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ROM UND DIE SABINER

In den Sagen aus der Anfangszeit Roms wird neben dem gebührend zum Aus-
druck gebrachten latinischen Charakter Roms dem sabinischen Element eine betont
wichtige Rolle eingeräumt: nicht allein, daß bereits zur Zeit des latinischen Stadt-
gründers Romulus die Sabiner unter ihrem König Titus Tatius auf dem Quirinal
eine Stadt besaßen und daß die ersten Frauen der latinischen Gründergeneration
Sabinerinnen waren; auch der zweite König Roms, Numa Pompilius, dem die
Schaffung der rechtlichen und kultischen Ordnung des römischen Gemeinwesens
zugeschrieben wurde, war der Tradition nach ein Sabiner. Diesen Nachrichten hat
die moderne Forschung weitgehend Rechnung getragen und auf verschiedenem,
auch archäologischem Weg eine latinisch-sabinische Doppelwurzeligkeit Roms auf-
zudecken und darzulegen versucht. Alle diesbezüglichen, sich auf die Bodenfunde
berufenden Theorien sind jedoch unbefriedigend und vom Archäologischen her
widerspruchsvoll. Noch niemand hat bisher die früheisenzeitlichen Sabiner an Hand
ihrer Fundhinterlassenschaften einleuchtend zu definieren und gegen andere Stämme
abzugrenzen vermocht. 85 Was bisher an Früheisenzeitfunden vom Quirinal vorliegt
(Taf. 33-35), läßt — das steht fest —- keine besonderen Beziehungen zu den Fund-
plätzen in den Sabinerbergen erkennen. Breitbogenfibeln (wie Taf. 35, 2-10) kehren
entsprechend im Villanovagebiet, in Venetien und in den Marken wieder, fehlen
aber zum Beispiel in Terni und anderen bekannten Nekropolen westlich des Tibers.
Cinturoni (wie Taf. 34, 7. 8) sind gleichfalls in großer Anzahl in den etrurischen
und vereinzelt in den padanischen Gräberfeldern zum Vorschein gekommen, aber
nur in einem einzigen vergleichbaren Exemplar in der Nähe des nachmalig sabini-
schen Gebietes (Poggio Bustone unweit von Rieti 86), so daß hier jedenfalls keine
speziell sabinischen Handwerkserzeugnisse oder sabinischen Trachtbestandteile vor-
liegen. Wenn die besonders großen Bogenfibeln (wie Taf. 35, 22. 27) eine Ähnlich-
keit mit Formen aus dem Gebiet der in historischer Zeit sprachlich mit den Sabinern
verwandten Osker besitzen, so kann das natürlich nicht als Hinweis für ein sabini-
sches Element auf dem Quirinal gewertet werden, da gerade hinsichtlich der früh-
eisenzeitlichen Frauenfibeln die oskischen Gräberfelder sich von denen des Umbrer-
und Sabinerlandes grundlegend unterscheiden und überdies durchaus entsprechende
Bogenfibeln auch im etruskischen Villanovakreis nicht selten sind. 87 Ebenso steht
es mit der Keramik. Wohl läßt sich ein mäanderverzierter Schulterhenkelbecher

85 Zuletzt: K. Kromer, MittPrähistKom. 6, 1952/53, 119ff.

86 L. Pigorini, BPI. 34, 1908, 108 Abb. I. Montelius, La civilisation prim. en Italie
Taf. 251, 8. Vgl. die Übersicht bei G. Kossack, PZ. 34/35, 1949/50, 132ff.

87 Vgl. Müller-Karpe, Beiträge 71 f.
 
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