Der Glasschnitt im übrigen Böhmen, namentlich in Karlsbad. 1Q7
Gelegentlich der 1. österreichischen Gewerbeprodukten-Ausstellung in Wien hebt der
Bericht (S.270) „mehrereBecher mit eingraviertenPortraits und erhaben gravierte'n
Namen“ hervor, also Mischungen von Tiefschnitt und Hochschnitt, wie wir dies z. B.
bei dem Blücher-Becher der Wiener Sammlung Stephan Rath (Wiener Museums-
Ausstellung 1922, Nr. 494) finden. Tatsächlich waren auch zwei Blücher-Gläser (zu
17 fl. 12 kr.) auf der Prager Ausstellung von 1829 (Nr. 1471) von Eisner & Sohn
vorgeführt worden, ebenso andere ähnliche Arbeiten, wie drei Trinkgläser mit dem
populären donischen Kosakenhetmann Grafen M. J. Platow (j- 1818), wohl für die
vielen russischen Gäste (zu je 15 fl. 12 kr.), ein Glas mit Friedrich Wilhelm III. von
Preußen (zu 19 fl. 12 kr.), eines mit Kaiser Alexander von Rußland (zu 21 fl. 12 kr.);
dann wieder eins mit „tief herausgearbeiteten Namen Sr. Majestät des Kaisers Franz
samt Bildnis“ (um 13 fl. 12 kr.), also wohl in derselben Art wie das Blücherglas,
dann eins mit „Ferdinand" (um 21 fl. 12 kr.), eins mit „Georg“ und eins mit „Luise“
(zu je 13 fl. 12 kr.), wobei es sich allerdings auch nur um Namengläser im Hoch-
schnitt ohne Tiefschnittporträts handeln kann. — Nachdem Eisner & Sohn auf der
Ausstellung von 1836 das Ziel seiner Wünsche, die silberne Medaille, erreicht hatte,
hören wir nichts mehr von Schnittgläsern; er mag sich wieder ganz der einträg-
licheren Erzeugung von Schliff- und Farbenglas zugewendet haben.
Im übrigen Böhmen, namentlich im Landesinneren, spielt der Glasschnitt keine
Rolle; umso stärker dagegen wird seine Verbreitung in den angesehensten, ältesten
Weltkurorten Böhmens, Karlsbad und Teplitz, zu denen — wenn man von zahl-
reichen kleinen, aber auch sehr beliebten Bade- und Mineralquellenorten absieht —
im 19. Jahrhundert hauptsächlich noch Marienbad und Franzensbad hinzutreten. Und
wie man in früheren Zeiten namentlich die Wallfahrtsorte zur Popularisierung ge-
schmückter Gläser gerne heranzuziehen verstand, so waren es nun die großen Kurorte
mit ihrem immer mehr anwachsenden internationalen Publikum, die eine geschickte
Propaganda zu Hauptabsatzgebieten besserer Kunstgläser—- des vornehmsten Artikels
der „Fremdenindustrie“ — und damit vielfach zu Anknüpfungspunkten für weitere
Beziehungen zu machen wußte. Wie die schlesischen Gläser des 18. Jahrhunderts
zum guten Teil den Badebesuchern von Warmbrunn ihre Verbreitung und Schätzung
und damit auch ihre Qualitätssteigerung verdankten, so wurden für die böhmischen
Gläser der Biedermeierzeit namentlich die Weltkurorte Böhmens [eine ganz wesent-
liche Popularisierungsbasis, welches Vorbild von fast allen anderen größeren [Bade-
orten bald nachgeahmt worden ist.
Aber der Betrieb in den Badeorten ist ein Saisongeschäft, und dies bringt
es mit sich, daß die fremden Glashändler nur während der Sommermonate «ihre
Verkaufsstände oder „Butiken“ dort unterhielten, und daß sich auch die Glasschneider,
die für die individuellen Bestellerwünsche, namentlich für die einzufügenden Wappen,
Initialen, Namen oder Devisen, schließlich auch für die Graduierung der Trinkkur-
Gläser1) notwendig waren, vielfach nur auf einige Monate dort niederließen, zumal
sie meist nicht über die entsprechenden Geldmittel verfügten, um beliebige Stapel-
objekte für das nächste Jahr auf gut Glück herzustellen.
So sehen wir auch den bedeutendsten Glasschneider, den Böhmen in der
Biedermeierzeit besitzt, Dominik Bimann zunächst nur während der Badesaison in
Franzensbad, und erst in den späteren Jahren entschloß sich dieser Sonderling,
der für keine Familie zu sorgen hatte, seine gesamte Wirksamkeit dorthin, in das
Werkstübchen neben dem Laden, zu verlegen und Prag dauernd zu verlassen. Aber
Bimann war trotzdem nicht der einzige Glasschneider in dem damals noch bescheidenen
x) Die Maßeinteilung der Brunnenbecher soll in Karlsbad erst von Dr. Schnee in den sieb-
ziger Jahren eingeführt worden sein.
