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VORWORT

Die archäologischen Entdeckungen der vergangenen Jahrzehnte haben uns eine
eindrucksvolle Vorstellung von der blühenden Kultur Roms im 6. Jh. v. Chr. ver-
mittelt. Kein Zweifel, daß hinter diesem Glanz eine Machtentfaltung steht, die mit
den Tarquinierkönigen der Tradition in Zusammenhang zu bringen ist. Im Verein
mit einer kritischen Prüfung des vielgestaltigen Überüeferungsgutes, das Hinweise
auf ältere, vorrepublikanische Verhältnisse enthält, läßt sich somit eine relativ gute
Kenntnis der Urbs unter den Etruskerkönigen gewinnen. Damit ist aber noch nicht
die Richtigkeit der späteren römischen Geschichtsauffassung erwiesen, wonach das
königszeitliche Rom eine politische Vormachtstellung in Latium gehabt habe. Denn
auch andere latinische Städte blühten im 6. Jh., und die Orte dieser Zeit in Etrurien
scheinen alles in Rom Bekannte in den Schatten zu stellen. Legt man die Grab-
funde zugrunde, so kann Rom mit vielen Städten Latiums und Etruriens nicht
konkurrieren, vor allem in der Zeit vor dem traditionellen Regierungsantritt des
Tarquinius Priscus. Grabausstattungen wie die der Tomba Bernardini in Praeneste
oder der Tomba Regolini-Galassi in Caere sucht man in Rom vergebens. Haben
also erst die Etruskerkönige aus einer unbedeutenden römischen Siedlung (oder
aus deren mehreren) eine Stadt von nennenswertem Ansehen gemacht ? Ist Rom —
ganz im Gegensatz zur Tradition — ein Spätling in der Reihe italischer Städte?
Dann könnte von einer politischen Geschichte Roms erst bestenfalls vom 6. Jh.
an gesprochen werden, mag auch — was ja nicht zu bestreiten ist •— die Besiedlung
des römischen Hügelgebietes in weit ältere Zeit hinaufreichen.

Wenn mit guten Gründen der Annalistik mißtraut wird, da diese offensichtlich
bestrebt war, der aufsteigenden römischen Macht in den Augen der griechischen
Welt durch Hinweis auf eine ruhmreiche Vergangenheit eine geschichtliche Legiti-
mierung zu sichern, so muß man andererseits sagen, daß auch die archäologischen
Befunde nicht kritiklos hingenommen und ohne weiteres historisch ausgemünzt
werden können. So wertvoll beispielsweise die genannten reichen Grabfunde des
7. Jhs. für die Beurteilung der zugehörigen Siedlungen und ihrer Bewohner sind,
so wenig statthaft ist es angesichts der herrschenden Quellenlage, aus dem Fehlen
derartiger Gräber an einem Ort wie Rom irgendwelche historischen Schlüsse ab-
zuleiten. Zudem ist es ja garnicht so, daß Felskammergräber stattlicherer Art aus
dem 7. Jh. im römischen Gebiet völlig fehlten. Die viel zu wenig beachteten Ent-
deckungen am Monte Mario lassen immerhin ahnen, was auch hier einst vorhanden
war und wie beträchtlich das unerkannt Zerstörte sein mag. Aber es ist klar, daß
von den Gräbern vom Monte Mario kein unmittelbarer methodischer Weg zur Be-
urteilung Roms in der Zeit vor den Tarquinierkönigen führt.
 
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