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ROM UND ALBA

Es ist klar, daß diese Wandlung begleitet war oder ausgelöst wurde von einem
starken Anwachsen der römischen Bevölkerung. In diesem Zusammenhang ist be-
merkenswert, daß die lazialen Kulturzeugnisse aus dem Bereich der Albanerberge,
die mit denen Roms eine überaus enge Verwandtschaft zeigen, so daß man von
einer einzigen Kulturgruppe sprechen darf, zum allergrößten Teil den Stufen I
und Ila angehören. Die in Rom ausgeprägten Stufen Ilb. III. IV fehlen in den
meisten Gräbergruppen der Albanerberge fast völlig 79. Solange die Ansicht vertret-
bar schien, daß der Unterschied zwischen den Grabfunden vom Forum Romanum
und denen vom Esquilin auf einer Zugehörigkeit der betreffenden Bevölkerung zu
zwei verschiedenen Stämmen, Sprachgruppen und Kultureinheiten beruhe, war es
naheliegend, die Verwandtschaft der albanischen Funde mit nur einem Teil der
Funde vom Boden Roms so zu deuten, daß es sich hier um den spezifisch latinischen
Formenschatz (im Gegensatz zu dem sabinischen der Esquilingräber) handeln
würde. Nachdem heute aber als erwiesen gelten kann, daß dieser ethnische Erklä-
rungsversuch unhaltbar ist, indem jener Unterschied in Wirklichkeit ein chronolo-
gischer ist, haben wir den Blick frei für eine begründetere Deutung dieses Befundes.
In Anbetracht der erwähnten Zugehörigkeit des albanischen und des römischen
Gebietes zu einer einheitlichen Kulturprovinz ist nicht anzunehmen, daß sich in
den Albanerbergen der Grabbrauch und die Sitte der Beigabenausstattung nach der
Stufe Ila wesentiich gegenüber den gleichzeitigen Verhältnissen in Rom geändert
haben. Daher darf es als unwahrscheinlich bezeichnet werden, daß hinter dem Aus-
dünnen der albanischen Gräberfelder nach der Stufe II a nur eine Wandlung in den
Grabsitten steht, wodurch sich die Bevölkerung einer archäologischen Erfassung
entziehen würde. Vielmehr läßt der Befund die Vermutung zu, daß die Bevölkerung
dieser Gebiete damals großenteils ihre Wohnsitze verlassen hat. Da nun gleichzeitig
in Rom ein bemerkenswerter Bevölkerungszuwachs festzustellen ist, könnte man
daran denken, daß beide Erscheinungen ursächlich zusammengehören, das heißt,
daß in dieser Zeit ganze Geschlechter oder Dorfschaften aus den Albanerbergen
nach Rom übersiedelt sind. Ob dies freiwillig oder auf Befehl der Römer geschehen

79 Pinza, BullCom. 1900, 147ff. Taf. 10-13; Materiali per la etnografia ant. toscana-
laziale I (1915). G.A.Colini-R. Mengarelli, NSc. 1902, 135ff. P. Seccia, NSc. 1908,
356ff. v. Duhn, Ital. Gräberkunde I (1924) 391 ff. Montelius, La civilisation primitive
en Italie (1895-1910) 669ff. Taf. 135-141. Mülier-Karpe, Beiträge 43ff.; Vom Anfang
Roms Taf. llff. Eine neue Fundkollektion, angeblich aus einem Grab stammend, jetzt
im Museum für mittelmeerische Altertümer in Stockholm: P. G. Gierow, Opusc. Rom. 3,
1961, 114f. Abb. 10.
 
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