preis-
gekrönte Bild „das Opfer Noah“.
Die zweite römische Periode (1815—1839) zeigt
uns die Zeit der Reife; Kochs beste Schöpfungen
fallen in diese Epoche, wie „der Raub des Hylas“,
„Apollo unter den Hirten“, „Macbeth und die
Hexen“, die „Landschaft bei Olevano“ u. a., end-
lich die Massimi-Fresken in Rom, in welchen die
Dante Verehrung Kochs monumentalen Ausdruck
fand.
Diesem biographischen Teile folgt eine Würdi-
gung Kochs als Künstler, Lehrer, Mensch und
Schriftsteller.
Dass der Verfasser nicht in den Fehler der
meisten Biographen, Heb ermass im Lobe, verfällt,
muss hervorgehoben werden, denn es ist nicht
leicht, einer Individualität gegenüber, die uns durch
eingehendes Studium lieb geworden, in allen Fällen
die Objektivität zu bewahren.
Jaffe nimmt einen weitgehenden Einfluss Kochs
auf die Entwicklung der Landschaft im 19. Jahr-
hunder bis auf Arnold Böcklin an, allerdings mit
der Einschränkung, dass sich dieser Einfluss nur
auf den geistigen Inhalt und die Auffassungsweise
bezieht.
Einen sehr wertvollen Teil der Arbeit Jaffes
bilden auch die beigegebenen Verzeichnisse der
Werke Kochs, die mit wahrem Bienenfleiss zu-
sammengestellt sind. Dass das Werkchen mit ge-
nauem Quellenverzeichnis und Register versehen
ist, erleichtert dessen wissenschaftliche Benützung.
Die beigegebenen Abbildungen haben als
Erstpublikationen umsomehr Wert, als von den
Werken Kochs, wie bereis erwähnt, mit Ausnahme
der Iconographia Dantesca, von Giov. Ghirardini
über D. E. Valle Veranlassung herausgegeben, und
der von Prof. Hans Semper bei Gelegenheit des
kunsthistorischen Kongresses als Festgabe publi-
zierten Skizzen, nur wenige Reproduktionen exi-
stieren.
Bei dieser Gelegenheit sei auch auf die von
Jaffe besorgte neue Herausgabe von Kochs Büch-

lein der „Modernen Kunstchronik; Briefe zweier
Freunde in Rom und der Tartarei über das moderne
Kunstleben und Treiben, oder die Rumford’sche
Suppe", ein Werk voll origineller Kraft und Ur-
wüchsigkeit, hingewiesen, wodurch sich der Ver-
fasser kein geringes Verdienst erworben hat.
Kuno Zimmeter
Henry Thode. Böcklin und Thoma. Acht
Vorträge über neudeutsche Malerei, ge-
halten für ein Gesamtpublikum an der Uni-
versität zu Heidelberg im Sommer 1905.
Heidelberg 1905, Carl Winters Universi-
tätsbuchhandlung. 8° XII, 178 S. M. 3,—.
Zur Veröffentlichung dieser Vorträge sah sich
Th. veranlasst durch die „persönlichen Schmäh-
ungen“, denen er im Verlaufe der Kontroverse über
Meier-Gräfes Böcklin-Buch ausgesetzt war. Sein
Buch will eine sachliche Entgegnung auf „nicht
sachliche“ Angriffe sein, will die Antwort geben
auf den Vorwurf „intellektueller Immoralität“.
Es ist also ein Protest gegenüber dem fran-
zösischen Impressionismus und seinen deutschen
Wortführern und gleichzeitig ein Bekenntnis
zu den beiden Vertretern deutscher Art und Kunst,
gegen die sich die Angriffe jener Partei in erster
Linie richteten, zu Böcklin und Thoma.
Th. unternimmt es einen sicheren Standpunkt
inmitten der „Flucht der künstlerischen Erschei-
nungen", einen Massstab der Beurteilung zu suchen
auf dem Boden gewisser ästhetischer Grund-
tatsachen. Als solche gilt ihm die Analyse der
künstlerischen Auffassung: „künstlerische Empfäng-
nis ist die Erweckung reinen, d. h unselbstischen
Gefühles durch einen von der höheren Sinnlichkeit
und der Einbildungskraft gemeinsam hervorge-
brachten Eindruck. Das Kunstwerk ist der durch
vollkommene Wiedergabe einer einheitlichen deut-
lichen Vorstellung gestaltete Ausdruck reinen
Gefühls“; als eine zweite ästhetische Grundtatsache
betrachtet Th. das Vorhandensein einer natio-
nalen Kunst: „alle echte Kunst ist Volkskunst.
Aus einem tiefen Müssen der Volksseele stammt
sie, und nur wo sie aus der Volksseele stammt, hat
sie ein notwendiges Leben“. Für eine Betrachtung
der neudeutschen Malerei ergibt sich daraus als
erste Frage die: Was ist deutsch? Th. fasst
den künstlerischen Ausdruck der Weltanschauung
des Deutschen in den 4 Hauptmomenten zusammen:
„starker Gefühlsausdruck, Universalismus des
Schauens, grösste Naturtreue oder, sagen wir besser,
Naturliebe und reichste Empfindungskraft.“ Dem-
nach lautet das künstlerische Glaubensbekenntnis
des Deutschen: „Alle Erscheinung ist Wesensoffen-
barung, alle Form hat Sinn und Wert nur als
 
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