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Müller, Karl Otfried
Archäologische Mittheilungen aus Griechenland (Band 1,1): Athens Antiken-Sammlung — Frankfurt a.M., 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.900#0019
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— «I —

nähern sich dem Styl jener Friesreliefs des Tempels zu Bassä. Wirklich sind sie auch mindestens
unter dem Einflüsse derselben attischen Bildnerschule gearbeitet, von der die Letzteren und in Athen
die Metopen des Parthenon herrühren.

Von diesen Zeugnissen dei' antiken Bildung, die der griechische Boden so lange bewahrt hat, ist
freilich der grössere Theil dort nicht mehr, sondern in europäischen Sammlungen zu finden; im briti-
schen Museum die besterhaltenen von den unvergleichlichen Giebelstatuen des Parthenon und von sei-
nen Metopen, so wie das Bedeutendste seiner Friesdarsteliung; daselbst auch die Bildwerke des arka-
dischen Tempels; die des äginelischen in München, des olympischen im Louvre. Aber es tragen doch
noch in Athen, der kleinen Reliefs am Denkmal des Lysikrates und der immerhin interessanten Winde-
lignren am achteckigen Thurme zu geschweigen, das Theseion und der Parthenon Ueberreste ihres
Sculpturenschmuckes an sich, und die Karyatidenhalle am Erechtheion besteht noch. Zudem sind
neuerdings dort ausgegraben vom Parlhenonbihlwerk manche erhebliche Stücke, von der Brüstung
am Niketempel treffliche Reliefs, nebst dem grösseren Theil seines-plastischen Frieses, von welchem
nur vier früher von ihm getrennte Stücke durch Elgin nach England gekommen waren. Und in der
Schuttiäumung am Erechtheion sind wenige, aber kostbare Fragmente von den kleinen hocherhabnen
Figuren, die an seinem Friese befestigt waren, ans Tageslicht getreten.

Dieser Vorrath in Athen von Ueberresten architektonischer Sculpttiren aus der grössten Epoche
der Plastik ersetzt, was ihm an Zahl abgeht, durch die Schönheit der besser erhaltenen Fragmente,
durch den Werth aller lür die Wiederherstellung ihres Ganzen in der Vorstellung, und durch ihre
Wichtigkeit für die Erkenntniss der Styl-Unterschiede, in welchen die attische Sculptur sich bewegt
hat. Auch bedarf es keiner Erinnerung, dass am Gebäude selbst, wie am Parthenon und Theseion,
noch Metopeniiguren und Darstellungen des äusseren Cella-Frieses zu sehen, zum Behufe der Beur-
theilung, in welchen Verhältnissen und Graden hier die Sculptur wirken konnte, höchst erwünscht ist.

Es beschränkt sich jedoch, was Griechenland jetzt an antiken Sculpturwerken aufzuweisen hat,
nicht hierauf allein. In kleiner Anzahl und zerstreut kommen Statuetten, Stntuenres'e, monumentale
oder Geräthen angehörige Reliefs, bald als Staatseigentum in kleinen öffentlichen Gemächern, bald
im Privatbesitz, auch in und bei den vielen Kirchlein, oder bei Klöstern und sonst im Freien, bei
Trümmern alter Wohnorte, an Brunnen angebracht, in Mauern eingelassen, allenvärts im Lande vor.
Was in Athen zusammengebracht ist, theils im Theseion, theils umgittert vor einem Flügel der Ha-
drianischen Stoa, theils auf der Akropolis in verschiedenen Räumen und Gemächern, endlich auch im
Privatbesitze, das macht im Ganzen eine beträchtliche Sammlung aus. Seit Athen Sitz der Regierung
ist, sind hier überall bei den Neubauten, die der Staat und Einzelne gemacht haben, einige Antiken
gewonnen worden. Im Allgemeinen sind die Statuenüberreste, die bei solchen Gelegenheiten hier und
sonst in Griechenland zum Vorschein kommen, öfter als die, welche aus italischem Boden hervorgehen,
gewaltsam beschädigt. Waren hier die alten Christen dem Heidenbildwerk feindlicher als in Italien?
Zum Theil ist die Schuld wohl auch jenem noch immer verbreiteten Aberglauben der Nengriecben '
beizumessen, wornaeh sie die Antiken als Behälter verborgener Schätze zu betrachten geneigt sind,
und daher so oft gleich bei der Auffindung zerschlagen. Bedenkt man nun ausser diesen älteren und
neueren Zerstörungen die viel grössere Seltenheit von Fundamentgrabnngen und von planmässigen

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