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Müller-Karpe, Hermann
Zur Stadtwerdung Roms — Heidelberg, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.31765#0012
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Vor uns steht das Problem der Siedlungsstruktur Roms vor dem 6. Jh., das heißt
die Frage nach dem Verhältnis der älteren Besiedlung des römischen Hügelgebietes
zur etruskischen Urbs, mit anderen Wortendie Frage nach der Stadtwerdung Roms.

In letzter Zeit ist der Beginn des Städtewesens in verschiedenen Kulturen und
Zeiten Gegenstand von Untersuchungen und Diskussionen gewesen. Es sei nur
erinnert an V. G. Childes „Urban Revolution“, an die Kontroversen, die sich an
die Interpretation der unteren Schichten von Jericho anschlossen, an die neu in
Angriff genommene Erforschung der keltischen Oppida und an die Bemühungen
um die Erfassung des Phänomens der Stadt im frühmittelalterlichen Nord- und
Osteuropa. So wenig es natürlich geüngen kann, eine für alle Zeiten und Kulturen
gültige Kennzeichnung der Stadt schlechthin zu finden, so wird man doch daran
festhalten dürfen, daß als Städte im allgemeinen solche Siedlungen und Gemein-
wesen zu bezeichnen sind, die sich durch folgende Wesenszüge von anderen An-
siedlungen unterscheiden: räumliche Größe und namhafte Bewohnerzahl; soziale
Gliederung der Bevölkerung, wobei die einzelnen ökonomischen und sozialen Grup-
pen sich gegenseitig ergänzen und voneinander abhängig sind, so daß sie insgesamt
eine funktionelle Gemeinschaft bilden, an deren Spitze ein Fürst, eine Priesterschaft
oder eine Aristokratie steht; weiterhin Rolle als Mittelpunkt des Handels und des
Gewerbes und schließlich Sitz der politischen Gewalt und Zentrum des religiösen
und kultischen Lebens. Insofern ist das Vorhandensein von Städten der Ausdruck
einer hochentwickelten Gesellschafts- und Lebensform.

Anliegen des vorliegenden Beitrages ist es, an Hand des archäologischen Fund-
stoffes die Frage der frühen Siedlungsstruktur, das heißt: der Stadtwerdung Roms
zu untersuchen. Damit stellt diese Schrift in gewisser Weise eine Fortsetzung mei-
ner Studie „Vom Anfang Roms“ (1959) dar, in der versucht wurde, die ältesten
archäologischen Zeugnisse Roms (aus der Stufe Rom - Albanerberge I) für die
Altersbestimmung, die älteste Topographie und die Kulturgeschichte der frühen
Palatinsiedlung auszuwerten. Die vorliegende Behandlung stützt sich auf die Funde
der zeitlich folgenden Stufen II und III.

Zwar dürfen wir sagen, daß die früheisenzeitlichen Funde Roms dank der vor-
bildlichen Arbeiten von G. Boni, M. Pinza, S. Puglisi, G. Carettoni und A. M. Colini
sowie neuerdings durch E. Gjerstads Zusammenstellung und ergänzende Edition
unbekannt gebliebener Bestände und einiger Neufunde so gut zu überblicken sind
wie wohl die zeitlich entsprechenden Materialien kaum eines anderen Ortes in
Italien. Dennoch war ein gründliches Studium der in den verschiedenen Museen
Roms aufbewahrten Originalfunde unumgänglich. Daß mir dies möglich war, ver-
danke ich dem außerordentlichen Entgegenkommen aller der Herren, denen die
Pflege dieser für die älteste Geschichte Roms so bedeutsamen Zeugnisse anvertraut
ist, und die in großzügiger Weise jede nur mögliche Unterstützung gewährten:
G. Carettoni, A. M. Colini, C. Drago f, C. Pietrangeli und S. Puglisi. Die für die
Beurteilung der römischen Verhältnisse überaus bedeutsame Kenntnis der zum aller-
größten Teil noch unpublizierten Grabfunde von Veji, Grotta Gramiccia, die in
der Villa Giulia liegen, verdanke ich der Liebenswürdigkeit von M. Moretti. AUen
 
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