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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Viertes Heft (April 1906)
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Habich, Georg: [Rezension von: Rudolf Bosselt, Ueber die Kunst der Medaille]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0083

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April-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

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geschehe als durch Worte. Aber die Worte sind
gut gewählt und klar gesetzt, so dass man Bosselts
Vortrag — um einen solchen scheint es sich in der
Tat zu handeln — gern folgt, auch da, wo er
Altbekanntes wiederholt. Seine Ausführungen
über die verschiedenen Techniken, über Guss und
Prägun'g, über das vielbesprochene Reduktions-
verfahren der modernen Stempelschneider sind
knapp und anschaulich. Sie geben auch dem Laien
ein Bild des verwickelten maschinellen Vorgangs.
— Bosselt ist in Baris geschult und so ist es nur
natürlich, dass er auf die Künste der Verkleinerungs-
maschine schwört und sich auch als ausübender
Künstler des ganzen Raffinements der französischen
Medaillenkünstler bedient. Aber wie stimmt dazu
folgende Erkenntnis: „Die Modelle zu der Guss-
medaille der Renaissance, ob sie nun in Buchs-
baumholz oder Kelheimer Stein geschnitten oder
in Wachs bossiert waren, sind immer in der’
Originalgrösse gefertigt worden. . . . Das
Arbeiten in diesem kleinen Massstab zwang
dem Künstler eine gewisse Beschränkung auf,
zwang ihn, nicht zu weit ins Detail zu gehen;
verhinderte ihn mit einem Wort: kleinlich zu
werden“. Am Schlüsse des Büchleins (S. 35), wo
sie sich findet, macht diese Erkenntnis einen etwas
verspäteten Eindruck. — Einige gute Bemerkungen
über die Misere unserer modernen deutschen Münze
finden sich auf S. 29.
Weniger Interesse bietet ein historischer Teil,
in dem sich der Verfasser offenbar Rechenschaft
über seine Kenntnisse gibt, die er aber mit Hilfe
jedes kleineren Handbuchs (Sallet oder Dannenberg)
bedeutend vermehren und rektifizieren könnte.
Gelegentliche polemische Seitensprünge, die sich
gegen „die“ Kunstgelehrten richten, stossen längst
offene Türen ein. Dass man Blei nicht ziseliert

oder dass Gussformen von Medaillen nicht in Eisen
geschnitten werden, war uns nicht ganz unbekannt
und ist längst richtig gestellt. Das merkwürdige
Eisenstück in Berlin (übrigens nicht von Benedetta
da Majano!) halte ich, nebenbei bemerkt, für ein
Terrakotta - Modell. — Auch was Bosselt über
Fälschungen alter’ Medaillen vorbringt, verblüfft
nicht eben durch Neuheit. Völlig’ naiv ist es
vollends, wenn er den Grössenunterschied zwischen
Originalen und Nachgüssen als Kriterium der
Fälschung deshalb nicht gelten lässt, weil „schon
durch ungleiches Befeilen des Randes“ solche kleine
Unterschiede hervorgerufen würden. Freilich ge-
nügt es nicht, den äusseren Durchmesser mit der
Elle auszumessen, sondern ein Zirkel, mit dem man
natürlich das innere Feld von Punkt zu Punkt
abmisst und vergleicht, ist entschieden vorzuziehen,
Aber das weiss in Sammler- und Kennerkreisen
jedes Kind.
Von den Freuden des Sammlers alter Medaillen
spricht Bosselt überhaupt sehr despektierlich,
und in manchem hat er recht. Weit über das Ziel
hinaus schiesst er jedoch, wenn er das historische
Interesse und die Wertschätzung der Renaissance-
medaillen verantwortlich macht für Gleichgiltig-
keit des Publikums gegen die moderne Medaillistik.
Das ist — mit Verlaub ■— Selbstbetrug. Nicht
an dem lieben Publikum liegt allein die Schuld,
sondern umgekehrt, an der — Medaille. Man gebe
uns von der Art der Hildebrandtschen Bismarck-
Münze, die bekanntlich zu Tausenden verkauft
wurde und wird, ein Dutzend, ein halbes Hundert
Medaillen: eine Goethe-, Beethoven-, Luther-,
Mozart-, Schiller-Medaille, ebenso fein und so nobel
wie jene: und für den Erfolg wird garantiert.
Georg Habich

BIBLIOGRAPHIE



Deutsche Kunst.
Aufsätze:
Zeitschrift für christliche Kunst 12. Romanische
Dekoration in der Kilianskirche zu Lügde bei
Pyrmont (Fr.Witte). — Ein Beichtstuhl-Inkunabel
(Johannes Graus). ■— Die gravierten Metall-
schüsseln des XII. und XIII. Jahrhunderts
III. (Schluss.) (A. C. Kisa.)
Hannoverscher Courier 8. 2. Maler Karl Holleck-
Weithmann (H. Müller-Brauel).

Kunstwart 9. Wilhelm Steinhausen (F. Avenarius).
Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des aller-
höchsten Kaiserhauses XXV. 5. Hans Maler v.
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Der Kunstfreund 3. Albrecht Steiner vonFelsburg III
(H. v. Wörndle). — Kirchliches Kunstschaffen
in der Erzdiözese Salzburg 1904—1905 (G. R R.)
— Die Pfarrkirche in Schwaz II (J. Jordan).
Deutsche Kunst u. Dekoration 6. Georg Wrba-
München (G. Habich).
 
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