Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pazaurek, Gustav Edmund
Gläser der Empire- und Biedermeierzeit — Monographien des Kunstgewerbes, Band 13/​15: Leipzig: Verlag von Klinkhardt & Biermann, 1923

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62689#0011
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
VORWORT

Dieses Buch verfolgt nicht die Absicht, die Gläser der Empire- und Bieder-
meierzeit auf Kosten ihrer künstlerisch wichtigeren Vorgänger zu bevorzugen
oder gar der modernen Produktion, die sie derzeit als Vorbilder ohnehin stark
ausnützt, ja in den letzten Jahrzehnten nur zu geschickt nachzuahmen und zu
fälschen wußte, einseitig als die besten Muster zu empfehlen. Es soll vielmehr
die gerade auf diesem Gebiete sehr zerstreute und nichts weniger als einwand-
freie Literatur1) nach Tunlichkeit zusammengefaßt, von anscheinend unausrottbaren
Irrtümern, die einer vom andern übernimmt, möglichst gereinigt und zugleich be-
reichert werden, damit ein tunlichst objektives Gesamtbild entstehe, das den
unleugbar großen Vorzügen der Hohlgläser der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
Gerechtigkeit widerfahren läßt, ohne ihre Fehler zu verschweigen.
Früher war man in der Beurteilung der staunenswert vielseitigen und in
hohem Grade originellen Biedermeierzeit-Erzeugnisse entschieden ungerecht. Die
Worte Jakob von Falkes über die „im Geschmack verderbte Zeit, deren künst-
lerische Leistungsfähigkeit in der ganzen Industrie sehr gering war“ (1873), oder
(1888) diese Zeit habe „keinen Geschmack“, bewege „sich ohne Originalität nur
in den traditionellen Stilen der Vergangenheit;“ „jedes eigentliche Stilgefühl war
ausgestorben,“ „die Glasarbeiten lassen den entschiedensten Verfall erkennen“ und
seien nur von „ordinärer Bedeutung“, — so scharfe und schiefe Verdammungs-
urteile konnten nicht lange Dogma bleiben. Und bezeichnender Weise setzte gerade
von Wien, wo diese harten Worte gefallen waren, wie auch von Prag aus, zu-
nächst in Sammlerkreisen, die sich damit in Gegensatz zu der damals noch herr-
schenden Museumsauffassung stellten, eine Gegenbewegung ein, die allmählich
Oberwasser gewann und heute längst zu einer Überschätzung der ganzen Bieder-
meierei gelangt ist, die wiederum eine Einschränkung und Berichtigung durchFachleute
herausfordert. Wenn schon vor dem Kriege für ein besseres Kothgasserglas oder auch
für einen guten Lithyalinbecher — von Mildnergläsern gar nicht zu reden — auf dem
Kunstmarkte Preise gezahlt wurden, die man früher nicht entfernt für ein Schwan-
hardt- oder Schaperglas zu fordern wagte, so sind das ungesunde Verhältnisse,
die eine Korrektur wünschenswert machen. Dieses Buch soll nicht dazu beitragen,
die alten Empire- und Biedermeiergläser zu noch gesuchteren Spekulationsobjekten

*) Paul Alois Klar: Industrie Böhmens, im Jahrbuch „Libussa“ (Prag) 1843, S. 355 ff.
und 1844, S. 391 ff.— Pazaurek: Unser Glas und Porzellan in der Biedermeierzeit („Bohemia“,
Prag, 1. Januar 1902). — Alfred Waldier von Molthein: Nordböhmische Überfanggläser der
Biedermeierzeit (Kunst und Kunsthandwerk, Wien 1911, S. 1 ff.). — Eduard Leisching:
Kothgassner und Haberl (Kunst und Kunsthandwerk, 1916, S. 235 ff.). — Chy til und Jirik:
Katalog der Ausstellung von Keramischen und Glasarbeiten böhmischen Ursprungs 1780—1840
(Prag 1908). — Julius Leisching: Österreichische Gläser der Biedermeierzeit (Mitteilungen
des Erzherzog Rainer-Museum für Kunst und Gewerbe in Brünn. 1914 No. 8). — Eduard
Leisching: Über österreichische Glasfabrikation vor 100 Jahren (Kunst und Kunsthandwerk,
Wien 1915, S. 19 ff.). — F. X. Jirik: Ausstellung von farbigen böhmischen Gläsern der Empire-
und Biedermeierzeit, Prag 1915). — K. Karafiat: Über Glas im allgemeinen und von der Glas-
industrie in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Böhmen im besonderen (Tätigkeits-
bericht der Museumsgesellschaft in Teplitz-Schönau; 1916, S. 55 ff.). Und besser als diese Vor-
gänger: Katalog des Österr. Museums für Kunst und Industrie in Wien, Ausstellung von Gläsern
des Klassizismus, der Empire- und Biedermeierzeit, Oktober-November 1922 (von Hofrat
Dr. H. von Trenkwald); Wien, A. Schroll & Co. 1922). — Andere Schriften die nur gelegentlich
Material enthalten, besonders Ausstellungs- und Auktionskataloge, werden an den betreffenden
Stellen herangezogen werden.
 
Annotationen