Gelegentlich der 1. österreichischen Gewerbeprodukten-Ausstellung in Wien hebt der
Bericht (S.270) „mehrereBecher mit eingraviertenPortraits und erhaben gravierte'n
Namen“ hervor, also Mischungen von Tiefschnitt und Hochschnitt, wie wir dies z. B.
bei dem Blücher-Becher der Wiener Sammlung Stephan Rath (Wiener Museums-
Ausstellung 1922, Nr. 494) finden. Tatsächlich waren auch zwei Blücher-Gläser (zu
17 fl. 12 kr.) auf der Prager Ausstellung von 1829 (Nr. 1471) von Eisner & Sohn
vorgeführt worden, ebenso andere ähnliche Arbeiten, wie drei Trinkgläser mit dem
populären donischen Kosakenhetmann Grafen M. J. Platow (j- 1818), wohl für die
vielen russischen Gäste (zu je 15 fl. 12 kr.), ein Glas mit Friedrich Wilhelm III. von
Preußen (zu 19 fl. 12 kr.), eines mit Kaiser Alexander von Rußland (zu 21 fl. 12 kr.);
dann wieder eins mit „tief herausgearbeiteten Namen Sr. Majestät des Kaisers Franz
samt Bildnis“ (um 13 fl. 12 kr.), also wohl in derselben Art wie das Blücherglas,
dann eins mit „Ferdinand" (um 21 fl. 12 kr.), eins mit „Georg“ und eins mit „Luise“
(zu je 13 fl. 12 kr.), wobei es sich allerdings auch nur um Namengläser im Hoch-
schnitt ohne Tiefschnittporträts handeln kann. — Nachdem Eisner & Sohn auf der
Ausstellung von 1836 das Ziel seiner Wünsche, die silberne Medaille, erreicht hatte,
hören wir nichts mehr von Schnittgläsern; er mag sich wieder ganz der einträg-
licheren Erzeugung von Schliff- und Farbenglas zugewendet haben.
Im übrigen Böhmen, namentlich im Landesinneren, spielt der Glasschnitt keine
Rolle; umso stärker dagegen wird seine Verbreitung in den angesehensten, ältesten
Weltkurorten Böhmens, Karlsbad und Teplitz, zu denen — wenn man von zahl-
reichen kleinen, aber auch sehr beliebten Bade- und Mineralquellenorten absieht —
im 19. Jahrhundert hauptsächlich noch Marienbad und Franzensbad hinzutreten. Und
wie man in früheren Zeiten namentlich die Wallfahrtsorte zur Popularisierung ge-
schmückter Gläser gerne heranzuziehen verstand, so waren es nun die großen Kurorte
mit ihrem immer mehr anwachsenden internationalen Publikum, die eine geschickte
Propaganda zu Hauptabsatzgebieten besserer Kunstgläser—- des vornehmsten Artikels
der „Fremdenindustrie“ — und damit vielfach zu Anknüpfungspunkten für weitere
Beziehungen zu machen wußte. Wie die schlesischen Gläser des 18. Jahrhunderts
zum guten Teil den Badebesuchern von Warmbrunn ihre Verbreitung und Schätzung
und damit auch ihre Qualitätssteigerung verdankten, so wurden für die böhmischen
Gläser der Biedermeierzeit namentlich die Weltkurorte Böhmens [eine ganz wesent-
liche Popularisierungsbasis, welches Vorbild von fast allen anderen größeren [Bade-
orten bald nachgeahmt worden ist.
Aber der Betrieb in den Badeorten ist ein Saisongeschäft, und dies bringt
es mit sich, daß die fremden Glashändler nur während der Sommermonate «ihre
Verkaufsstände oder „Butiken“ dort unterhielten, und daß sich auch die Glasschneider,
die für die individuellen Bestellerwünsche, namentlich für die einzufügenden Wappen,
Initialen, Namen oder Devisen, schließlich auch für die Graduierung der Trinkkur-
Gläser1) notwendig waren, vielfach nur auf einige Monate dort niederließen, zumal
sie meist nicht über die entsprechenden Geldmittel verfügten, um beliebige Stapel-
objekte für das nächste Jahr auf gut Glück herzustellen.
So sehen wir auch den bedeutendsten Glasschneider, den Böhmen in der
Biedermeierzeit besitzt, Dominik Bimann zunächst nur während der Badesaison in
Franzensbad, und erst in den späteren Jahren entschloß sich dieser Sonderling,
der für keine Familie zu sorgen hatte, seine gesamte Wirksamkeit dorthin, in das
Werkstübchen neben dem Laden, zu verlegen und Prag dauernd zu verlassen. Aber
Bimann war trotzdem nicht der einzige Glasschneider in dem damals noch bescheidenen
x) Die Maßeinteilung der Brunnenbecher soll in Karlsbad erst von Dr. Schnee in den sieb-
ziger Jahren eingeführt worden sein.