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Nach ihr wird die Göttin beim Durchschreiten der Unterwelts-
tore gezwungen, Schmuck und Kleider, eins nach dem andern,
abzulegen, bis sie völlig nackt, zum Zeichen der Demütigung
und im Einklang mit den Gesetzen der Unterwelt, eintritt.
Als aber die Abwesenheit der Göttin alles Leben auf der
Erde erlöschen macht, muß sie auf Befehl der oberen Götter
wieder freigegeben werden und bekommt an den Toren dann
Schmuck und Kleidung zurück.1) Hätte sich die Identifikation
auf diese Sage zu stützen, so könnte, wie Dümmler2) be-
merkte, in den Denkmälern nur Ischtar in der Unterwelt dar-
gestellt sein, wie es Maspero3) und Keichel4) wirklich an-
genommen haben. Dagegen aber sprechen die Anbetungs-
szenen auf den Zylindern, der Löwe unter ihren Füßen u. a.
Viel wahrscheinlicher ist es, daß Ischtar, die besonders
auch als Göttin der Wollust und Herrin der Hierodulen verehrt
wurde,5) hier wie eine solche dargestellt ist; vielleicht in der
Haltung der öffentlich Feilstehenden, besonders wenn sie mit
dem Schurz bekleidet erscheint wie in ältester Zeit (vgl. die
Gauklerinnen auf griechischen Vasen u. S. 144). Bei der
völligen Nacktheit ließe sich auch an den Augenblick der
Hingabe selbst denken. Von der so entstandenen Kultgestalt
könnte eher umgekehrt der Höllenfahrtmythus ausgegangen
sein.6) Doch trifft seine Voraussetzung, die vollkommene
1) Schräder, Die Höllenfahrt der Istar; Jeremias, Babylonisch-assy-
rische Vorstellungen vom Leben nach dem Tode S. 4 ff.; derselbe bei
Roscher, Lexikon II, 816.
2) Athen. Mitt. XI 1886 S. 236; kl. Sehr. II S. 112.
8) Hist. auc. I S. 695.
4) Vorhellenische Götterkulte S. 78 ff.
5) Schräder. Keilinschr. u. altes Testament3 S. 422; Jeremias bei
Roscher, Lexikon II, 813.
e) Furtwängler, Gemmen III S. 35.
Nach ihr wird die Göttin beim Durchschreiten der Unterwelts-
tore gezwungen, Schmuck und Kleider, eins nach dem andern,
abzulegen, bis sie völlig nackt, zum Zeichen der Demütigung
und im Einklang mit den Gesetzen der Unterwelt, eintritt.
Als aber die Abwesenheit der Göttin alles Leben auf der
Erde erlöschen macht, muß sie auf Befehl der oberen Götter
wieder freigegeben werden und bekommt an den Toren dann
Schmuck und Kleidung zurück.1) Hätte sich die Identifikation
auf diese Sage zu stützen, so könnte, wie Dümmler2) be-
merkte, in den Denkmälern nur Ischtar in der Unterwelt dar-
gestellt sein, wie es Maspero3) und Keichel4) wirklich an-
genommen haben. Dagegen aber sprechen die Anbetungs-
szenen auf den Zylindern, der Löwe unter ihren Füßen u. a.
Viel wahrscheinlicher ist es, daß Ischtar, die besonders
auch als Göttin der Wollust und Herrin der Hierodulen verehrt
wurde,5) hier wie eine solche dargestellt ist; vielleicht in der
Haltung der öffentlich Feilstehenden, besonders wenn sie mit
dem Schurz bekleidet erscheint wie in ältester Zeit (vgl. die
Gauklerinnen auf griechischen Vasen u. S. 144). Bei der
völligen Nacktheit ließe sich auch an den Augenblick der
Hingabe selbst denken. Von der so entstandenen Kultgestalt
könnte eher umgekehrt der Höllenfahrtmythus ausgegangen
sein.6) Doch trifft seine Voraussetzung, die vollkommene
1) Schräder, Die Höllenfahrt der Istar; Jeremias, Babylonisch-assy-
rische Vorstellungen vom Leben nach dem Tode S. 4 ff.; derselbe bei
Roscher, Lexikon II, 816.
2) Athen. Mitt. XI 1886 S. 236; kl. Sehr. II S. 112.
8) Hist. auc. I S. 695.
4) Vorhellenische Götterkulte S. 78 ff.
5) Schräder. Keilinschr. u. altes Testament3 S. 422; Jeremias bei
Roscher, Lexikon II, 813.
e) Furtwängler, Gemmen III S. 35.