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Pazaurek, Gustav Edmund
Gläser der Empire- und Biedermeierzeit — Monographien des Kunstgewerbes, Band 13/​15: Leipzig: Verlag von Klinkhardt & Biermann, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.62689#0118
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1Q6 Der Glasschnitt im übrigen Böhmen, namentlich in Karlsbad.

ja an der Prager Kunstakademie sicherlich — nicht technisch, aber ästhetisch — sehr
wichtige Anregungen empfangen hatte, fühlt sich da offenbar nicht recht wohl; gewiß
hat er zu wenig Verständnis für seine Arbeiten gefunden, die bei den Kurgästen
von Franzensbad sehr geschätzt waren, während es in den Prager Hochadels-
und Industriellenkreisen nicht zur Mode geworden war, sich von ihm in Glasschnitt
porträtieren zu lassen. So finden wir denn Bimanns Namen nicht einmal im
„Schematismus für Böhmen“ erwähnt, obwohl daselbst seit 1821 nicht nur die Glaser —
ihre beiden Vorsteher sind Joseph Steigerwald und Vincenz Bramberger —,
unter denen manche auch den Glasschnitt, wenn auch nur in bescheideneren Grenzen,
gepflegt haben werden, sondern auch die Edelsteinschneider und die gewöhnlichen
Steinschneider und Granatbohrer verzeichnet werden. Die Edelsteinschneider, an
ihrer Spitze Joseph Weyrich (I, Nr. 731), Anton Spieß (II, Nr. 800) und Franz
Czupik (I, Nr. 194), gelten als „Künstler“, während die Steinschneider und Granat-
bohrer, als deren Vorsteher neben 12 Mitmeistern wir außer dem genannten Joseph
Weyrich noch einen Wenzel Spieß (I, Nr. 92) finden, zu den „gezünfteten bürger-
lichen Handwerkern“ gezählt werden. Das wiederholt sich auch in den folgenden
Jahren; nur treten von 1823 an auch noch die Petschierstecher2) hinzu, unter denen
wohl einige nicht nur Metall, sondern auch Edelstein und Glas zu gravieren gewußt
haben werden. — Auch die Steinschneider und Granatbohrer, zu deren Vorstehern
seit 1826 noch Franz Czupik tritt und die anfänglich 12, später 10 Kräfte zählen,
gehen seit 1834 vollständig zu den „ungezünfteten“ Handwerkern über. Neben
Weyrich und den beiden Spieß, zu denen sich (1822) noch ein Steinschneider Wenzel
Salus (I, Nr. 860) gesellt, scheint Franz Czupik (auch Czuppik), der seine Wohnung
mehrmals wechselt, ununterbrochen (auch 1845) das größte Vertrauen seiner Berufs-
genossen gehabt zu haben; neben ihm wird noch ebenfalls als „Künstler“ der Stein-
schneider Jakob Czupik (in Nr. 34-1; zwischen 1826—1845) genannt.
Wie weit diese Graveure auch Gläser geschnitten haben, läßt sich in Ermanglung
näherer Angaben, namentlich von Signaturen, nidit feststellen. Die einzige Ausnahme
bilden zwei, im Fürstenzimmer des fürstl. Turn und Taxis’schen Schlosses von
Regensburg befindliche große, farblose Spätbiedermeierbecher mit je einem Oval-
medaillon, in das ein halber Hund mit einem toten Hasen im Maul eingeschnitten
ist; beide Stücke sind bezeichnet: J. Spieß. Ob dieser Glasgraveur, der sich in
seiner Fertigkeit über die durchschnittlichen Jagdgraveure seinerzeit keineswegs erhebt,
mit Anton oder Wenzel Spies aus Prag zusammenhängt, muß bis auf weiteres
eine offene Frage bleiben. Man könnte auch an einen Zusammenhang mit dem
Böhmerwald denken, wohin auch Beziehungen des genannten Fürstengeschledites
führen.
Die einzige Firma im Böhmerwald, die sich neben dem Schliff, wenn auch
nur vorübergehend, u. a. auch mit dem Glasschnitt in bemerkenswerter Weise abgibt,
ist Johann Baptist Eisner & Sohn in Bergr eichenstein, die zwar (nach J. G. Sommer)
neben 58 Glasmachern und 45 Glasschleifern nur 2 Glasschneider beschäftigt, aber
dennoch — vielleicht unter Hinzuziehung auswärtiger Glasschneider — auf den Aus-
stellungen in Prag (1828, 1829 und 1836) und Wien (1835) achtbare Erfolge erzielt.

x) Als Prager Petsdiierstecher, auch Stöckelschneider, werden im „Schematismus“ bei den
einzelnen Jahren folgende genannt: Johann Burda (1823), Eckart (1842), Joseph Holzel (1842),
Wenzel Nablowskg (1842), Anton Pachel (1842), Joseph Pachel (1823 und 1842), Kaspar Peschka
(1842), Johann Pollard (1834), Johann Rittig (1842), A. Stietka (1842), Adam Wietrnik (1834),
Franz Zapp (1823; 1842 als „Freytag & Frz. Zapp“). Der Graveur Ant. P. Seidan in Prag,
der auf der Prager Ausstellung 1829 (Nr. 1768) römisdie Antiken-Gravuren ausstellt, wird da-
selbst jedoch ausdrücklich als Metallgraveur genannt.
 
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