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Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur — 2.1906

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Elftes Heft (November 1906)
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Haenel, Erich: [Rezension von: P. Ansgar Pöllmann O. S. B., Vom Wesen der hieratischen Kunst. Ein Vorwort zur Ausstellung der Beuroner Kunstschule in der Wiener Sezession]
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Beissel, Stephen: [Rezension von: Max Wingenroth, Angelico de Fiesole]
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Gronau, Georg: [Rezension von: W. von Seidlitz, Ambrogio Preda und Leonardo da Vinci]
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https://doi.org/10.11588/diglit.50012#0213

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N ovember-Heft.

Monatshefte der kunstwissenschaftlichen Literatur.

205

Kunst heraus, deren „selbstlose Gottesdienstlich-
keit“ ihm heute allein die Athosklöster und eben die
Beuroner Schule zu besitzen scheinen. Dem l’art
pour l’art setzt er das l’art pour Dieu entgegen,
die von der Askese beherrschte, monastische Kunst,
die aus dem Gebete, aus den Psalmen erspriesst.
In einer nicht unverständigen Parallele mit
dem ägyptischen Stil gelangt er schliesslich zu
dem Eingeständnis, dass die Beuroner Kunst in
der Earbe durchaus ägyptisch sei. "Wenn er frei-
lich dann Klingers Beethoven das Meisterwerk
eines mit hieratischer Kraft geführten Meissels
nennt, wird man an seiner früheren Definition
wieder bedenklich irre. Ausfälle wie die gegen
den neuzeitlichen Naturalismus, der die heutige
Pornographie grossgezogen habe etc., tragen natür-
lich zu der Ueberzeugungskraft des Schriftchens
nicht gerade bei. Immerhin mag es in einer Zeit,
wo der Anschluss der Kirche an die in der Gegen-
wart wurzelnde Kunst von mancher Seite so
dringend gefordert wird, als ein nicht unwichtiger
Beweis dafür gelten, wie viel noch geschehen
muss, ehe diese beiden gewaltigen Mächte sich in
Wahrheit werden gefunden haben.
Erich Haenel
Italienische Kunst.
Max Wingenroth. Angelico da Fiesoie. 8°.
124 S.). Mit 109 Abbildungen na ch Gemälden
undZeichnungen. (Künstler-Monographien.
In Verbindung mit An deren herausgegeben
von H. Knackfuss. LXXXV.) Bielefeld und
Leipzig 1906, Velhagen und Klasing. 4 M.
An Monographien über den beliebten Domini-
kanerkünstler fehlt es jetzt nicht; erhielten wir
doch, abgesehen von vielen Abhandlungen in Zeit-
schriften, eigene Bücher über ihn in den letzten
Jahren von Tumiati (Florenz 1897), Supino (Florenz
1898), Crawford (London 1900), Nieuwbarn (Leiden
1901) , Douglas (London 1901), Rothes (Strassburg
1902) , Broussole (Paris 1902), Beissel (2. Aufl.
Freiburg 1904), Sortais (Lille 1905), Cochin (Paris
1906) und Newnes (London 1906). Trotzdem ist
Wingenroths Darbietung willkommen, weil er
sich ja schon wiederholt in eingehender Art über
diesen Maler geäussert hat. Während für fast
alle übrigen Sachen in den genannten Büchern
sowie in ältern Werken die bekannten ge-
schichtlichen Nachrichten und die besonders auf
Vasari fussende Wertschätzung der „frommen“
Bilder des „mystischen“ Meisters stets wiederholt
werden, zeigt sich Verschiedenheit besonders in

zwei Punkten: in den Fragen nach dem Verhältnis
Angelicos zur Miniaturmalerei und nach der
chronologischen Folge seiner Werke. Hinsichtlich
des erstem ist Wingenroth der Ansicht, der Frate
habe sich von der Miniaturmalerei zu Tafelmalerei
und Wandmalerei emporgeschwungen. Dagegen
sprechen aber besonders zwei Gründe, einmal, dass
Starnina sein Lehrer gewesen zu sein scheint,
dann, dass wir keine mit Sicherheit ihm zugehörigen
Miniaturen kennen. Die Angabe Wingenroths,
einige Miniaturen der Bücher in S. Marco stammten
von ihm, wiesen aber seinen „unverfälschten Jugend-
stil“ auf, ständen „den Früh werken des Meisters
ausserordentlich nahe“, scheinen einen Wider Spruch
zu enthalten, da sie jedenfalls erst nach 1436 ent-
standen, als er doch auf der Höhe seines Ruhmes
stand.
Hinsichtlich der geschichtlichen Ordnung der
einzelnen Werke Angelicos sind in den letzten
Jahren bedeutende Fortschritte gemacht worden,
doch ist darin von der Zukunft noch mehr zu
hoffen. Die Grundlagen der Kritik sind noch sehr
schwankend. Es steht nicht fest, ob gotische
Formen an den Bildern oder an deren Rahmen un-
bedingt auf frühere Zeit hin weisen als Architektur-
teile der Renaissance, inwieweit der Meister
Schülern Mitarbeit gestattete oder Wiederholungen
viel früherer Werke vermied.
Gozzolis Anteil an den Wandmalereien im
Vatikan, nicht aber an den Gewölben zu Orvieto,
hat Wingenroth jetzt auf ein annehmbares Mass
heruntergesetzt. Sein Buch liest sich zwar leicht,
ist aber eine reife Frucht gründlicher Studien.
Stephan Beissel
W. von Seidlitz, Ambrogio Preda und Leo-
nardo da Vinci. Jahrbuch der kunsthisto-
rischen Sammlungen des A. H. Kaiser-
hauses, Band XXVI, Hefti. Wien und Leip-
zig 1906. 48 S.
In der vorliegenden Schrift sucht W. v. Seidlitz,
zu seit mehreren Jahrzehnten betriebenen Studien
zurückkehrend, die Persönlichkeit eines der nam-
haftesten Künstler aus Leonardos Kreise klar zu
umschreiben und damit zugleich der im Grunde
so viel wichtigeren Aufgabe zu dienen, die
darin besteht, den grossen Florentiner von dem
Ballast unbedeutender, ja geradezu schlechter
Schöpfungen zu befreien, die ihm leider immer noch,
kritiklos genug, aufgebürdet werden. Man darf
sagen, dass es der erste, ernsthafte Versuch dieser
Art ist, und muss schon darum die Arbeit mit Dank-
barkeit auf nehmen.
Seidlitz hat äusserst eingehend, in chronolo-
gischer Darlegung, den Stand der Frage geschildert:
 
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