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ist, läßt sich den Funden natürlich nicht ablesen. Nur allgemeine Erwägungen
könnten eher an das letztere denken lassen: die Lebensbedingungen auf den Albaner-
bergen mit ihrer gesünderen Luft und den fruchtbaren Böden waren wohl günstiger
als diejenigen in Rom, und die Aussicht auf Gewinn durch den Handel und den
Yerkehr dürfte höchstens Einzelne zur Übersiedlung veranlaßt haben, schwerlich
aber die Bevölkerung dieses Gebietes in einem archäologisch faßbaren Umfang.

Im Bericht des Livius 80 ist bekanntlich von der Übersiedlung der Bewohner
Alba Longas nach Rom die Rede. Nach Livius ging diesem Ereignis ein Krieg
zwischen beiden Städten voraus, der durch einen Vertragsbruch der Albaner aus-
gelöst worden war. Livius gibt an, daß bei dem Abschluß dieses Yertrages erst-
malig die später noch wohlbekannte Eidesformel und -zeremonie angewandt wor-
den sei, denen in der Tat ausgesprochen altertümliche Züge eigen sind. Die Eides-
formel endet mit den Worten: „Gegen diese Bestimmung wird das römische Volk
sich nicht zuerst verfehlen. Wird es aber dennoch nach einem Staatsbeschluß in
böser Absicht sich zuerst dagegen verfehlen, dann sollst du, Jupiter, an jenem Tag
das römische Volk so schlagen, wie ich heute dieses Schwein hier schlage, und umso
mehr sollst du es schlagen, als du es kannst und vermagst“. Livius fährt fort: „Nach-
dem er (der Vertragsbevollmächtigte) das gesagt hatte, schlug er das Schwein mit
einem Stein“. Daß mit diesem Steinschlag das Tier getötet werden sollte, ist klar,
ebenso aber auch, daß dies nur schwer mit einem einfachen Stein in der bloßen
Hand geschehen kann. Hier wird man ein geschäftetes Steinbeil anzunehmen haben.
Wir wissen, daß Steinbeile vielerorts während der Bronze- und Früheisenzeit eine
Rolle im Kult gespielt haben. Das Auftreten eines Steinbeiles in dem submykeni-
schen Heiligtum von Asine bringt Nilsson überzeugend mit einem Zeuskult in
Verbindung (Donnerkeil) 81. In einem römischen Früheisenzeitgrab des 7. Jhs. vom
Esquilin ist ein kleines, vielleicht als Amulett verwendetes Steinbeil zutage gekom-
men (Taf. 27 C 5). Die Verwendung als Amulett ist bei einem ähnlichen, mit einem
Eisenstreifen umwundenen Steinbeilchen aus einem etwa gleichalten Grab von
Valvisciolo, 50 km südöstlich von Rom, gesichert 82. Das läßt erkennen, daß Stein-
beile auch in der latinischen Früheisenzeitkultur einen von ihrer Bedeutung im
Kult her verständlichen Symbolwert besessen haben. Freiüch läßt sich damit jene
Eidesformel und erst recht jener Vertrag als solcher nicht datieren. Aber mit der
Möglichkeit werden wir uns doch vertraut machen müssen, daß diese Formel in
die Früheisenzeit hinaufreicht.

Daneben hatte Livius offenbar die Kunde von einer Zerstörung Albas durch
die Römer und von der Übersiedlung der Bewohner nach der Tiberstadt. „Doch
wurden die Tempel der Götter verschont, denn so lautete der Befehl des Königs
(Tullus Hostilius). Rom wuchs indes durch die Trümmer von Alba. Die Zahl der
Bürger verdoppelte sich. Die Vornehmen wurden unter die Väter aufgenommen“. 83

80 Liv. 1, 23-25.

81 M. P. Nilsson, The Minoan-Mycenaean Religion (1950 2) 112ff.

82 R. Mengarelli-R. Paribeni, NSc. 1909, 257 Abb. 23.

83 Liv. 1, 28.
 
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