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Mone, Franz Joseph [Editor]
Quellensammlung der badischen Landesgeschichte (3. Band) — Karlsruhe: Druck und Verlag von E. Macklot, 1863

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https://doi.org/10.11588/diglit.61764#0031

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Biographie verfaßt haben. Im Kap. 5 heißt es, daß zur
Zeit des Chroniſten, alſo in den Jahren 1300—1337,
noch ſehr alte Mönche vorhanden waren, welche ſchon unter
Abt Berthold von Urach (1241—42)) in Salem gelebthätten.
Dieſe Mönche müſſen, wenn ſie wirklich noch 1337 lebten,
106 bis 111 Jahre alt geworden ſein. Daraus darf man
nicht ſchließen, die Chronik ſei früher als 1337 geſchrie-
ben, denn der Verfaſſer kann die älteſten Mönche fruͤher
befragt haben, ehe er die Chronik ſchrieb. Beiſpiele eines
ſo hoͤhen Alters aus jener Zeit laſſen ſich übrigens nach-
weiſen, ſo wurde der Graf Otto von Eberſtein, der 1279
ſtarb, 109 Jahre alt* und nannte ſich ſelbſt in einer
Urkunde, die er in ſeinem hundertſten Jahre ausſtellte,
centenarius. Der Verfaſſer der Chronik kann, wie ich
oben bemerkt, 1337 nicht wol unter 75 Jahren alt.
geweſen ſein, wenn er nur 20 Jahre alt war, als Abt
Ulrich II. gewählt wurde. Einen Mönch, der 1336 in
noch etwas höherem Alter ſtand, nennt die Chronik ſelbſt.
Es iſt der leibliche Bruder des Abtes Ulrich II., Adel-
bold von Selfingen, welcher mit ſeinem Bruder, der
21 Jahre zaͤhlte, nach Beendigung ihrer gemeinſamen
Studien in Paris unter Abt Eberhard von Wolmatingen
1242 — 1276 in den Orden trat. Dieß geſchah nach
allen Anzeigen im Jahre 1273, denn nach einer Urkunde
von 1279 war er mit ſeinem Bruder ſchon Mönch im
Kloſter,** hatte alſo das canoniſche 25. Lebensjahr über-
ſchritten. Er kam mit 19 Jahren in das Kloſter und
lebte darin 64 Jahre, was vom Jahr 1273 bis 1337
ein Lebensalter von 83 Jahren gibt. Seine Geburt fällt
demnach in das Jahr 1254, die ſeines Bruders, des
Abtes, in's Jahr 1252. Die Unterſuchung über den Ver-
faſſer und die Zeit ſeines Tractatus führt mit einiger Wahr-


Bruder des Abtes Ulrich IL, deſſen Werke ſpätere Zuſätze
nach dem Jahr 1337 angehängt wurden. Es ergibt ſich
wenigſtens aus den Quellen, welche der Chroniſt benützte,
daß er ein Zeitgenoſſe Adelbolds von Selfingen war und
von dieſem Familiennotizen über die von Rordorf, Wolma-
tingen und Selfingen erhalten hatte.
Außer ſeinen Erlebniſſen hat nämlich der Chroniſt
folgende Quellen benützt: 1. Die fundatio monasterii
Salemilani, welche vorn in dem Kopialbuch von Salem
aus dem Anfang des 13. Jahrh. ſteht und daraus im
Bd. 1, S. 177 der Quellenſammlung abgedruckt iſt.
Er entnahm daraus die Angabe, daß die erſte Stiftung
des Kloſters mit XII. aratra fundirt worden war. Indeſſen
könnte auch die Stiftungsurkunde ſelbſt dafür Quelle
* 6, v. Krieg von Hochfelden, die Grafen von Eberſtein, —
** Zeitſchrift für die Geſch. des Oberrheins Bd. 9 S. 471.

19

geweſen ſein. 2. Iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß der
Chroniſt ein Rechnungsbuch des Kloſters benützte, da er
bei Verkäufen, Käufen und anderen Thatſachen ſo genaue
Angaben über beſtimmte Summen machen konnte. Freilich
wäre es auch möglich, daß er dies aus dem Gedächtniß
wiederholte, doch ſetzt dies voraus, daß er in einer
amtlichen Eigenſchaft, etwa als cellérarius, ſtets dabei
geweſen ſei. Dagegen ſtreitet Kap. 17, nach welchem
Rupert oder der Keller Heinrich von Isny die Verfaſſer
der Chronik ſein müßten, wofür ſich keine weiteren Gründe
finden laſſen. 3. Beweist die Stelle Kap. 5: quemad-
modum multi monachorum viderunt et audiverunt, quorum
aliqui etiam usque ad nostra tempora licet grandaevi
adhuc superstites perseveraverunt, daß der Chroniſt von
den aͤlteſten Mönchen des Kloſters ſich berichten ließ.
4, War eine Familientradition der Geſchlechter von Sel-
fingen, Wolmatingen und Rordorf die Quelle des Ver-
faſſers. Dieſes iſt durch die Ausführlichkeit über die Familie
Ulrichs von Selfingen, der von ſeinem Großvater Ulrich
von S. den Namen habe u. ſ. w., erwieſen. Die Stellen
Kap. 4 u. 5, ſowie Kap. 11 ſind leider ſehr verdorben,
ſonſt würde ſich der Urſprung jener Familientradition
noch genauer ermitteln laſſen. Denn in der Stelle Kap. 4:
cuius germanus et nepos (womit er Eberhard von Wol-
maͤtingen bezeichnen wilh und Kap. 5 in den Worten:
inter istos duos abbates (nämlich Eberhardus primus el
secundus) iſt offenbar bei et nepos ein Satz ausgefallen,
worin geſagt war, daß Eberhard II der nepos geweſen
ſei. Aus Kap. 11: sed in Constanlia, ut dietum est,
nutritus geht ferner hervor, daß — ohne Zweifel hier
im Kap. 4 oder 5 — von der Familie Selfingen und
ihrer Ueberſiedelung nach Conſtanz durch Ulrich d. ä. etwa
um 1200 gehandelt wurde.*“ Ia man darf noch weiter
ſchließen, es ſey in den Kap. 4 u. 5 auch die Beziehung
der Selfinger zu den Wolmaͤtingen erwähnt geweſen.
Denn nur durch die Familientradition der Selfinger hat,
wie aus allem hervorgeht, der Chroniſt erfahren, daß
die von Wolmatingen und Rordorf verwandt waren.
Jedenfalls ſtand im Original Kap. 4 ovder 5, wie aus
der defekten Stelle hHervorgeht , ** etwas über die Ver-
wandtſchaft der Aebte Eberhard J. und H. Mag der
ſpätere Verbeſſerer der Chronik im 15. Jahrhundert dies
als einen Irrthum betrachtet und verändert haben, oder
der Chroniſt ſelbſt falſch berichtet worden ſeyn, ſo bleibt
zu unterſuchen, wie er, der keine Quelle dafür angibt,
und etwa hundert Jahre nachher ſchrieb, dieſe Verwandt-
ſchaft wiſſen konnte. Die Beziehungen des Geſchlechtes
von Selfingen zu Salem und dem Stifter deſſelben

Vgl. die Note beim Kap. 11. ** Siehe die Note daſelbſt.

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