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Mone, Franz Joseph [Editor]
Quellensammlung der badischen Landesgeschichte (3. Band) — Karlsruhe: Druck und Verlag von E. Macklot, 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.61764#0030

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Die einzige Handſchrift dieſer Chronik iſt auf Papier
in klein Quart, 15 Blätter ſtark, zwiſchen 1510 bis
1529 verfertigt, und kam mit dem Archiv von Sal-
mannsweiler nach Karlsruhe. Sie iſt eine Abſchrift,
deren Original bis jetzt nicht mehr aufgefunden wurde.
Der Abſchreiber hatte eine ſehr flüchtige Hand und konnte
manche Stellen des Originals nicht mehr leſen. Er hat
auch ſpätere Ergänzungen aus dem 15. Jahrhundert in
ſeine Copie aufgenommen, ſo Kap. 14 die Stelle: quam
dominus Petrus Oxer XIII. abbas — complevit, im Texte
des Chroniſten heißt es nur: quam nec successor suus
perficere studebat. Eine andere etwas jüngere Ergänzung
iſt unten in der Note bei Kap. 33 angeführt.
Der Chroniſt ſchrieb zwiſchen 1337 — 1342, was
daraus hervorgeht, daß er im Eingang Kap. 2 ſagt:
usque ad dominum Ulricum novissimum abbalem, womit
er den Abt Ulrich III. 1337—1358 meint. Er erwähnte
aber nicht, daß der abgetretene Abt Conrad von Ens-
lingen ſchon geſtorben ſei (er ſtarb als Biſchof in Gurk
1344) , er meldek auch nicht den Tod Benedikt's XII.
1342, daher iſt die Zeit der Abfaſſung der Chronik in
die Jaͤhre 1337 —42, am wahrſcheinlichſten zwiſchen
1337—-38 zu ſetzen. Wie weit der Chroniſt ſein Werk
fortſetzte, kann nicht beſtimmt angegeben werden. Die
Abſchrift bricht bei der Reſignation des Abtes Conrad im
Februar 1337 ab. Der Abſchreiber des 16. Jahrh. hat
indeſſen die Abtsreihe bis auf ſeine Zeit 1510—1529
fortgeführt. Die Chronik gieng aber wol nicht weiter, als
bis in die erſten Jahre des Abtes Ulrich III., 1337 — 1358.
Die ganze Chronik iſt eigentlich nur eine Geſchichte
des Abtes Ulrich II. von Selfingen, der vom Ende Juli
1282 bis 21. Mai 1311 regierte. Dieſe Biographie
wurde in der Abſicht abgefaßt, gleichſam ein Sitten-
ſpiegel fuͤr jeden Abt und Mönch zu ſein, deshalb nennt
der Verfaſſer ſelbſt ſein Werk einen traclatus super statu
monasterii. Die Reformen im Kloſterleben, die Strenge,
die Disciplin und der Kloſterhaushalt unter Abt Ulrich IL
ſind daher weitläufig behandelt, was auf die Vermuthung
führt, daß dieſe Schrift von dem Abte Ulrich III. von
Sargans bei ſeinem Regierungsantritt 1337 veranlaßt

wurde, um nach der Auflöſung der Kloſterdisciplin unter
Abt Conrad von Enslingen 1311 — 1337 wieder eine
beſſere Zucht im Kloſter einzuführen. Dieſe Vermuthung
einer Tendenzſchrift wird am Anfang und Ende derſelben
beſtätigt. Der Anfang iſt die Einleitung, um auf Ulrich
von Selfingen zu kommen, das Ende ein verurtheilender
Tadel ſeines Nachfolgers. Der Chroniſt wollte keine
Abtsreihe ſchreiben, ſondern nur die glänzenden Beiſpiele
von Aebten und würdigen Vorſtehern des Kloſters vor-
führen. Daher werden Aebte, von denen er nur den
Namen oder nichts rühmliches wußte, mit Stillſchweigen
uͤbergangen. Er handelt von den Tugenden Eberhard's I.,
ſpricht ſodann von Eberhard IL und von Ulrich J. Bei
Eberhard II. wird der Chroniſt tendenziös und parteiiſch.
Er lobt ſeine Verwaltung mehr, als jener Abt es zu
verdienen ſcheint, wenn man auf die Schuldenlaſt ſieht,
welche er ſeinem Nachfolger hinterlaſſen. Die Beweg-
gründe des Chroniſten bei dem Lobe Eberhard's II. habe
ich unten beſprochen, er war mit ihm verwandt und
hatte unter ihm ſein Noviziat angetreten. Mit dem über-
triebenen Lobe Eberhard's IL ſtimmt aber ſeine Verwal-
tung nicht überein, daher die jüngere Hand des 16. Jahr-
hunderts bei einzelnen Stellen Bemerkungen auf den Rand
der Handſchrift ſetzte, namentlich bei der Stelle Kap. 7:
istius boni viri und in demſelben Kapitel bei der Stelle,
welche ſagt, daß er aus Noth, wie ſeine Vorfahren
Leibrenten (pensiones) verkauft habe. Die wichtigſten
Thatſachen, welche der Ehroniſt nicht anführt, alſo viel-
leicht verſchwiegen, oder der Abſchreiber beſeitigt hat, ſind
die Gründung der Eremitage (1256) von Heinrich Fink,
die Maskerade eines Mönches als Teufel, der dabei von
einem Grafen von Montfort getödtet wurde, der päpſt-
liche Auftrag an Eberhard I, die Geſandtſchaft Con-
rad's von Enslingen u. .a. m.

Der Verfaſſer dieſer Biographie Ulrich's II. von Sel-
fingen muß ein Zeitgenoſſe dieſes Abtes geweſen ſein,
der aber noch 1337 fähig war, aus dem Gedächtniß die
frühere Disciplin des Kloſters zu beſchreiben. Er kann
alſo, wenn er bei der Wahl Ulrich's II. auch erſt 20 Jahre
alt war, etwa in ſeinem 75. Lebensjahre 1337 dieſe
 
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